Expertendiskussion zur Wohnungspolitik:"Mal mit der roten Fahne nach Berlin ziehen"

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Holger Hohmann, stellvertretender SPD-Ortsvorsitzender (stehend) moderierte die Veranstaltung. (Foto: Hartmut Pöstges)

Auf einem Podium der SPD mit Landtagskandidat Benedikt Hoechner rät Robert Alischer, Vertreter der Wolfratshauser Städtischen Wohnungsbaugesellschaft StaeWo, der Partei, mehr Dampf zu machen.

Von Wolfgang Schäl, Wolfratshausen

Am Ende blieben erwartungsgemäß Fragen und wohlmeinende Appelle. Ideen, wie der drängenden Wohnungsnot, zumal in Wolfratshausen, zu begegnen sei, blieben insgesamt eher im Bereich "Müsste man". An Kompetenz der Experten, die der SPD-Landtagskandidat Benedikt Hoechner zum Podiumsgespräch mit dem Titel "Bezahlbares Wohnen in Bayern - eine soziale Frage" in die Flößereigaststätte eingeladen hatte, mangelte es dabei am Donnerstagabend nicht, denn Robert Alischer, der Vertreter der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft StaeWo, sowie Britta Wurm, Josef Wehbe und Winfrid Borcherdt von der Wolfratshauser Baugenossenschaft konnten mit einer Flut an Detailinformationen aufwarten, und deren Tenor lautete: An den Neubau von günstigen Sozialwohnungen sei unter den aktuellen Bedingungen kaum zu denken, und selbst die kontinuierlich nötige Sanierung von Bestandsgebäuden sei angesichts der vielen behördlichen Auflagen teuer und schwer zu finanzieren.

Wurm und Alischer nannten verschiedene Schwierigkeiten. Da seien beispielsweise die angezogenen Materialkosten, die hohen Zinsen für Kredite und die nicht ausreichenden Förderbeträge für einzelne Projekte. Dies alles schlage letztlich auf die Mietkosten durch und könne so letzten Endes zu sozialen Verwerfungen führen, hieß es.

Über bezahlbares Wohnen diskutierten (von links): Winfrid Borcherdt, Josef Wehbe, Britta Wurm, Robert Alischer, Benedikt Hoechner und Holger Hohmann. (Foto: Hartmut Pöstges)

Auf die gestiegenen Baukosten verwies auch Alischer, der als zusätzliches Problem die infolge der politischen Lage unterbrochenen Lieferketten ins Feld führte. Dies alles halte den Wohnungsbau in Atem. Dazu kommen nach den Worten Alischers behördliche Hürden wie die zu strenge Stellplatz-Satzung, die es in manchen Fällen verhindere, Dachgeschosse auszubauen. Eine Möglichkeit zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum könnte Alischer zufolge eine weitere Verringerung der vorgeschrieben Abstandsflächen in Bebauungsplänen sein, und auch die langwierigen Genehmigungsprozeduren bei Bauanträgen gelte es zu beschleunigen. Da müsse sich auch die SPD die Frage gefallen lassen, "warum sie da angesichts ausufernder Vorschriften nicht mehr Dampf macht". Alischers Empfehlung an den Landtagskandidaten Hoechner: "Mal mit der roten Fahne nach Berlin ziehen."

Eine weitere Möglichkeit, erschwingliche Wohnungen zu schaffen, wäre aus Sicht der Experten, weniger anspruchsvoll zu bauen. So könnten beispielsweise kostenträchtige Bestimmungen wie jene gestrichen werden, denen zufolge ein Aufzugschacht nicht direkt an eine Wohnung angrenzen dürfe. Anstelle solcher "aufgeblähter Vorschriften" könnte man "den Standard gut runtersetzen"- eine Anregung, die wiederum der Ex-Bundestagsabgeordnete und - Kochler Gemeinderat Klaus Barthel eher mit Skepsis zur Kenntnis nahm. Dies dürfe sich nicht "zu einem Plattenbaurecht entwickeln". Die Barrierefreiheit für behinderte Bewohner etwa müsse gewährleistet bleiben.

Ein Denkansatz im Kampf gegen die Wohnungsnot wäre aus Sicht der beiden Referenten "eine Regionalisierung der Förderstrukturen", denn die Wohnkosten gestalteten sich bundes- und landesweit sehr unterschiedlich. Auf die kommunale Ebene verwies auch der soeben zurückgetretene langjährige Wolfratshauser Stadtrat Fritz Schnaller. Wohnen zähle schließlich zu den gemeindlichen Aufgaben. Gegebenenfalls müsse der Flächennutzungsplan für weitere Bauflächen überarbeitet werden. Schnaller räumte allerdings ein, dass es speziell in Wolfratshausen kaum noch Flächen gebe, die sich für eine Bebauung eigneten. Ein Problem sind aus seiner Sicht auch die hohen Sanierungskosten für Bestandsgebäude. Die erreichten bis zu 70 Prozent der Neubaukosten. Und dann habe man noch längst nicht den Standard eines neuen Hauses erreicht.

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