Bad Tölz:Schon wieder Räumungsverkauf

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Nach 69 Jahren will Rita Braun ihren "Trachten Kirner" in Bad Tölz abgeben - sie findet aber keinen Nachfolger

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Das Transparent mit der Aufschrift "Total-Räumungsverkauf" hängt seit fast einem Jahr an der Fassade des Trachtengeschäfts Kirner am Amortplatz in Bad Tölz. Aber noch immer sitzt Rita Braun drinnen hinter dem Ladentisch, umgeben von Trachtenanzügen und Dirndln, von Handtaschen, Schuhen und Strümpfen. 87 Jahre alt wird sie im Mai, aber ans Aufhören ist für sie weiterhin nicht zu denken. Seit etlichen Jahren sucht sie nun schon nach einem Nachfolger, der das Trachtengeschäft weiterführt und ihr auch das Lager mit rund 20 000 Artikeln abkauft. Denn von irgendwas müsse sie ja danach noch leben, sagt sie. "Ich brauche das Geld." Alleine: Es fand sich bislang partout niemand.

Seit 69 Jahren führt Rita Braun den Trachtenladen mit den niedrigen Decken, den verwinkelten, kleinen Zimmern, den alten Holzböden über zwei Etagen. An den Wänden hängen Zeitungsausschnitte und teilweise angegilbte Fotografien von all den Prominenten, die einst zu ihr kamen, um sich eine Tracht zu kaufen - von der Schauspielerin Ingrid Steeger über die TV-Moderatorin Petra Schürmann bis hin zu Schlagerstar Roy Black. Diese Glanzzeiten sind lange vorbei. Um die betagte Chefin von "Trachten Kirner" ist es still und stiller geworden. Einige Kunden schauen zwar noch herein, allzu viele sind es allerdings nicht mehr. Und draußen am Amortplatz haben andere Läden in den vergangenen Jahren auf- und längst wieder zugemacht haben, zuletzt "Trachten Daller" mit seiner Filiale auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

Weil sich die Suche nach einem Nachfolger schwierig gestaltete, kam Braun vor vier Jahren auf die Idee, in eine BR-Sendung mit Thomas Ohrner zu gehen. Zwei Kandidaten fanden sich auch in der Reihe "Nachfolger gesucht", mit beiden wurde sich die Ladeninhaberin jedoch über ihre Alterssicherung nicht handelseinig. Interessenten gibt es Braun zufolge noch immer. "Ich habe schon welche", sagt sie. Diese Leute übernachteten meist und schauten sich in der Stadt um, kämen dann aber zu dem Ergebnis, dass Bad Tölz keine Einkaufsstadt sei. Für Braun hat dies mehrere Gründe: Es fehle zum einen ein großes Kaufhaus im der Innenstadt, mit dem Hotel Jodquellenhof und dem Spaßbad Alpamare seien zum anderen "zwei große Zugpferde" weggefallen, außerdem habe das Bäderviertel sein Gesicht verändert. "Bad Tölz hat nicht mehr das Flair eines Kurortes", sagt die 86-Jährige. Eine Touristenstadt müsse an sich eine Anziehungskraft haben, "Berge und Seen nützen alleine nichts". Das Hauptproblem auf der Suche nach einem Nachfolger sei "der Standort Bad Tölz", sagt Braun. Das höre sie immer wieder. Was ihr Warenlager anbelangt, meint sie: "Ich habe nicht zu viel verlangt, ohnehin habe ich Abzüge gemacht."

Bis zum Sommer will Rita Braun ihr traditionsreiches Trachtengeschäft erst einmal weiterführen. Momentan gehe es ihr gesundheitlich noch gut, von einer Erkältung abgesehen, sagt sie. Aber dann möchte sie doch endlich ihren Laden übergeben und formuliert eine Art Inserat: "Frau Braun würde sich sehr freuen über weitere Bewerbungen." Und wenn die, wie alle anderen auch, ohne Ergebnis bleiben? Nun ja, meint die 86-Jährige achselzuckend, "kommt Zeit, kommt Rat". Allerdings wäre sie "froh, wenn wir das mal beenden könnten."

© SZ vom 15.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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