Schule in Corona-Zeiten:Lernen im virtuellen Klassenzimmer

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Die Schulen im Landkreis sind seit Mittwoch wieder im Krisenmodus: Während Grundschulen Notbetreuung anbieten und Gymnasien mit Softwareproblemen kämpfen, zeigt die Tölzer FOS, wie digitaler Unterricht funktionieren kann.

Von Felix Haselsteiner, Bad Tölz-Wolfratshausen

Das Telefon im Sekretariat des Gabriel-von-Seidl-Gymnasiums in Bad Tölz hat am Mittwochvormittag kaum Ruhe gegeben. Die Beschwerden der Eltern über die nicht funktionierende Lernsoftware seien "zahlreich" gewesen, sagt Schulleiter Alexander Göbel, der dafür durchaus Verständnis hat. Dennoch: "Lehrkräfte, Schüler und Eltern müssen aktuell einfach viel Geduld haben", sagt er. Die letzten Tage vor den Weihnachtsferien sind noch einmal eine besondere Herausforderung, denn seit Mittwoch gelten in Bayern die verschärften Corona-Regeln, nach denen Präsenzunterricht nicht mehr erlaubt ist. Wie also geht es weiter an den Schulen?

Am Tölzer Gymnasium will man der umstrittenen und viel kritisierten Lernsoftware Mebis vorerst treu bleiben. "Wir werden nicht sofort wechseln", sagt Göbel. Einen Plan B hätte man jedoch in der Hinterhand, der käme zum Einsatz, wenn die staatliche Software auf Dauer nicht praktikabel ist. Grundsätzlich wird Mebis als Instrument von vielen Schulleitern aber gelobt, das Programm sei als Plattform zum Teilen von Dateien und zur Unterrichtsgestaltung vollumfänglich zufriedenstellend. Die Problematik ergibt sich meist durch eine Überlastung am Morgen, wenn sich im ganzen Freistaat gleichzeitig Schüler aller Klassen anmelden. Dann streikt die Software.

Zumindest öffentlich will keiner der Schulleiter die Schuld beim Kultusministerium und Minister Michael Piazolo (Freie Wähler) suchen. Der Wechsel auf andere Kanäle sei jedenfalls gar nicht so einfach: Die alternative Software hätten nur etwa 770 seiner 900 Schülerinnen und Schüler installiert, erneute Kritik wäre also programmiert, sagt Göbel. Verhindern möchte man am Tölzer Seidl-Gymnasium auf jeden Fall aber das Eindringen in die Privatsphäre der Schüler: "Natürlich könnte man vieles auch über Whatsapp besprechen, das halte ich allerdings für problematisch", so Schulleiter Göbel.

Das digitale Lernen also wird zum Problem an den weiterführenden Schulen - oder etwa doch nicht? Die Tölzer FOS/BOS nämlich zeigt, wie man den Sprung ins 21. Jahrhundert schaffen kann, auch wenn in der deutschen Bildungslandschaft - das wird spätestens mit der Pandemie klar - die Modernisierung vielerorts ein bisschen verschlafen wurde. "Bei uns läuft es eigentlich ganz gut", sagt Oberstudienrat Thomas Bastecky über das E-Learning, das man an der Fachoberschule derzeit durchführt.

Auch an der FOS/BOS verwendet man Mebis, allerdings nicht ausschließlich. "Mebis hat Vorteile, wenn es zum Beispiel um Dateiaustausch geht", sagt Bastecky. Zur Kommunikation im Unterricht nutze man aber Microsoft Teams, das wesentlich stabiler sei. Bastecky und seine Kollegen haben sich zudem Dokumentenkameras beschafft, mit denen sie die Lernmaterialien in den Online-Konferenzen von oben filmen können und so relativ normalen Unterricht möglich machen.

Die Lizenzen für die Microsoft-Software kommen vom Kultusministerium, die digitale Umsetzung ist aber auch auf die Eigeninitiative der Schule zurückzuführen. "Wir haben aktuell einen richtigen Technologie-Boost bei uns", sagt Bastecky. Die Schüler sind auch zufrieden. Ein Teil des Erfolgs ist natürlich auch darauf zurückzuführen, dass an der FOS/BOS nur über 16-Jährige unterrichtet werden, die weniger Betreuung benötigen als die Unterstufler am Tölzer Gymnasium.

Um Betreuung geht es auch bei den Grundschulen. In Münsing etwa gibt es seit Mittwoch nur noch die Möglichkeit einer Notbetreuung der Kinder - 23 von 156 Schülerinnen und Schülern wären noch in der Schule, sagt Schulleiterin Angret Pauli: "Die machen dann ihre Hausaufgaben und werden dabei betreut." An der Münsinger Grundschule hatte man weniger inhaltliche Sorgen, sondern eher Respekt vor der zuletzt auch für die Kleinsten geltende Maskenpflicht. Die hätten die Schülerinnen und Schüler jedoch gut gemeistert: "Manche haben gar nicht mehr gemerkt, dass sie die Maske noch aufhaben", sagt Pauli. Und der Unterricht? "Es geht halt im Moment nicht besser", sagt die Schulleiterin, die sich auf viel Arbeit auch in den Ferien einstellt: "Wir werden die Eltern Anfang Januar auf Stand bringen, sobald wir mehr wissen."

Auf Sicht fahren ist das Motto für die Schulen im Landkreis, egal ob Grund- oder weiterführende Schule. An der FOS/BOS hofft man bald wieder auf etwas mehr normalen Austausch, denn der sei selbst über Teams nicht möglich. "Es ist schon erschreckend leer bei uns", sagt Thomas Bastecky. Schulleiter Göbel vom Seidl-Gymnasium wagt unterdessen mal einen Ausblick in den Januar, der klingt allerdings nicht allzu positiv: "Ob Herr Piazolo und sein Ministerium in der Zeit bis 10. Januar etwas ausrichten können, um die Probleme zu beseitigen, bezweifle ich."

© SZ vom 17.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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