DPSG-Lager:Rostwärts in die Zukunft

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Beim Zeltlager der Pfadfinderinnen und Pfadfinder geht es diesmal um Nachhaltigkeit. (Foto: Manfred Neubauer)

In der Jugendsiedlung Hochland in Königsdorf zelten etwa 1200 Pfadfinderinnen und Pfadfinder aus Deutschland und der ganzen Welt. Nach dem Spiel "Siedler von Catan" wollen sie dort gemeinsam eine Stadt bauen.

Von Sophia Coper, Königsdorf

Pünktlich zu Beginn der Sommerferien stehen die Busse in der Anfahrt der Jugendsiedlung Hochland Schlange. Satzfetzen umschwirren vorsichtige Einparkmanöver, und jede sich öffnende Tür entlässt einen Schwall Kinder und Jugendliche in die warme Luft. Rund 1200 Pfadfinder und Pfadfinderinnen der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) haben für einen zehntägigen Aufenthalt in Königsdorf ihre Zelten aufgeschlagen. Es ist eine Mischung, so bunt wie die meisten Hemden. Kleidungsstücke und Rucksäcke sind von Aufnähern vergangener Reisen übersät, um den Hals der jungen Leute hängen die unverkennbaren farbigen Tücher.

Roland Herzog hingegen sitzt im grünen T-Shirt auf einer Bank mitten im Getümmel. "Ich freue mich sehr, dass die Gruppe bei uns zu Gast ist", sagt der Leiter der Jugendsiedlung Hochland und fügt gleich mit Nachdruck hinzu, dass man sich nach wie vor innerhalb der normalen Billigungsgröße befinde: Anstatt mehrerer Buchungen gebe es nun eben eine große. Ihm gegenüber pausieren gerade Petra Boersma und Holger Schindler, beide arbeiten ehrenamtlich als Mitleitende des Gesamtlagers. Dass damit eine gewisse Verantwortung einhergeht, kann man an dem Funkgerät erahnen, das Paula Boersma am Revers trägt. Alle paar Minuten tönt es blechern mit Informationen über den Fortschritt der Aufbauarbeiten.

Roland Herzog engagiert sich seit 1999 in der Jugendsiedlung Königsdorf. (Foto: Manfred Neubauer)

Wegen der guten Rahmenbedingungen der Jugendsiedlung gestaltet sich das vergleichsweise überschaubar. "Wir waren 2018 schon mal hier und sind gerne wiedergekommen", sagt Boersma mit Blick auf die großflächige Ebene. Holger Schindler pflichtet ihr bei. "Die Siedlung ist so gut ausgestattet, dass uns viel Arbeit erspart bleibt. Je besser die Infrastruktur, desto mehr können wir den Fokus auf das Programm legen", sagt er.

Unter dem Motto "Wir siedeln Rostwärts" — einem Wortspiel aus der Himmelsrichtung Osten und der Diözese Rottenburg-Stuttgart, aus der die meisten Gruppen angereist sind — sind die kommenden Tage ganz dem Thema Nachhaltigkeit gewidmet. "Angelehnt an das Gesellschaftsspiel ,Die Siedler von Catan' möchten wir gemeinsam eine Stadt aufbauen, die ökonomische, soziale und ökologische Faktoren mit einbezieht", erklärt Boersma. Im Einklang mit der Natur werde es Workshops, Veranstaltungen und Rollenspiele geben, die stets die unterschiedliche Altersstruktur der Teilnehmenden berücksichtige.

"Man kann ein Leben lang Pfadfinder sein"

"Man kann ein Leben lang Pfadfinder sein", sagt Boersma, die wie Schindler der DPSG schon seit Kindesbeinen an verbunden ist. Von Grundschülerinnen bis zu Berufstätigen tummelt sich alles auf dem Gelände; Schindler berichtet von einer Kameradin, die mit ihrem Baby angereist ist. Neben den Geräuschen vom Aufbau der Zelte wehen auch immer wieder fremde Sprachen über die Ebene. "Es sind Gäste aus Israel, Rumänien, Luxemburg und weiteren Länder vor Ort", erzählt Schindler. Internationaler Austausch und gegenseitige Besuche seien ein wichtiger Aspekt des Pfadfinderdaseins.

"Offenheit, Vielfalt, Toleranz und Wertschätzung sind elementar in unseren Gruppen", sagt Boersma. Und bei der Frage nach ihrer Motivation muss sie nicht lange überlegen: "Gemeinschaft. Auch wenn man sich zum ersten Mal begegnet, herrscht unter Pfadfindern sofort eine familiäre Atmosphäre. Alle besitzen ein ähnliches Wertesystem." Obgleich der DPSG ein katholischer Verband sei, fühle sie sich primär als Pfadfinderin.

"Spielerisch die Werte einer Gemeinschaft vermitteln" wollen Julia und Jonas. (Foto: Manfred Neubauer)

Der christliche Hintergrund blitzt dennoch ab und zu auf. Im "Spirizelt" mit offenem Eingang und farbigen Fenstern gibt es nicht nur ein "Awareness-Team" und die Möglichkeit, ins Gespräch zu kommen, sondern auch einen Lagergottesdienst. An den Wänden hängen Zitate des Gründers der Pfadfinderbewegung, Lord Robert Baden-Powell, die allesamt sehr plakativ den religiösen Anspruch betonen. Ebenfalls im Zelt liegt jedoch auch eine Regenbogenflagge. Boersma und Schindler sind sich einig: "Jeder Mensch ist hier unabhängig von Geschlecht, Alter, Sexualität und Nationalität willkommen."

Ein paar Schritte weiter sitzen Julia und Jonas, die beide aus Ulm-Söflingen angereist sind. Jonas hat bereits beim letzten Zeltlager der DPSG in Königsdorf teilgenommen, nun ist er als Jugendleiter erneut mit von der Partie. "Es ist einfach eine schöne Gelegenheit, Kindern Erlebnisse zu geben", erklärt er sein Engagement. "Wir vermitteln spielerisch die Werte einer Gemeinschaft", pflichtet ihm Julia bei und wählt ähnliche Worte wie Boersma eine halbe Stunde zuvor. Mit im Gepäck hat ihre Gruppe einen Upcycling-Workshop, bei dem aus alten T-Shirts Taschen hergestellt werden. Das allgemeine Programm ist nicht in Gänze zentral gesteuert, sondern speist sich aus vorbereiteten Konzepten und Mitbringseln der Teilnehmenden. Hauptsache, Nachhaltigkeit schimmere hindurch. Und wenn es regnet? Boersma lacht und lässt den Blick über die Anlage schweifen: "Dann haben wir hier ganz viele Zelte stehen."

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