Ressorcenschonend reisen:Gutes Gewissen für Gäste

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Die Landschaft um Kochel am See, hier eine Kunstführung mit Silke Lühr, hat schon den Maler Franz Marc inspiriert. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach widmen dem nachhaltigen Tourismus eine gemeinsame Veranstaltungsreihe. Zum Auftakt in Tölz gab es mahnende Worte und gelungene Beispiele aus der Praxis.

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Pandemie, Krieg in der Ukraine - die Krisen der jüngsten Zeit markieren einschneidende Zäsuren, bieten aber auch Chancen: "Sie haben die Augen geöffnet für Wege, die anders aussehen müssen", sagte Landrat Josef Niedermaier (FW) am Montag im Tölzer Kurhaus bei der Auftaktveranstaltung zur neuen Reihe "Nachhaltigkeit im Tourismus". Von Juni bis November gibt es kostenlose Workshops und Vorträge für und mit Akteuren aus den Bereichen Beherbergung, Gastronomie und Freizeit. Den Abschluss bildet im November eine große "Nachhaltigkeitskonferenz". Veranstaltet wird die Reihe von den Tourismus - und Wirtschaftsverbänden der Landkreise Bad Tölz - Wolfratshausen und Miesbach. Auch die Bürgerstiftung Energiewende Oberland (EWO) ist mit im Boot.

Zur Auftaktveranstaltung waren etwa 50 Interessierte gekommen, Stefan Drexlmeier von der EWO moderierte die Veranstaltung. Markus Pillmayer, Professor an der Fakultät für Tourismus der Hochschule München, lieferte den theoretischen Überbau, anschließend gab es zwei Beispiele aus der Praxis. Dass der Aufbruch in eine nachhaltige Tourismuswirtschaft eine spannende Reise ist, die vor allem von jüngeren Gästen immer stärker gefordert wird, dass sich Investitionen in Nachhaltigkeit rechnen und sich positiv auf die Mitarbeiterbindung in der von Personalmangel gebeutelten Branche auswirken, das waren einige der zentralen Aussagen der Veranstaltung.

Deutlich wurde auch: Ein "Greenwashing" reiche nicht, es brauche Gastgeber und Mitarbeiter, die überzeugt hinter dem Konzept Nachhaltigkeit stehen und dieses authentisch vermitteln. Es müsse jedem klar sein, dass man für eine Veränderung in Richtung Nachhaltigkeit nicht einfach "den großen Schalter umlegen" könne, sagte Niedermaier. Der Wandel vollziehe sich in kleinen Schritten.

Pillmayer eröffnete seinen Vortrag mit dem Hinweis, dass Deutschland bereits am 4. Mai den "Overshoot Day" erreicht habe. Heißt: Bereits an diesem Tag waren die Ressourcen verbraucht, die für das Jahr 2022 zur Verfügung stehen. Nachhaltigkeit sei keine neue Erfindung, sagte Pillmayer, sondern bereits im 18. Jahrhundert als Prinzip für die Forstwirtschaft definiert worden. Die UN habe 2015 17 Ziele der Nachhaltigkeit festgelegt. Auch im Tourismus gebe es bereits diverse Leitfäden und Skalen, die Maßnahmen messbar machten, etwa den Anteil an erneuerbaren Energien, die Gäste- oder Mitarbeiterzufriedenheit, den ökologischen Fußabdruck. "Es ist alles schon da, wir müssen halt damit arbeiten", sagte Pillmayer. Auch eine Liste "nachhaltiger Reiseziele in Deutschland" liege vor; bayerische Destinationen seien bislang "leider" nicht darunter.

Anders Österreich: Dort sei bereits 2019 ein Masterplan "für eine neue Qualität im Tourismus" vorgestellt worden. Österreich wolle die "nachhaltigste Destination der Welt werden". Es befinde sich diesbezüglich in einem Wettbewerb mit der Schweiz, das im vergangenen Jahr das gleiche Ziel ausgegeben habe. "Es ist keine Schande, nicht mit vorn dabei zu sein", sagte Pillmayer. "Aber einfach die Hände in den Schoß legen, das geht nicht."

Ihren Weg schilderte Birgit Trinkl, Eigentümerin des gleichnamigen Aparthotels in Bad Wiessee. Beim Neubau ihrer Ferienwohnungen sei sie auf das Thema Nachhaltigkeit gestoßen. "Ich wollte etwas ganz Besonderes machen", sagte sie. Das Gebäude ist ein Holzhaus mit ungewöhnlicher Architektur ("Es war nicht leicht, das genehmigt zu bekommen"), gebaut von regionalen Planern und Handwerkern. Dass sie in der Pandemiezeit keine Mitarbeiter verloren habe, führte sie auf die partnerschaftliche Atmosphäre in ihrem Team zurück, das das Thema Nachhaltigkeit überzeugt mittrage und sich mit Verbesserungsvorschlägen einbringe.

"Wir machen Dinge so, dass sie eine nachhaltige Auswirkung haben und eine gute Ausstrahlung", erklärte Ben Förtsch, Geschäftsführer des vielfach zertifizierten "Creativhotels Luise" in Erlangen. In seinem Haus gebe es "nachwachsende Hotelzimmer", bei denen jedes Stück Holz "im Garten verrotten kann". Die Teppichfliesen seien aus recycelten Fischernetzen und könnten einzeln herausgenommen und gereinigt werden. Durch eine Kopplung mit der Reservierung schalte sich in Zimmern, die nicht belegt seien, automatisch die Heizung ab. Begrünte Dachterrassen, ein Kellergeschoss, das als Garten in den Außenbereich verlegt wurde, eine E-Ladesäule, die wie ein Showroom gestaltet sei. "Wir wollen den Gästen vermitteln: Du brauchst kein schlechtes Gewissen haben, wir kümmern uns." Aber rechnet sich das auch? "Wir sind auf vielen Buchungsportalen, wo das Kriterium Nachhaltigkeit gar nicht aufploppt", sagte Förtsch. "Und es funktioniert trotzdem."

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