Skurrile Diskussion:Igitt, ein Schaf

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So ähnlich sollte das Kunstwerk von Urs Fritz für den Kreisverkehr am neuen Penzberger Einkaufszentrum aussehen. (Foto: privat/oh)

Auf dem neuen Kreisverkehr an der Grube möchte Investor Herbert Küblböck ein Kunstwerk aufstellen. Doch der Penzberger Stadtrat kann sich mit dem Motiv nicht anfreunden.

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Die Schweiz und Deutschland verbindet ein "enges und vielgestaltiges, gutnachbarschaftliches Verhältnis", ist auf der Homepage des Auswärtigen Amtes zu lesen. Dieses könnte nachhaltig zerrüttet sein, was eindeutig die Schuld des Penzberger Stadtrats wäre. Der zeigt sich von seiner (un-)kunstsinnigen Seite.

Die Stadt Penzberg kann sich eines neuen, großen Einkaufszentrums namens "PenZ" erfreuen. Um das Areal zu erschließen, wurde ein ebenfalls großer Kreisverkehr an der Staatsstraße/Grube errichtet. Den gilt es noch aufzuhübschen, wozu sich der Projektträger Herbert Küblböck bereiterklärte. Der Stadtrat hatte seinem Ansinnen im Vorfeld zugestimmt. Kostet Penzberg ja auch kein Geld.

Nackt ist er, aber das soll sich ändern: Bäume und Bodendecker sollen den neuen Kreisverkehr an der Gruße grüner machen. (Foto: Manfred Neubauer)

In der jüngsten Sitzung des Gremiums war es soweit. Voll Elan und sichtlicher Begeisterung stellten Küblböck und der Schweizer Bildhauer Urs Fritz einen Entwurf vor. Dessen Erläuterung ließ erahnen, dass der Künstler durchaus Hirnschmalz in das von ihm ersonnene Objekt gesteckt hatte. Bekanntlich ziert das Wappen Penzbergs ein Lamm. Daraus wurde die Stadtmarke "Hanni" abgeleitet, ein blau-weißes Schäfchen aus der Feder des verstorbenen Karikaturisten Egbert Greven. Das Tier findet regelmäßig zu verschiedenen Zwecken Verwendung. Es ist ein Markenzeichen, oder kurzum: Es schafelt in Penzberg.

"Sheepshooting" in der Schweiz

Es mag daher kaum wundern, dass Urs Fritz sich des Themas annahm, um es neu zu interpretieren. Sein Entwurf sieht vor, ein schreitendes Schaf mit Digitaldruck auf im 90-Grad-Winkel verschränkte Glasplatten einzubrennen. Das Kunstwerk sollte drei Meter breit und 1,50 Meter hoch sein. Es stünde, würde es realisiert, unter fünf weißblühenden Bäumen. Fahre man im Kreisel herum, so entstehe der Eindruck einer Schafherde, sagte Fritz. Um das richtige tierische Modell zu finden, hatte der Bildhauer sogar eigens ein "Sheepshooting" in seiner Heimat veranstaltet.

Nun ist es bei Kunst so eine Sache: Dem einen gefällt es, der anderen nicht. Und wie heißt es: Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Aber "Schönheit" vermochte die Mehrheit im Stadtrat nicht zu erblicken. Im Gegenteil, scheinen dem Gros die schnuckelige Hanni und ihre Abwandlungen zum Hals rauszuhängen. Glas als Material sei ja in Ordnung, konnte man hören. Wobei John-Christian Eilert (Grüne) lieber was aus Stein oder so hätte. Der "Kick" (Maria Probst/CSU) sei der Entwurf nicht. Von Folgekosten für Pflege oder Beschädigungen war die Rede. Auch die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer wurde infrage gestellt, sollten sie permanent reihum fahren, um die Herde zu beäugen. Anette Völker-Rasor (PM) erklärte, ihre Fraktion hätte sich mit dem Entwurf gar nicht ernsthaft beschäftigt, weil nur heimische Künstler beauftragt werden sollten. Da half es auch nichts, dass etwa Wolfgang Sacher (BfP) daran erinnerte, dass ein Künstlerwettbewerb die finanziell schwachbrüstige Stadt an die 100 000 Euro gekostet hätte; man sollte einem geschenkten Gaul nicht so genau ins Maul schauen.

Zwecklos. Dem Künstler war anzusehen, dass er nicht sicher war, ob er zwischenzeitlich nicht doch das Raum-Zeit-Kontinuum gewechselt hatte. So brüsk war die Ablehnung seines Entwurfs. Auch Küblböck verschlug es die Sprache. Wer sich die Mühe macht, die Homepage des Bildhauers zu besuchen, der wird gewahr, dass Fritz kein unbeschriebenes Blatt in puncto Kunst im öffentlichen Raum ist. Auch seine Ausstellungstätigkeit sowie seine Lehraufträge können sich sehen lassen.

Kunst und Ästhetik empfinden nicht alle gleich, Schönheit hat etwas mit persönlichem Geschmack zu tun - und vielleicht auch sehr viel mit Toleranz.

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