Brenzlige Situationen:Gewalt gegen Helfer

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In der Region nehmen Übergriffe auf Polizisten, Feuerwehrkräfte und Sanitätshelfer zu

Von Thomas Kubina, Penzberg

Es herrschte eine heitere Stimmung auf dem Penzberger Volksfest. Bis spät in die Nacht riss die Stimmung nicht ab. Irgendwann steigerte sich nicht nur der Alkoholpegel bei vielen Besuchern, sondern auch der Lärmpegel. Dies führte zu mancherlei ohrenbetäubenden Gesprächen - auch im Penzberger Hüttenkeller, unweit des Volksfestes: Eine lautstarke Schlägerei zwischen einer Sicherheitskraft des Hüttenkellers und einem 21-Jährigen brach aus. Zwei Polizeibeamte, Maximilian Thedorff und Alex Sperl, bemerkten den Vorfall und eilten zur Hilfe. Als diese in die tätliche Auseinandersetzung eingriffen, erlitten beide Beamten nicht nur verbale, sondern auch körperliche Verletzungen.

Einsatzkräfte werden zunehmend Opfer von Gewalt. In Penzberg steigen zudem die Zahlen der Strafdelikte. Besonders im Fokus: Widerstand gegen die Staatsgewalt. Während 2009 16 Fälle bekannt waren, vermerkt die polizeiliche Statistik acht Jahre später eine Zahl von 34.

Doch nicht nur Polizeibeamte bekommen verbale und körperliche Gewalt zu spüren, sondern auch Feuerwehrbeamte und Rettungssanitäter. Die Pressesprecherin der Landesgeschäftsstelle Bayerisches Rotes Kreuz (BRK) Gabriele Uitz spricht von 80 Übergriffen auf Sanitäter im vorigen Jahr - bezogen auf den gesamten Landesverband. "Jeder einzelne Fall ist einer zu viel, wenn es um die Behinderung oder Gewalt gegen Einsatzkräfte geht." Dabei beziehen sich die Zahlen nur auf gemeldete Fälle. Für den Kreisverband des BRK Bad Tölz-Wolfratshausen gibt es, nach Anfrage, keine landkreisbezogen geführten Statistiken. Dennoch häuften sich durchaus Beleidigungen gegen Rettungskräfte bei den Einsätzen, sagt der dort zuständige BRK-Kreisbereichsleiter Markus Bail.

Es gebe aber durchaus einen selbstschützenden Umgang mit derartigen Situationen, meint Polizeibeamter Sperl: "Grundsätzlich gehen Beleidigungen rechts rein und links raus". Der 27- Jährige arbeitet seit 2012 in der Polizeiinspektion Weilheim-Schongau als Streifenpolizist. Die meisten Konfrontationen erlebe er in den Abendstunden, in denen der Alkoholkonsum eine Rolle spiele. "Wenn sie uns sehen, vergessen sie den Hass auf die anderen und richten ihn auf uns", erzählt Sperl. Das entschärfe die Situation und lenke das Augenmerk weg vom Opfer, was gut sei. Ähnlich sieht das sein Kollege Thedorff: "Es trifft uns ja nicht persönlich". Trotzdem nehme er eine zunehmende Respektlosigkeit der Menschen wahr, sagt der 25-Jährige. Ein netter Hinweis, dass es am Unfallort nichts zu sehen gebe, reiche inzwischen nicht mehr aus, sagt Thedorff. Dies sei oft bei Verkehrsunfällen der Fall, wenn die Leute mit ihren Smartphones fotografieren oder Filme drehen.

Ihr eigenes Erlebnis schildern sie so: In der Nacht zum 3. September 2017 wurden die in Weilheim-Schongau stationieren Beamten als Unterstützung nach Penzberg beordert. "Es war einfach zu viel los", sagt Thedorff. Seit 22.30 Uhr waren sie im Einsatz und eskortierten unter anderem alkoholisierte Gäste sicher vom Festgelände. Gegen drei Uhr morgens bemerkten sie den körperlichen Schlagabtausch. Der 21-Jährige Randalierer beschimpfte und bedrohte sie: "Drecksbulle oder Milchbubi", erzählen die Beamten. "Lasst mich los und ich bring euch alle um", habe er geschrien. Als Sperl den nicht zu beruhigenden jungen Mann packen wollte, fiel er auf den Rücken und prellte sich. Auch Thedorff verletzte sich am Bein, als er den Angreifer fesseln wollte. "Der Schmerz war da, aber wir mussten das zu Ende führen", sagt Sperl. Das Amtsgericht Weilheim verurteilte den jungen Täter im März schließlich zu einer Geldstrafe von 9 600 Euro, wie es im jüngsten Jahresbericht der Polizei Penzberg heißt.

Dass die Gewalt nur von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ausgehe, sei zwar die Tendenz, aber nicht unbedingt der Alltag: "Es gibt genug ältere, die das Gesetz neu erfinden", sagen die Beamten heute. Trotz der Erfahrungen, die sie machen, geben sich die Polizisten zuversichtlich und gehen gerne ihrer Arbeit nach - auch wenn es manchmal brenzlich wird.

© SZ vom 26.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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