SZ-Adventskalender 2023/2024:Mitten im Leben

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Förderschwerpunkt in der Von-Rothmund-Schule an der Bariawieser Straße liegt auf der geistigen Entwicklung: Dazu gehört auch der Stuhlkreis mit Katrin Molck. (Foto: Manfred Neubauer)

140 Kinder und Jugendliche werden in der Von-Rothmund-Schule in Bad Tölz unterrichtet und auf den Alltag vorbereitet. Mobilität ist dabei ein wichtiges Thema. Das Förderzentrum der Lebenshilfe braucht einen neuen Schulbus.

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz

Das Leben findet draußen statt. An diesem Leben sollen die Schülerinnen und Schüler der Von-Rothmund-Schule in Bad Tölz trotz, besser gesagt: mit ihren Beeinträchtigungen teilhaben können. Doch die Wege sind weit, die Von-Rothmund-Schule liegt am äußeren Stadtrand. Diese Lage, die Aufteilung in Partnerklassen und die besonderen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen erschweren die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Aber Inklusion ist nur dann erfolgreich, wenn jeder Mensch - egal, ob mit oder ohne Behinderung - überall dort sein kann, wo er sein möchte. Einfach in einen Stadtbus einsteigen, ist in der Praxis kaum machbar. Das Förderzentrum, eine Einrichtung der Lebenshilfe Bad Tölz-Wolfratshausen, braucht speziell umgebaute Transporter. Ein neuer Kleinbus mit Rollstuhlrampe ist der große Wunsch der Schule.

(Foto: SZ)

Der alte Schulbus, Baujahr 2009, hatte gut 100 000 Kilometer drauf. Teure Reparaturen häuften sich. Im September beschloss die Lebenshilfe, den Transporter zu ersetzen. Auch wenn die Selbsthilfevereinigung einen Rahmenvertrag mit einem großen, deutsche Autohersteller hat, ist ein barrierefreier Neunsitzer nicht für lau zu haben. Mit dem Einbau einer Hebebühne samt Fixierung für Rollstuhlfahrer belaufen sich die Kosten für den neuen Schulbus auf 62 000 Euro. Das habe man nicht eben mal in der Portokasse, sagt Susanne Gotzler, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit bei der Lebenshilfe Bad Tölz-Wolfratshausen. "Wir sind eine Non-Profit-Organisation." Die Schule ist für den Kauf des Ersatzfahrzeugs auf Spenden angewiesen.

Viele Schüler überfordert eine Fahrt mit dem ÖPNV emotional

Etwa 140 Schülerinnen und Schüler besuchen die Von-Rothmund-Schule, die 1984 gegründet wurde, in Bad Tölz. Unterrichtet werden Kinder und Jugendliche mit dem Förderschwerpunkt "geistige Entwicklung". Sechs Partnerklassen gibt es an Regelschulen (Grund- und Mittelschulen) in Reichersbeuern, Bad Heilbrunn, Benediktbeuern und an der Tölzer Berufsschule. "Wir können den ÖPNV nicht nutzen, um die Schüler dort abzuliefern", sagt Schulleiter Thomas Schießl. Viele Schüler seien emotional überfordert, müssten sie ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen.

"Leben findet draußen statt" - das ist das Credo von Thomas Schießl, Leiter der Tölzer Von-Rothmund-Schule, einer Einrichtung der Lebenshilfe. (Foto: Manfred Neubauer)

Von der Vorschule (drittes bis sechstes Lebensjahr) über Grund- und Mittelschule bis zur Berufsschulstufe werden die Kinder und Jugendlichen an der Von-Rothmund-Schule betreut. "Teilweise sind die jungen Erwachsenen 19 Jahre alt, wenn sie uns verlassen", erzählt Schießl. Schule, erklärt er weiter, finde nicht nur innerhalb von vier Wänden an der Bairawieser Straße in Bad Tölz statt. "Die jungen Menschen müssen rausgehen können - unter andere Leute, mit dem Alltag konfrontiert und vertraut werden." Schließlich bereite man die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, soweit es geht, auf ein Leben in der Gesellschaft vor. Das reicht vom Wohn- über ein Einkaufstraining bis zu Firmenbesichtigungen oder den Praxistagen in Betrieben. Mobilität sei essenziell, betont Schießl. Ungerecht sei es, wenn junge Menschen von all dem ausgeschlossen sein würden, nur weil sie im Rollstuhl säßen. Es gehe nämlich nicht nur um die Fahrten zu den anderen Schulen, auch Freizeitaktivitäten (schwimmen, klettern), Ausflüge und mehr seien nur mit eigenen Fahrzeugen zu ermöglichen. Man habe zwar einen Fuhrpark, der sei aber ausgelastet. "Außerdem ist es mordsaufwendig, die Fahrzeuge in Geretsried zu holen, wo sie stehen, wenn es eilig ist", so Gotzler.

Von der Vorschule bis zur Berufsschule werden die Kinder und Jugendlichen an der Bairawieser Straße betreut. (Foto: Manfred Neubauer)

Es gebe zudem Schülerinnen und Schüler, die von ihrem Elternhaus her nicht die Möglichkeit hätten, großartig Ausflüge zu machen, berichtet Gotzler. "Sie sollen ebenfalls Normalität erleben können und dabei gut an die Hand genommen werden." Schießl berichtet von einem Besuch des Tölzer Christkindlmarktes oder den Special Olympics, die dieses Jahr im Landkreis zu Gast waren. "Da mussten 30 Schüler nach Lenggries gebracht werden." Ferner könnten es die Eltern nicht leisten, ihre Kinder zu den Behindertenwerkstätten nach Gaißach und Geretsried (beides Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) oder nach Polling (Landkreis Weilheim-Schongau) zu fahren. "Unser Einzugsbereich ist groß", sagt Schießl. Neben dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen zählt dazu der östliche Teil von Weilheim-Schongau.

Der Kleinbus ist ein "Must-have"

Die Regierung für Oberbayern gewährt keine Förderung für den Kleinbus. "Dabei ist es für uns ein Must-have", sagt Schießl. Der Kleinbus für neun Personen (Sprinter-Größe) kostet etwa 50 000 Euro; der Ausbau mit einer Rollstuhlrampe circa 12 000 Euro. Bei neun Insassen müsse man den Fahrer abziehen, ebenso wie einen Lehrer und eine Begleitperson, sagt Gotzler. Die restlichen Plätze seien für die Schüler, eben auch mit Rollstuhl, vorgesehen. Eigentlich, da sind sich der Schulleiter und die Referentin für Öffentlichkeitsarbeit einig, bräuchte die Von-Rothmund-Schule zwei solcher Kleinbusse. "Aber mit einem ist schon unheimlich viel gewonnen", sagt Gotzler.

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