Tassilo:Leidenschaft als Leitmotiv

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Die Tölzer Sopranistin Stephanie Krug schafft sich zur Not ihre eigene Bühne. Ihre Begeisterung und ihr Wissen gibt sie als Gesangslehrerin, aber auch an Tölzer Schulen weiter

Von Paul Schäufele, Bad Tölz

Es muss schon etwas dran sein, wenn jemand eine Operngruppe gründet und diese, Mozart zublinzelnd, "Così facciamo" nennt, eben nicht "Così fan tutte" (So machen es alle), sondern "So machen wir es". Wie passend: So machen wir es, ein bisschen anders als die anderen, aber mit Elan und dem Vergnügen, einem Publikum herausragende Musik zu präsentieren. Das ist eines der Leitmotive, das immer wieder anklingt in der Biografie der Tölzer Sopranistin Stephanie Krug.

Mit gerade einmal dreizehn Jahren wusste die Sängerin, dass ihr natürliches Habitat die Bühne ist. Sie gründete eine Theatergruppe, nannte sie "Import" und von da an spielte sie mit ihren Mitstreitern - darunter Gerrit Jurda, der heute als Lichtgestalter am Residenztheater arbeitet - Shakespeare. Von den Aufführungen schwärmt Krug noch heute, von der "Freiheit der Inszenierung", wie sie sagt, aber auch vom bequemen Proben-Arrangement. Der Pfarrerstochter stand der Gemeindesaal offen, er wurde rasch umfunktioniert zum Theaterbau.

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Zur Bühnenleidenschaft kam der Musikenthusiasmus, der ebenfalls früh gefördert wurde. Friedrich Sauler verdanke sie sehr viel, sagt Krug. Der Tölzer Kirchenmusikdirektor, emsiger Vermittler der Musik Johann Sebastian Bachs, hat sie mit elf Jahren als Engel im Weihnachtsoratorium eingesetzt. Das hat Spuren hinterlassen. Denn als sich die Sängerin dazu entschloss, die Musik zum Beruf zu machen, spielte die historisch informierte Aufführungspraxis Alter Musik eine große Rolle in ihrer Ausbildung, die sie vor allem in Salzburg und London absolvierte.

An dem soliden Fundament, von dem sie und ihre Schülerinnen und Schüler heute noch profitieren, haben unter anderen der Originalklang-Pionier Nikolaus Harnoncourt und dessen Assistentin Breda Zakotnik mitgebaut. Jetzt, da der Konzertbetrieb ruht, findet Krug einmal Zeit, mit ihrer ehemaligen Lehrerin Zakotnik Schubert-Lieder für eine CD-Einspielung vorzubereiten.

Überhaupt, was macht Stephanie Krug in dieser unfreiwillig stillen Zeit? Sie sucht sich ihre Aufführungsorte eben selbst, wie im vergangenen Sommer, als sie die Rückseite ihres Wohnhauses einfach zum Bühnenbild erklärt hat. Das Publikum versammelte sich auf der Straße darunter. Vom Wintergarten aus sang Krug so Kunst- und Volkslieder, Choräle und Populäres und hat "auch kleine Brandreden gehalten", so sagt sie. Jedenfalls hat sie mit den insgesamt dreizehn "Wintergartenkonzerten" ein klingendes Zeichen gesetzt: Uns Musikerinnen und Musiker gibt es immer noch, und viele haben schwer zu kämpfen in diesen Tagen.

Diese kleinen Serenaden, sympathisch durch ihren Charme des Halb-Improvisierten, waren nicht die erste Gelegenheit, bei denen Krug das Publikum zu sich lud. Auch bei hauseigenen Salonkonzerten kann sie ihr breites Interesse an nicht- europäischer Musik ausleben. Tango etwa ist zu hören, aber auch die Musik Afrikas, die Krug kennt, seitdem sie nach dem Abitur ein halbes Jahr in Tansania verbracht hat. Mit dem südafrikanischen Komponisten Hans Huyssen, den sie seit Studientagen in Salzburg kennt, verbindet sie das Interesse an der Tonsprache Afrikas und die Suche nach außergewöhnlichen Klangerlebnissen.

Mit ihm hat sie "Così facciamo" gegründet und als erstes die Händel'sche Oper "Acis und Galatea" präsentiert, bei der sich in die Ouvertüre eigens gesammelte afrikanische Vogelstimmen gemischt haben. "Wir wollten eben nicht nur Barock machen, sondern auch etwas anderes", erklärt Krug. So reist Händel eben nach Südafrika, und Purcell mit seiner Dido in den Norden des Kontinents, begleitet von arabischer Musik.

Der interkulturelle Austausch glitzert durch viele Aufführungen, an denen Stephanie Krug mitwirkt. Derzeit freut sie sich auf kommendes Jahr, wenn endlich die Uraufführung des schon länger geplanten "Giulio Cesare" (ebenfalls von Händel) stattfinden soll, wobei auch in dieser Inszenierung unter Regie von Martina Veh Orientalisches seinen Platz haben wird.

Wenn Krug nicht selbst auf der Bühne steht, sei es mit metallisch strahlendem Sopran als machthungrige Poppea oder als windige Seeräuber-Jenny in ihrem Kurt-Weill-Programm, gibt sie ihre Begeisterung für Musik und Spiel weiter. Als Gesangslehrerin, aber seit einigen Jahren auch in diversen anderen Projekten an Grundschulen und Gymnasien in Bad Tölz und Umland. "Man muss die jungen Leute nur in Schwung bringen und ihnen zeigen, was sie können." Mit den Schülerinnen und Schülern brachte sie deshalb neben Buchadaptionen wie "Die Abenteuer des starken Wanja" so anspruchsvolle Stücke auf die Bühne wie Sartres Résistance-Drama "Tote ohne Begräbnis" oder Shakespeares "Sommernachtstraum". Versteht sich von selbst, dass auch diese Inszenierungen erst durch handverlesene Musik und virtuose Bühnengestaltung komplett wurden.

"Musik ist eine Brücke", hat der griechische Komponist Mikis Theodorakis einmal gesagt. Krug beweist das in jedem Projekt. Bei ihr verbinden diese Brücken Kontinente, Generationen oder einfach Menschen, die gerne Musik hören. Und die bekommen sie bei Stephanie Krug, ganz klassisch und doch ein wenig anders.

Wenn Sie eine Kandidatin oder einen Kandidaten für den SZ-Kulturpreis vorschlagen wollen, schreiben Sie bitte bis 30. April eine E-Mail an tassilo@sz.de

© SZ vom 27.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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