Verkehr:Entlastung für die Flinthöhe

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Zum Spatenstich für die Tölzer Nordumfahrung ist sogar Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer angereist. Richtig viel Erde wird allerdings erst 2022 bewegt werden - dann soll der eigentliche Baubeginn für das 48-Millionen-Euro-Projekt sein

Von Kathrin Müller-Lancé, Bad Tölz

Der Anfang wäre damit schon mal gemacht: Sogar Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ist am Mittwoch nach Bad Tölz gereist, um beim Spatenstich für die Nordumfahrung dabei zu sein. "Eigentlich bräuchten wir jetzt gar nichts sagen, sondern könnten an die Kreuzung vorgehen und einfach mal eine halbe Stunde stehen bleiben", sagte der Minister in seiner Ansprache auf der Flinthöhe. Dann habe man direkt eine Erklärung dafür, warum die Investition gut angelegtes Geld sei, so viele Autos, wie dort auf der Bundesstraße 472 vorbeifahren.

Der Bund stellt die rund 48 Millionen Euro zur Verfügung, so viel soll die Ortsumgehung aktuellen Schätzungen nach kosten. Ursprünglich war einmal von 25 Millionen Euro die Rede. Etwa 2,7 Kilometer soll die Umgehung im Tölzer Norden lang werden. Die neue Straße soll die Siedlungen am Lettenholz und an der General-Patton-Straße nach Norden hin umgehen und so die Flinthöhe vom Durchgangsverkehr entlasten.

"Ich kenne die Situation in Bad Tölz sehr gut, diese Nordumgehung ist dringend notwendig", sagte Scheuer. Auf dem Routenplaner von Google Maps sehe man bei der Flinthöhe auf der B 472 regelmäßig die Farbtöne Orange und Rot - für erhöhtes Verkehrsaufkommen. Laut dem Bundesminister fahren im deutschlandweiten Durchschnitt auf einer Bundesstraße etwa 11 000 Autos am Tag, auf der B 472 hingegen sind es 27 000. Die Prognosen gingen davon aus, so Scheuer, dass durch die neue Umgehung auf der Flinthöhe 65 bis 85 Prozent weniger Autos unterwegs sein könnten.

So aufwendig der Auftakt mit Spatenstich und Blaskapelle war, so bleibt es vorerst doch ein symbolischer Akt. Der Bau der Umgehungsstraße soll erst 2022 richtig starten. Für den Herbst dieses Jahres sind vorbereitende Maßnahmen vorgesehen, zum Beispiel könnten Rodungen und eine Kampfmitteluntersuchung durchgeführt werden. Wenn alles nach Plan läuft, soll die Straße im Jahr 2025 für den Verkehr freigegeben werden.

Schon als er 1996 als Kommunalpolitiker angefangen habe, sei die Nordspange ein Thema gewesen, sagte Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) auf der Flinthöhe. "Da spielen dann schon gewisse Emotionen mit, wenn wir heute den Spatenstich machen", so Niedermaier. Jahrzehntelang habe er das Projekt begleitet, dafür "geschwitzt und gestritten".

Tatsächlich stößt der Bau der Umfahrung nicht nur auf Zustimmung. Immer wieder kritisierten Bürgerinitiativen und Naturschützer das Bauvorhaben. Mit Blick auf die Klimaerwärmung sei das Projekt "absolut unverständlich", teilt die Kreisgruppe des Bund Naturschutz mit. Der Straßenausbau versiegele Flächen und zerstöre die Landschaft. Die Nachbargemeinde Greiling war im Lauf des Planungsprozesses sogar vor das Bayerische Verwaltungsgericht gezogen, hatte die Klage letztlich aber zurückgenommen, nachdem nun ein direkter Radweg von Greiling nach Tölz vorgesehen ist. Der Planfeststellungsbeschluss für die Nordspange fiel im Herbst 2019.

In Richtung der Kritiker sagte Landrat Niedermaier: "Mobilität ist gerade in unserer Region nicht nur ein Grundbedürfnis, sondern auch eine maßgebliche Grundlage unseres wirtschaftlichen Erfolgs und unseres Wohlstands." Immer wieder hätten die Verantwortlichen in der Vergangenheit abgewogen. Man müsse auch "die Belastung der mehreren Tausend Menschen an der Achse" ernst nehmen, so Niedermaier, die mehrere Tausend Fahrzeuge täglich ertragen hätten müssen. Bundesminister Scheuer sagte in Anspielung auf die Kritik vom Bund Naturschutz, der den Ausbau von Rad- und Fußwegen statt von Straßen fordert: "Das ist eine Strategie des Entweder-oder, wir machen eine Strategie des Sowohl-als-auch." Sein Ministerium investiere zum Beispiel "so viel wie nie zuvor" in das System Schiene und habe Sonderprogramme für den Bau von Radwegen angestoßen.

Der Tölzer Bürgermeister Ingo Mehner (CSU) nannte den Spatenstich für die Nordumfahrung "einen wichtigen Meilenstein in einem über 30 Jahre währenden Prozess". Selbst nach dem Planfeststellungsbeschluss sei er nicht sicher gewesen, dass die Umgehung tatsächlich gebaut werde. Der entscheidende Tag sei der 10. Juni dieses Jahres gewesen - als das Verkehrsministerium die Finanzierung zugesagt habe. "Die Flinthöhe braucht dringend Entlastung", so Mehner. Neben dem Bau der Umfahrung sei es wichtig, den Verkehr durch ein intelligentes Steuerungssystem zu lenken. Ein solches werde gerade in einem Forschungsprojekt für das Oberland entwickelt.

Ehe der Bundesverkehrsminister wieder nach Berlin verschwand, nutzte Landrat Niedermaier in seiner Rede noch die Gelegenheit, um für weitere Bauvorhaben in der Region zu werben: "Der Nachholbedarf an bestimmten Investitionen ist da", sagte er. Niedermaier nannte als Beispiele die Verlegung der B 11 bei Geretsried und die Verlängerung der S 7.

© SZ vom 20.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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