Öffentlicher Personennahverkehr:Alles zurück auf Anfang

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Sollte das neue Busterminal gebaut werden, könnten die momentanen Haltestellen zu einem hübschen Vorplatz mit Aufenthaltsqualität umgestaltet werden. (Foto: Alexandra Vecchiato)

Der Penzberger Stadtrat ist nicht glücklich über die Planung des neuen, großen Busbahnhofs - und scheut vor allem die Aussicht auf einen Bürgerentscheid.

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Donnerstagvormittag, kurz vor 11 Uhr. Vier Linienbusse parken entlang der Philippstraße, vor dem Bahnhof stehen weitere wie auch in den Buchten. Autofahrer müssen ein wenig Geduld mitbringen, um sich durchzuschlängeln. Die Szene macht deutlich: Der Penzberger Busbahnhof hat keine Kapazitäten mehr - vor allem momentan nicht, während die Zugstrecke Tutzing-Kochel am See eine Großbaustelle ist und Schienenersatzverkehr zum Einsatz kommt. Es bedarf einer zukunftsfähigen Lösung. Doch wie diese aussieht, ist wieder völlig offen. Der Penzberger Stadtrat machte in seiner März-Sitzung eine Rolle rückwärts. Zu groß waren die Bauchschmerzen ob der vom Bauausschuss erst kürzlich favorisierten Lösung eines neuen, großen Busbahnhofs an der Philippstraße. Nach diesem Beschluss wuchs der Druck auf die Fraktionen. Viele Penzberger können sich nämlich mit einer großen Lösung nicht anfreunden. Es war sogar von einem möglichen Bürgerentscheid die Rede.

Eine an die 90 Meter lange, asphaltierte Fläche zwischen Gleis und ehemaligem Postamt an der Philippstraße - keine schönen Aussichten, finden viele Bürger. Auch die Stadträte sehen in der wuchtigen Anlage nicht die Lösung, zumal ein historisches Wohnhaus dafür abgerissen werden müsste. Hardi Lenk (SPD) warb in der Sitzung deshalb dafür, neu und gründlicher über das Vorhaben nachzudenken und sich vor allem nicht bereits im Vorfeld gedanklich einengen zu lassen. Seine Fraktion schlug vor, aus dem Haus Philippstraße 30, das der Stadt gehört, ein Hostel zu machen. Wer das Gebäude für diesen Zweck saniert und die Herberge betreibt, solle zunächst keine Rolle spielen, weil die Idee sonst im Keim erstickt würde, sagte Lenk.

Die SPD mag einen Bürgerentscheid nicht ausschließen

Man habe im Bauausschuss "gespielt, um nicht zu verlieren, aber nicht um zu gewinnen", kommentierte SPD-Fraktionssprecher Adrian Leinweber das Votum zur großen Busbahnhof-Variante. Da es sich um eine weitreichende Entscheidung handle, müsse man gut überlegen. So könnte auf dem Grundstück ein kleiner Park entstehen und das Wohnhaus eben einer anderen Nutzung zugeführt werden. "Wir müssen bei null anfangen", betonte Leinweber. Auf alle Fälle müssten die Bürger an der Entscheidung beteiligt werden, sagte Elke Zehetner (SPD). Am Thema bestehe "großes Interesse". Würden die Penzberger nicht eingebunden, "fallen sie danach über uns her, über jeden einzelnen".

Markus Bocksberger (Penzberg Miteinander) wies darauf hin, dass man am geplanten Standort mit großer Wahrscheinlichkeit auf schwierigen Torfuntergrund stoßen werde, wie er in Penzberg üblich sei ("Das wird ein sehr teures Grab werden"). Jack Eberl (Freie Lokalpolitik Penzberg) warf ein, dass man die vorhandenen Buchten für die Stadtbuslinien beibehalten könnte und für die überregionalen, längeren Busse eine andere Haltestelle gefunden werden könnte. "Vielleicht die Karlstraße 6." Auch dieses Grundstück gehört der Stadt.

Das Haus Philippstraße 30 müsste für die vom Penzberger Bauausschuss favorisierte große Variante abgerissen werden. (Foto: Alexandra Vecchiato/oh)

Kerstin Engel (Grüne) führte das "schwierige Gelände" und die nahe Wohnbebauung als Begründung an, warum sie den Standort für den neuen Busbahnhof nicht für optimal hält. Zudem findet sie die Realisierung des Großprojekts, das vor der Landesgartenschau 2028 fertiggestellt sein soll, "sportlich". "Und wie sieht es mit der Finanzierung aus?", fragte Engel angesichts klammer Penzberger Kassen. Stattdessen schlug die Fraktionssprecherin vor, die Umsetzung des Busbahnhofs den Teilnehmern des städtebaulichen Wettbewerbs für das Bahnhofsareal zu überlassen: "Warum nicht einen Ideenwettbewerb machen?"

Das könnte den zeitlichen Fahrplan für das Projekt durcheinanderwirbeln, gab Stadtbaumeister Justus Klement zu bedenken. Weil die Stadträte aber darauf beharrten, sich von Experten beraten zu lassen, schlug er vor, die Preisrichter des städtebaulichen Wettbewerbs für das Bahnhofsareal zu konsultieren. Die Jury hat ihre nächste Sitzung am 19. April. Das Treffen soll nun als öffentliche Stadtratssitzung abgehalten werden. "Dort könnte man die Frage nach den Kosten stellen und auch, ob man einen Ideen- oder Realisierungswettbewerb auslobt", sagte Klement.

Nicht nur rund um den Penzberger Bahnhof stehen Linienbusse, momentan wird auch die komplette Philippstraße zugeparkt - oft ein Geduldsspiel für andere Verkehrsteilnehmer. (Foto: Alexandra Vecchiato/oh)

Lenk warnte davor, sich den "großen Wurf" von einem Ideenwettbewerb zu erwarten. "Wir hatten schon viele Wettbewerbe. Alle waren enttäuschend", meinte er. Allein schon deshalb, weil es den teilnehmenden Planern an Hintergrundwissen fehle. Ein Punkt, den auch Sebastian Fügener (Grüne) anführte. Mögliche Standorte für einen neuen Busbahnhof müsse schon der Stadtrat vorgeben. Was nützten schöne Ideen, wenn eine Umsetzung etwa an der Grundstücksfrage scheitere.

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