Penzberger Politik:Mit harten Bandagen

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In der Debatte um Marvel Fusion greift Elke Zehetner (SPD) Penzbergs Bürgermeister an. Stefan Korpan soll dem Stadtrat wichtige Informationen vorenthalten haben - der droht im Gegenzug mit einer Anzeige wegen Verleumdung.

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Noch ist nicht sicher, ob sich das Münchner Energie-Start-up Marvel Fusion in Penzberg niederlässt. Trotzdem verschärft sich im Stadtrat der Ton zusehends, wenn es um die geplante Ansiedlung im Industriepark Nonnenwald geht. Anlass war dieses Mal das Ausscheiden des Kernphysikers Markus Roth aus dem Unternehmen. SPD-Stadträtin Elke Zehetner griff Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) an, weil er von dieser Personalie bereits frühzeitig gewusst haben soll. Korpan habe das Gremium über den Grundstücksverkauf an Marvel Fusion abstimmen lassen, ohne über diese wichtige Entwicklung informiert zu haben - ein grober Verstoß aus Zehetners Sicht. Korpan verlor daraufhin die Contenance. Er drohte seiner Amtsvorgängerin mit einer Anzeige wegen Verleumdung. Mitte Januar hatte der Stadtrat mit 16 zu neun Stimmen den Verkauf einer Industriefläche an Marvel Fusion beschlossen. Zehetner hatte damals dagegen gestimmt. Sie habe diese demokratische Entscheidung akzeptiert, sagte Zehetner am Dienstag in der Stadthalle. Nun aber hätten sich die Grundlagen für diesen Beschluss geändert. Sie verspüre keine Schadenfreude, indes schon eine gewisse Bestätigung ihrer Bedenken, sagte Zehetner. "Ist es richtig, dass Sie bereits am 11. Januar Kenntnis von der Personalie Roth hatten?", fragte sie den Bürgermeister. Ihr läge eine E-Mail vor, die das beweise. Zehetner warf Korpan Intransparenz vor und wollte wissen, wie er besagte E-Mail bewerte. Der Verfasser, ihr "Informant", habe sie gebeten, anonym bleiben zu können. Sie könne den Schriftverkehr deshalb nur mit geschwärzten Passagen vorlegen.

"Sollten Sie offiziell bei der Behauptung bleiben, dass ich vom Ausscheiden Roths gewusst habe, dann behalte ich mir eine Verleumdungsanzeige vor", platzte es aus Korpan heraus. Mit so etwas habe sie rechnen müssen, erwiderte Zehetner, um Gelassenheit bemüht. Aber sie könne ihren Vorwurf belegen. "Da bin ich gespannt", entgegnete Korpan. Schützenhilfe erhielt er von Aleksandar Trifunovic (CSU): Transparenz in einem Atemzug mit geheimen Informanten und geschwärzten Namen zu nennen, passe für ihn nicht zusammen.

Bei diesem Schlagabtausch blieb es vorerst. Eine Beratung über den Kaufvertrag mit Marvel Fusion wurde in die nicht-öffentliche Sitzung vertagt. Wie es aus Stadtratskreisen heißt, hat man sich dort dazu entschlossen, vorläufig kein Geld für einen Notar ausgeben, solange sich Marvel Fusion nicht zu Penzberg bekannt hat. Allerdings bat Korpan nach der Sitzung jeweils einen Fraktionsvertreter zum Gespräch und eben auch Elke Zehetner. Wie Korpan tags darauf bestätigt, habe man in der Runde den Streitpunkt nochmals erörtert. Er wisse, auf welche E-Mail Zehetner sich beziehe. Der Verfasser sei einer von vielen, die Fragen und private Einschätzungen zu Marvel Fusion an die Stadt geschickt hätten. Er bleibe dabei, sollte Zehetner ihn weiterhin derart beschuldigen, sich rechtliche Schritte vorzubehalten, sagte Korpan.

Dass Professor Markus Roth von der Technischen Universität Darmstadt im Dezember 2020 aus der Marvel-Fusion-Geschäftsführung ausgeschieden ist, ist seit Längerem bekannt. Neu ist, dass er Ende März dieses Jahres komplett aus dem Unternehmen aussteigt. "Das habe ich aus der Presse erfahren", so Korpan. Den Bürgermeister und die Stadträte darauf aufmerksam gemacht hatte am 21. Januar das Penzberger Aktionsbündnis Klimaschutz, welches das Ausscheiden des Kernphysikers ("Der wichtigste Garant für die wissenschaftliche Seriosität von Marvel Fusion verlässt also die Firma.") als weiteren Grund erachtet, besser nicht mit dem Energie-Start-up ins Geschäft zu kommen.

Er hätte lieber "cool" bleiben sollen in der Stadtratssitzung, meinte Korpan auf Nachfrage. Aber an der Sache ändere sich nichts. Er werde sich gegebenenfalls von einem Anwalt beraten lassen.

© SZ vom 28.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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