Im "Blauer Reiter"-Dorf Sindelsdorf:Eins und eins ist Vielfalt

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Ein Raum für Kunst und Kultur, der neue Räume im Denken öffnen soll. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Opernsängerin Yvonne Fontane und der Bildhauer Manfred Dangl verschmelzen ihre Talente und verschiedene Kunstformen zu einem großen Angebot: "Raum durch Kunst".

Von Felicitas Amler, Sindelsdorf

Da haben sich zwei gefunden. Man sieht, man hört und spürt, dass Yvonne Fontane und Manfred Dangl auf einer Wellenlänge funken - emotional, professionell und künstlerisch. Die Opernsängerin und der Steinmetz, die Malerin und der Bildhauer, die Komponistin und der Mitkreator einer neuen Kunstform: des "StEinKlangs". Auch bei dieser Wortschöpfung schillert die Einmütigkeit der beiden durch. Gemeinsam haben Fontane und Dangl in Sindelsdorf einen Raum für die Entfaltung ihrer vielfältigen Kunstformen geschaffen. Aber keineswegs nur für sich: Künstlerinnen und Künstler, Kulturinteressierte, Junge und Alte sind eingeladen, die imposante Halle aus Holz und Glas mit Leben zu erfüllen. Den Titel des Projekts - "Raum durch Kunst" - erklärt Fontane so: "Die Kunst zeigt uns einen Weg auf, in andere Räume unseres Denkens, Handelns und Fühlens vorzudringen."

Einklang in Musik und bildender Kunst: Yvonne Fontane und Manfred Dangl. (Foto: Manfred Neubauer)

Und das scheint beiden wichtig zu sein - in immer neue Sphären einzutauchen. Beide tun es auf solider Grundlage. Yvonne Fontane, 58, hat in London Gesang studiert, ist in England "hängen geblieben", wie sie sagt; ihre Tochter aus erster Ehe ist dort geboren und aufgewachsen. Und Fontane hat eine internationale Karriere als lyrischer Mezzosopran gemacht. Bizets Carmen war ihre Paraderolle, sie war damit in Amerika, Australien und Irland unterwegs; auch als Amneris (Aida), Tosca und Gräfin (Figaros Hochzeit) ist sie aufgetreten. Außerdem führte sie Opernregie.

Seit elf Jahren ist die gebürtige Münchnerin zurück in Deutschland, hat hier zunächst Gesangsunterricht gegeben, dann kam Corona - die Zeit, die für viele den künstlerischen Lockdown bedeutete. Yvonne Fontane begann damals zu intensivieren, was sie "schon immer" getan habe: Sie malt.

Yvonne Fontane: "Epiphany 1", "The Rose" und "Epiphany 2". (Foto: Manfred Neubauer)

Wie bei so vielem, wovon Fontane und ihr Mann erzählen, geht es auch bei ihren Gemälden ums Fließen und Verschmelzen. Sie malt mit Acryl in Misch- und Gießtechnik. Auf ihrer Website heißt es dazu: "Fontane lädt ein, Naturphänomene zu erkennen und die sich wandelnde Schönheit des Vergehens und Entstehens als ständige Entdeckungsreise zu erkennen."

Manfred Dangl: "Seelenaufstieg". (Foto: Manfred Neubauer)
Detail aus dem "Seelenaufstieg" mit einem blauen Glas inmitten der steinernen Flügel. (Foto: Manfred Neubauer)

Auf Entdeckungsreise hat sich vor Jahren auch der gelernte Steinmetz Manfred Dangl, 58, begeben. Er begann, Granit und Marmor mit den Augen eines Künstlers zu betrachten, und arbeitet seither auch als Bildhauer. Schon beruflich befasse er sich mit dem Tod sagt er, denn als Steinmetz hat er vor allem Grabsteine anzufertigen; auch das Urnenfeld am Sindelsdorfer Friedhof hat er gestaltet. Künstlerisch reflektiert er Tod und Leben: "Ich beschäftige mich viel mit Spirituellem." Auf der Homepage liest sich das so: "Dangl bearbeitet den Stein, der von aller Schwere befreit wird, und erinnert metaphorisch an die Befreiung der Seele. Die Spuren der Bearbeitung bleiben sichtbar, sie sind Teil eines Prozesses und stehen sinnbildlich für die Narben des Lebens, die Veränderung bewirken und neue Energie freisetzen." Kaum verwunderlich, dass er als einen Künstler, den er schätzt, Andreas Kuhnlein nennt. Auch dessen zerklüftete Holzskulpturen lassen Gedanken an die Verletzlichkeit des Menschen, mithin an Leben und Tod aufkommen.

Im dunklen Raum im Raum stehen Dangls Skulpturen. Für die Kunstinstallation "StEinklang" wird diese Blackbox geschlossen, so dass das Publikum sich mit allen Sinnen hingeben kann. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Brücke zwischen ihrer Musik und seiner Bildhauerei haben Fontane und Dangl mit ihrem Einklang in Stein, dem "Steinklang" geschaffen. "Die Kunst gibt den Ton an", sagt er. Und wieder ist die Rede von einem Ineinander: Musik, Gesang, Stein, Berührung, Text, Sprache, Bewegung, Licht sollen bei dieser Kunstinstallation "miteinander verschmelzen" - beispielhaft zu sehen und zu hören im Internet.

Ihren Raum, der tatsächlich mehr als das ist, nämlich ein acht Meter hohes und 230 Quadratmeter großes Gebäude mit Empore und abdunkelbarem kleinen Raum im Raum, haben Fontane und Dangl mit dem Architekturbüro Kottermaier Rebholz aus Murnau verwirklicht. Er ist licht und freundlich, einladend und staunenswert, flexibel gestaltbar, bietet Platz für bis zu 60 Personen. Je nach Anlass werden Stühle in Reihen oder locker aufgestellt, Stellwände platziert, Kunstwerke installiert; es kann aufgetischt oder in Büroatmosphäre getagt werden. Fontane und Dangl bieten ein eigenes Programm, vermieten das Gebäude an der Hauptstraße in Sindelsdorf - neben dem Steinmetzbetrieb - aber auch an andere Künstlergruppen oder Unternehmen.

Vor dem Hintergrund des "Blauen Reiters"

Sindelsdorf ist ein guter Resonanzboden für ein Kunstprojekt. Das Dorf hat dank dem "Blauen Reiter" überregional einen Namen als Ort der Künstler. Hier haben die berühmten Expressionisten Franz Marc und Heinrich Campendonk gelebt und gewirkt; Wassily Kandinsky, Gabriele Münter, Marianne von Werefkin, Alexej Jawlensky und August Macke kamen zu Besuch und Künstleraustausch. In direktem Umkreis liegen die Murnauer Museen, das Kochler Franz-Marc-, das Penzberger Campendonk-Museum und nur wenig weiter das Buchheim-Museum in Bernried. Fontane und Dangl haben ihr Haus - eine reine Privatinitiative - gut eingebettet. Ob es in diese Kunstlandschaft verschmelzen kann, wird sich zeigen.

Die aktuelle Ausstellung "Die Sichtweisen" läuft noch bis 24. Februar. Und wer einmal ganz leger eine "Blaue Stunde" mit Lesung und kleiner Bewirtung in Sindelsdorf erleben möchte, hat am Dienstag, 16. Januar, Gelegenheit dazu (19 bis 21.45 Uhr).

www.raumdurchkunst.de

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