Neues Bergwacht-Zentrum:Am Haken

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Das Abseilen aus einem Helikopter führen Rettungskräfte den Zuschauern am neuen Hubschrauber-Simulator bei der Wiedereröffnung in Bad Tölz vor. (Foto: Manfred Neubauer)

Die meisten der Hubschrauber-Retter beim Zugunglück von Bad Aibling hatten vorher im Trainingszentrum geübt. Jetzt ist es nach zweijährigem Umbau neu eröffnet worden.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Gleich nach dem Zusammenstoß zweier Züge nahe Bad Aibling, durch den elf Menschen starben und rund 80 teils schwer verletzt wurden, waren auch 17 Hubschrauber im Einsatz. Am Boden kamen die Einsatzkräfte zunächst nur schwer an die verkeilten Waggons heran, weshalb Helikopter die ersten Passagiere aus den Trümmern zogen. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Rettungsdienste, darunter auch der Bergwacht, funktionierte am Faschingsdienstag. Dieses Beispiel zeigt für den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU), wie wichtig das Bergwachtzentrum in Bad Tölz ist. "Es hat sich bewährt, dass die meisten vorher gemeinsam schon einmal geübt haben", sagte er am Freitag in der großen Übungshalle, die nach zweijährigen Umbauarbeiten wiedereröffnet wurde.

Die Trainingslandschaft in dem Kompetenzzentrum für Luftrettung am Rand der Flinthöhe wurde seit 2014 erweitert. Unter anderem gibt es nun einen zweiten Hubschrauber-Simulator, einen Bergwetterraum, eine Krankenhaus-Notaufnahme, einen Höhlengang. Kostenpunkt für den Umbau: circa 4,8 Millionen Euro. Der Freistaat zahlt davon 3,6 Millionen, den Rest finanziert die Stiftung Bergwacht, der das 2008 eröffnete Zentrum seit vier Jahren gehört, aus Eigenmitteln und Spenden. Zusammen mit den 2,4 Millionen Euro, die er seinerzeit in den Bau der Halle steckte, habe der Freistaat insgesamt sechs Millionen investiert und gebe künftig noch 800 000 Euro pro Jahr als Betriebskostenzuschuss, sagte Herrmann. Das seien "gut angelegte Steuergelder".

Vor zahlreichen Vertretern aus Politik, Rettungsdiensten, Unternehmen, Vereinen und Verbänden strich der Innenminister das Engagement der ehrenamtlichen Kräfte von Bergwacht, Feuerwehren und anderen Rettungsorganisationen heraus. Diese Männer und Frauen seien "das Rückgrat unserer Gefahrenabwehr" und sorgten für ein Klima menschlicher Wärme, wo sonst in Teilen der Gesellschaft oft Ellbogenmentalität herrsche. Herrmann äußert seinen Respekt vor jedweder ehrenamtlichen Arbeit, der freiwillige Einsatz der Retter sei aber noch ein wenig gewichtiger, denn "da geht es um Überlebensfragen". In dem umgestalteten Bergwachtzentrum fänden sie die ideale Umgebung und optimale Bedingungen für ihr Training.

Die Geschichte des Zentrums rekapitulierte Alois Glück, Vorsitzender des Stiftungsrats Bergwacht und Ehrenvorsitzender. Zu Beginn der Jahrtausendwende hätten die Trendsportarten im Gebirge stark zugenommen, die Bergwacht zugleich aber weniger Hubschrauber zum Trainieren zur Verfügung gehabt, weil die Bundeswehr ihre Helikopter für internationale Einsätze brauchte. So entstand die Idee einer Übungshalle, für die man zunächst ein altes Industriegebäude in Höhenkirchen fand, wo ein Hubschrauber-Simulator der Bundeswehr jedoch nur wenige Meter über dem Boden fliegen konnte. Vor acht Jahren wurde dann in Tölz gebaut. Dort konnte man auch die Rettungsabläufe standardisieren, "ein riesiger Qualitätssprung in der Sicherheit", sagte Glück. Auch die nun abgeschlossene Umgestaltung trieb der ehemalige Ministerpräsident mit seinen Kontakten maßgebend voran. Für diesen Einsatz erhielt er das Ehrenzeichen des Deutschen Roten Kreuzes, das ihm Klemens Reindl, Bundesleiter Bergwacht der DRK, überreichte.

Für Norbert Heiland in das Tölzer Kompetenzzentrum "ein absolutes Erfolgsmodell". Dort habe man einheitliche Standards in der Luftrettung entwickelt, das Zusammenspiel der Rettungsorganisationen verbessert und die Sicherheit der Einsatzkräfte erhöht, sagte der Vorsitzende der Bergwacht Bayern. Dies werde man nach dem Ausbau nun konsequent weiterentwickeln. In Bad Tölz könnten künftig "noch mehr Organisationen als bisher regelmäßig trainieren und deutlich mehr unterschiedliche Einsatzszenarien üben", sagt Heiland. Deshalb fehlt in der Halle auch etwas. "Wie Sie sehen gibt, es kein Bergwacht-Signet", sagte Glück. "Wir wollen Neutralität."

© SZ vom 09.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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