Rita Braun gestorben:Trauer um Inhaberin von Tölzer Kult-Trachtenladen

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Stars wie Ingrid Steeger und Roy Black kauften bei ihr ein. Nun ist die Chefin von "Trachten Kirner" im Alter von 87 Jahren gestorben.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Am Ende wirkte ihr Trachtengeschäft am Amortplatz in Bad Tölz wie aus der Zeit gefallen. Die enge Holztreppe, die kaum mehr als mannshohen Verkaufsstuben, die Regale bis unter die Decke, der Geruch nach Loden und Leder. All dies atmete das Flair des Gestrigen bei "Trachten Kirner", wo Inhaberin Rita Braun stets akkurat im Dirndl, zunehmend einsam und zum Schluss hochbetagt hinterm Tisch mit der Kasse und den kleinen Papierbergen saß. Manchmal war sie dort auf den ersten Blick kaum zu sehen, verborgen zwischen den vollen Kleiderständern um sie herum. Nun ist die bekannte Geschäftsfrau in der Nacht zum Mittwoch im Alter von 87 Jahren gestorben. Sie erlag einem Krebsleiden.

Die große Zeit ihres dreistöckigen Trachtenhauses ist untrennbar mit der Ära der alten Sozialkur verbunden. Vom nahen Bäderviertel kamen die Besucher aus ganz Westdeutschland und dem nahen Ausland herunter zum Amortplatz, um sich Dirndl, Trachtenanzüge und dazu passende Accessoires zu kaufen. Aber nicht bloß Kurgäste bildeten die Kundschaft. Die schon halb vergilbten Postkarten mit Widmungen, die über dem Treppenlauf, unter Wandschränkchen oder an Türstöcken hingen, stammen von all den Prominenten, die vor allem in den Siebzigerjahren zu Rita Braun kamen: die TV-Moderatorin Petra Schürmann, die Schauspielerin Ingrid Steeger, der Schlagersänger Roy Black, der Sportmoderator Gerd Rubenbauer. Trachten Kirner war eine bekannte Adresse. "Es war damals eine Bereicherung für das Kurviertel", sagt Dritter Bürgermeister Christof Botzenhart (CSU). Die Verstorbene würdigt er als "eine Verkörperung der alten Zeit in Bad Tölz, als die Stadt noch sehr stark von Kurgästen frequentiert war".

Angefangen hatte Rita Braun im Jahr 1948 ganz klein. Ihr erster Laden ein wenig unterhalb des Khanturms, den sie mit ihrem Mann Joseph Kirner betrieb, war gerade mal 20 Quadratmeter groß. Ende der Sechzigerjahre zog sie dann an den Amortplatz, wo sie bis in ihre letzte Lebensphase hinein arbeitete. Einen Nachfolger, der das Trachtengeschäft weiterführt und das Lager mit rund 20 000 Artikeln kauft, hatte sie vergebens gesucht. "Mit dem Ende der klassischen Kur ist auch Trachten Kirner in den Windschatten geraten", sagt Botzenhart.

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2013 hatte sich Rita Braun sogar in die damalige BR-Sendung "Nachfolger gesucht" mit Thomas Ohrner begeben, worauf sich zwei Bewerber für das Tölzer Geschäft fanden. Aber auch das zerschlug sich schlussendlich. Der eine Kandidat wollte den Warenbestand nicht übernehmen, der andere schreckte vor dem zwingend notwendigen Umbau des Hauses zurück. Im Moment ist völlig unklar, wie es mit dem Gebäude und dem Trachtenladen weitergeht.

Noch im März hatte Rita Braun erklärt, ihre spärlich gewordenen Kunden bis zum Sommer zu bedienen. Aber da ging es ihr gesundheitlich schon schlecht. Anders als ein Jahr zuvor wirkte sie ausgezehrt. Seither hingen immer wieder selbstgeschriebene Zettel an den Schaufenstern: Eine Verkäuferin werde auf 450-Euro-Basis gesucht, um eine Reinigungskraft werde gebeten.

Nun klebt ein Din-A-4-Blatt in einer Klarsichthülle an der Eingangstür. Mit der schmucklos einfachen Nachricht: "Wegen Todesfall geschlossen." Wann und wo Rita Braun beigesetzt wird, stand am Donnerstag noch nicht fest.

© SZ vom 11.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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