Nachtrag zum Weltfrauentag in Wolfratshausen:Verstärkung für Kathi Kobus

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Lou Andreas-Salomé (rechts) mit Rainer Maria Rilke (2. von links) in einer Laube in Wolfratshausen. (Foto: Scherl/SZ)

Es gibt genügend ehrenwerte Frauen, nach denen Wolfratshausen Straßen benennen könnte

Von Felicitas Amler, Wolfratshausen

Eine wirklich überzeugende Idee, mit der die sechs Wolfratshauser Stadträtinnen den Internationalen Frauentag im Wortsinn begangen haben. Gerlinde Berchtold, Annette Heinloth, Ulrike Krischke, Jennifer Layton, Assunta Tammelleo und Susanne Thomas sind demonstrativ mit Transparenten den Kathi-Kobus-Steig hinaufgestapft, um deutlich zu machen: Dies ist unter 185 Straßen in der Stadt die einzige, die nach einer Frau benannt ist. Eine starke Aktion - wenn auch nicht ganz zu Ende gedacht. Denn die Frage blieb offen, welche Frauen konkret Wolfratshausen mit eigenen Wegen ehren sollte.

Es darf also bis zum nächsten Frauentag schon mal ein bisschen weitergesponnen werden. Naheliegend wäre eine Lou-Andreas-Salomé-Straße. Mit dieser imposanten Frau, einer selbstbewussten Dichterin, Philosophin und Psychoanalytikerin, verbrachte der junge Rainer Maria Rilke 1897 eine leidenschaftliche Sommerfrische in Wolfratshausen. Nach Rilke heißt immerhin ein Weg in der Stadt. Andreas-Salomé wird man vergeblich im Straßenbild suchen, dabei könnte man sogar darauf verweisen, dass die beiden Verliebten ihre damalige Unterkunft "Loufried" nannten.

Zu bedenken wären in einer Stadt, die sich wie so viele Orte in Bayern eine Ludwig-Thoma-Straße gegeben hat, natürlich die großen literarischen Frauen des Landes: Lena Christ, Marieluise Fleißer, Emerenz Meier, Annette Kolb. An die radikale Frauenrechtlerin und Pazifistin Anita Augspurg ließe sich erinnern - sie hat mit ihrer Lebensgefährtin Lida Gustava Heymann eine Zeit lang im benachbarten Icking gelebt. Nicht zu vergessen die erste Frau im Wolfratshauser Gemeinderat: 1919 wurde Anna Floßmann für die SPD gewählt.

"Jüdische Spurensuche"

Ferner wäre das Andenken an Hannah Bodenheimer mit einer Straßenbenennung zu pflegen. Sie war die erste Leiterin der Jüdischen Mädchenschule in Wolfratshausen. Die Erforschung und Dokumentation dieser besonderen Schule wiederum verdankt Wolfratshausen neben der Vorsitzenden des Historischen Vereins, Sybille Krafft, auch Kirsten Jörgensen. Die evangelische Pfarrerin hat die Arbeitsgruppe "Jüdische Spurensuche" mit geleitet; sie ist 2014 gestorben.

Des jüdischen Lebens in Wolfratshausen ließe sich am besten in jenem Stadtteil gedenken, in dem pikanterweise eben daran namentlich nichts mehr erinnert. Das ehemalige Schtetl Föhrenwald, eines der größten Camps für jüdische Überlebende der Schoah, wurde ja Ende der Fünfzigerjahre nach einem katholischen Abt in "Waldram" umbenannt.

Und es kam dort ausgerechnet ein Mann zu Ehren, dessen Name jüdischen Menschen wie Hohn in den Ohren klingen muss: der Münchner Kardinal Michael von Faulhaber. Der aber vertrat in der Nazizeit eine äußerst fragwürdige Haltung zur Judenhetze. Nach Einschätzung des Münchner Instituts für Zeitgeschichte "rührte er keinen Finger, um seinen Einfluss gegen die Judenverfolgung geltend zu machen". Sein Einsatz sei auf getaufte Jüdinnen und Juden beschränkt geblieben.

Das wäre denn eine würdige Tat der sechs frauenpolitisch engagierten Wolfratshauser Stadträtinnen: Macht die Faulhaberstraße zur Hannah-Bodenheimer-Straße!

© SZ vom 10.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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