Tüftler im Motorsport:Mit dem Biest ganz nach oben

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Schrauben und aufs Gas treten: Guido Keller fährt seit 30 Jahren Autorennen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Wolfratshauser KfZ-Meister Guido Keller hat in diesem Jahr die Deutsche Bergmeisterschaft der Amateure gewonnen - in einem Rennauto, das er selbst konzipiert und zusammengebaut hat. Zum Sieg verhalf ihm der Motor eines BMW-Motorrads.

Von Vinzenz Gabriel

Mit Erfolg, wie die Pokale in seiner Werkstatt zeigen. (Foto: Hartmut Pöstges)
Seinen umgebauten Wagen hat er ... (Foto: Hartmut Pöstges)

In der Werkstatt von Guido Keller in der Pfaffenrieder Straße in Wolfratshausen thronen viele größere und kleiner Pokale an der Wand, manche in Silber, andere in Gold. Seit 30 Jahren fährt der KfZ-Meister Rennen, und seine Trophäen zeigen, dass er darin äußerst erfolgreich ist. Der jüngste Titel dürfte für den 49-Jährigen aber etwas ganz besonders sein. Denn er hat die diesjährige Deutsche Bergmeisterschaft der Amateure gewonnen - und das mit einem Rennauto der eigenen Art. Obwohl er in der Klasse Spezialtourenwagen startete, war sein Wagen "ein ziemlicher Publikumsmagnet", wie er mitteilt. "The Beast", wie er das schlanke, an den Renntagen 620 Kilogramm schwere Rennauto nennt, stammt sozusagen aus der hauseigenen Produktion. Zwei Jahre lang tüftelte und arbeitete er mit seinen Kollegen daran, bis es fertig war. "Bei einem Bergrennen kommt es auf viele Nuancen an", erklärt Keller. Deshalb hat er sein Auto so konzipiert, so dass es für seine Zwecke perfekt angepasst ist. "Das Auto muss wendig und leicht sein, denn die Bergstrecken sind sehr kurvig."

Aber das allein reicht nicht. Geschwindigkeit und Beschleunigung sind genauso wichtig. Trotz der kurvenreichen Strecken hat Keller seinen Wagen während der Rennfahrt schon mal auf bis zu 172 Stundenkilometer beschleunigt. Zwölf Rennen auf unterschiedlichen Fahrbahnen hat der Wettbewerb umfasst. Die meisten davon im Mittelgebirge. "Da glaubt man erst gar nicht, dass die da Berge haben im Norden", sagt Keller mit einem Lächeln.

Jede einzelne Strecke hat er sich vor dem Start genau angesehen. Hat sie geprüft auf Kurvenradien und Fahrbahnbelag. "Die Streckenkenntnis ist sehr wichtig, damit du dich darauf einstellen kannst", erklärt der Rennfahrer. Nur eine Proberunde fahren durften die Teilnehmer mit ihrem Rennwagen, vor dem Start des eigentlichen Rennens. "Wer es sehr ernst meint, kann die Strecke aber auch vorab mit dem Privatauto abfahren. Es sind ja öffentliche Straßen, die nur für das Rennen gesperrt werden", erklärt Keller. Der 49-Jährige weiß, worauf es beim Rennen ankommt, um vorne mitzuspielen: "Ein guter Kurvenstart, hohe Kurvengeschwindigkeiten und späte Bremszeiten, das ist entscheidend!"

Dass das alles gelungen ist und er sich gegen den amtierenden Meister durchsetzten konnte, freut ihn nicht nur angesichts seiner Leistung als Fahrer. Auch für den Rennwagen , der in Gestalt und Ausstattung seine Handschrift trägt. Dass ein anderer in dem Auto ebenso gut gefahren wäre, bezweifelt er. Seine Einschätzung: "40 Prozent am Erfolg macht der Fahrer aus, 60 Prozent das Fahrzeug." Als "kompromisslose Bauweise", bezeichnet er die Entstehung des Gefährts. Er verbaute einen 200 PS starken Motor eines S 1000 RR-Motorrads von BMW als Heckantrieb, und auch den Rest baute er eigenhändig mit Kollegen zusammen. Der Grund für die Wahl des Motorradmotors im Herzen eines Autos: "Er kommt auf sehr hohe Drehzahlen und hat einen verhältnismäßig kleinen Hubraum." Denn das zulässige Gewicht des Fahrzeugs bemisst sich an der Hubraumgröße des Motors. Neben den Aspekten, die einen Rennvorteil bieten, gefällt Keller aber auch die lautstarke Geräuschkulisse des Motors im hohen Drehzahlbereich, die "auch sehr gut beim Publikum ankam", wie er sagt. Außerdem spreche er damit Auto- und Motorradenthusiasten gleichermaßen an. Ähnliches hat sich wohl auch sein engster Konkurrent um den Titel, Matthias Mohr, gedacht. In seinem Rennwagens ist der Motor eines Suzuki-Motorrads verbaut.

Dennoch lag Keller nach dem Punktestand bereits vor dem letzten Rennen uneinholbar vorne. Grund genug für den Motorsportler, beim letzten Start noch etwas zu experimentieren. "Wir haben eine spezielle Software mit optimiertem Startprogramm ausprobiert", sagt Keller. "Und es hat perfekt funktioniert."

Dann aber räumt er ein, dass er sich von dem Erfolg noch immer ein wenig überrascht fühlt. "Ganz verarbeite habe ich das noch nicht", gesteht er. Es war sein erster Wettbewerb mit dem selbst konzipierten und gebauten Rennwagen. Vorher blieb ihm kaum Zeit, Erfahrungswerte zu sammeln und sich auf sein Auto ganz abzustimmen. "Umso schöner war es für mich, dass das Bauprojekt ein voller Erfolg war und das Auto so problemlos fuhr."

Zufrieden ist Keller aber nur für den Anfang. Sich auf seinen Lorbeeren ausruhen wolle er auf keinen Fall. Obwohl Saisonende ist, steht sein Fahrzeug bereits auseinandergenommen in der Werkstatt. "Jetzt geht es darum, den Service zu machen, zu prüfen ob alle Schrauben fest sitzen." Doch nicht nur um die Wartung des Bestehenden will er sich kümmern. Er will das Auto auch "modifizieren und optimieren", wie er erklärt. Bei Motor und Fahrwerk sieht der Autoprofi etwa noch Verbesserungsmöglichkeiten. Den Motor hat er dafür bereits ausgebaut. Fahrpraxis sammelt Keller auf Flugplätzen und Autostrecken. Auf öffentlichen Straßen kann er nicht fahren, dafür hat das Fahrzeug keine Zulassung. Sein Erfolg mit dem Rennwagen eigenen Fabrikats hat sich inzwischen bis über die Ländergrenze hinweg herumgesprochen. "In den Fachkreisen hat das Auto schon eingeschlagen, und ich habe dafür schon viel Aufmerksamkeit und Lob erhalten", erzählt der KfZ-Meister stolz. Besonders aus Italien komme viel Interesse. Über Ländergrenzen hinweg führt ihn auch ein großer Lebenstraum: das große Bergrennen auf dem Pikes Peak im US-Staat Colorado. "Das würde ich irgendwann unglaublich gern noch machen - auch wenn ich dafür The Beast zuhause lassen muss", sagt Keller. Das Auto zu verkaufen komme für ihn aber niemals in Frage.

© SZ vom 25.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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