Spaenle im Saftladen:Wieso denn Wahlkampf?

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Eine CSU-Veranstaltung im Geretsrieder Jugendzentrum wirft Fragen auf - nur nicht bei Bürgermeister Müller.

Von Thekla Krausseneck, Geretsried

Wenn die CSU drei Wochen vor der Bundestagswahl in einem Jugendzentrum vorbeischaut, dann hat das natürlich nichts mit Wahlkampf zu tun. So eine Vermutung zu äußern ist ja geradezu kleinlich, ungerecht gar, geht es den Herrschaften doch nur um die Jugend. All das sagt Bürgermeister Michael Müller (CSU) zwar nicht, als er am Rande eines Pressetermins darauf angesprochen wird, dass in zwei Tagen der christsoziale Kultusminister Ludwig Spaenle ausgerechnet ins Jugendzentrum Saftladen kommen darf - ein Termin, der ohne die Erlaubnis des Bürgermeisters gar nicht stattfinden dürfte. Doch es schwingt schon irgendwie mit, als er verblüfft aufschaut und fragt: "Wieso denn Wahlkampf?"

Natürlich könnte Spaenle auch einfach nach der Bundestagswahl ins Jugendzentrum kommen. Und natürlich hätte man die Veranstaltung auch einfach in die Ratsstuben verlegen können. Oder man hätte - statt des CSU-Direktkandidaten Alexander Radwan und des CSU-Landtagsabgeordneten Martin Bachhuber - Vertreter anderer Parteien einladen können, um zu verhindern, dass die schimpfenden Kritiker allzu schwarz sehen. Aber Kinkerlitzchen, der CSU geht es letztendlich doch nur um ein einziges Thema: Nämlich darum, dass die Realschule so beliebt ist wie nie zuvor. Das ist auf der Facebook-Veranstaltungsseite nachzulesen: "Steigende Schülerzahlen, veränderte Lebenswelten der Familien, Inklusion und Integration sind u.a. die Herausforderungen der Zukunft." Wieso sollte die CSU dieses Thema nicht in einem Jugendzentrum diskutieren? So kurz vor der Wahl?

Ach, ja: Ein Vertrag zwischen der Stadt und dem Trägerverein verbietet Parteiveranstaltungen im Jugendzentrum - es sei denn, der Bürgermeister spricht eine Ausnahmegenehmigung aus. Und das kann er, wenn der Trägerverein nach einer fragt. Er unterstütze eben politische Grundlagenarbeit, sagt Müller. Man müsse ja auch mal Position beziehen, denn daraus könne sich ein Disput ergeben. "Und wenn der Trägerverein sagt, er macht das, dann habe ich als Stadt nichts dagegen." Und wieso? "Ich habe Vertrauen in den Trägerverein." Aha! Der Trägerverein hat also die Veranstaltung initiiert, könnte man jetzt denken. Doch ein Irrtum: Es war Sabine Lorenz, die CSU-Kreisrätin, Geretsrieder Stadträtin und Vorsitzende der Frauen-Union.

Aber zurück zum Thema der Veranstaltung am Donnerstag. Rudi Mühlhans, Geschäftsführer des Trägervereins Jugendarbeit, geht es bei der Sache um die Schulsozialarbeit an der Realschule Geretsried. Die sei zwar seit einem Jahr durch die finanzielle Unterstützung des Landkreises gesichert, doch die Hürden seien immer noch viel zu hoch. Etwa müsse bei den betroffenen Schülern ein Migrationshintergrund vorliegen, und das sei schlicht "fernab der Wirklichkeit", sagt Mühlhans. Er wolle also die Gelegenheit nutzen und den Kultusminister persönlich darauf aufmerksam machen - wenn es sein muss eben bei einem Weißwurstfrühstück im Saftladen.

Also dann mal Klartext: Ja, die CSU ficht ihren Wahlkampf auch im Jugendzentrum. Aber das ist nach Ansicht des Trägervereins in Ordnung, weil die Jugend ja hintenraus irgendwie davon profitiert. Außerdem kommt die SPD ja in Kürze auch ins Jugendzentrum Ein-Stein zu einer - nein, nicht Wahlkampf- sondern Informationsveranstaltung. Wenn das die AfD mitkriegt.

© SZ vom 05.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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