Nach dem Reifezeugnis:Es muss nicht immer Jura sein

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Die Abiturienten im Landkreis erhalten an diesem Freitag ihre Zeugnisse. Nach dem Schulabschluss und der großen Feier wartet dann das Leben auf sie. Fünf von ihnen erzählen von ihren ungewöhnlichen Zukunftsplänen

Von Susanne Hauck, Bad Tölz-Wolfratshausen

Das Abi ist geschafft. Aber was nun? Wenn die jungen Leute an diesem Freitag freudestrahlend ihr Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife in den Händen halten, beginnt für sie ein neuer Lebensabschnitt. Viele kosten die nächste Zeit unbeschwert aus und lassen alles auf sich zukommen. Wieder andere wissen schon ganz genau, in welche Richtung es gehen soll. Studienfächer wie Medizin, Jura, BWL oder Maschinenbau stehen bei den Schulabgängern nach wie vor hoch im Kurs. Es gibt aber auch Abiturienten, die ungewöhnlichere Zukunftspläne abseits der ausgetretenen Pfade schmieden. Die SZ hat mit fünf von ihnen gesprochen.

Lebenshilfe im Libanon

Lazló Rosty-Forgách geht für ein Jahr nach Beirut, um Menschen mit Behinderung zu helfen. (Foto: privat)

"Beirut, ist das nicht gefährlich?" Diese Frage muss Lazló Rosty-Forgách häufig beantworten. Der 18-Jährige, der gerade am Gymnasium im Kloster Schäftlarn sein Abi gemacht hat, geht für ein Jahr in den Libanon, um Menschen mit Behinderung zu betreuen. Denn in den Heimen dort gebe es viel zu wenig Personal, erzählt er über das Land, das nach dem Bürgerkrieg im Wiederaufbau steckt. Was auf ihn zukommen wird, weiß er vom vergangenen Jahr, als er seinen großen Bruder besuchte, der dort ebenfalls Freiwilligendienst absolvierte. Probeweise hat er sich um einen 35-jährigen gekümmert, einen Autisten mit Down-Syndrom. Gerade lernt Lazló, der zusammen mit ein paar jungen Kollegen in einer Beiruter Wohnung leben wird, hundert arabische Pflicht-Vokabeln, um sich schon am Anfang halbwegs verständigen zu können. Es sind aber nicht nur die Abenteuerlust und der Wunsch, sich selber zu finden, die den Abiturienten in die Ferne locken. Anderen Menschen helfen zu können, sei ein "cooles Gefühl".

Hoch hinaus

Mandy Krautschneider will Pilotin bei der Lufthansa werden und hat einen schwierigen Test vor sich. (Foto: privat)

Eine, die es kaum erwarten kann, ihr Zeugnis ausgehändigt zu bekommen, ist Mitschülerin Mandy Krautschneider. Ist es doch das letzte Dokument, das ihr fehlt, um ihre Bewerbung an die Lufthansa loszuschicken. Ganz buchstäblich will Mandy mit ihrem Berufswunsch hoch hinaus: Berufspilotin werden und die großen Passagierflugzeuge zu steuern, das ist ihr Traumjob. Die Faszination des Fliegens hat die ehrgeizige 17-Jährige schon als Kind erfasst und seitdem nicht mehr losgelassen. Dass der Eignungstest happig wird, darauf ist sie vorbereitet: Sprachen, Mathe und Physik, Persönlichkeitstest, Konzentrationsfähigkeit und medizinischer Check. Ob es klappt, weiß sie noch nicht: "Nur zehn Prozent schaffen die Aufnahmeprüfung", sagt Mandy, die außerdem noch einen Plan B in der Tasche hat: eine Ausbildung als Fluglotsin.

Ab auf die Bühne

Marc Schröder will als Schauspieler Karriere machen und muss bald Texte fürs Vorsprechen lernen. (Foto: privat)

Am Tölzer Gabriel-von-Seidl-Gymnasium hat Marc Schröder (18) hin und her überlegt, ob er es ernsthaft angehen soll, Schauspieler zu werden. "Ich war mir lange nicht sicher, aber meine Eltern unterstützen mich, und auch von den Lehrern gab es positives Feedback." Jetzt möchte er es einfach mal probieren, denn die Bühne ist schon sein Leben lang seine Welt. Von Anfang war Marc Mitglied im Ensemble der Theatergruppe der Schule und heimste bei allen Aufführungen gute Kritiken ein. Ein bisschen verschnaufen kann Marc nach dem Abitur noch. Aber bald schon heißt es wieder lernen, wenn es darum geht, Monologe einzustudieren fürs Vorsprechen an den Schauspielschulen. Einen Psychopathen spielen oder mal etwas von Bertolt Brecht, das würde ihn am meisten reizen.

Schriftstellerin in spe

Lena Lochner hat sich vorgenommen, einen Roman zu schreiben und Italienisch zu studieren. (Foto: privat)

Schriftstellerin zu werden, das könnte sich Lena Lochner gut vorstellen, die nun ebenfalls das Tölzer Gymnasium verlässt. Schon im Kindergarten hat sie ihre selbst ausgedachte Geschichten zu Papier gebracht, indem sie sie den Erzieherinnen diktierte. Dass sie wirklich Erzähltalent besitzt, konnte sie in den Schreibkursen für Gymnasien des Literaturhauses München beweisen, wo sie vor drei Jahren angenommen wurde. "Man lernt viel von dem Handwerkszeug, das eine Autorin braucht", sagt die 18-Jährige. Zum Beispiel, wie man originell statt abgedroschen schreibt, Gefühle wie Zorn oder Zuneigung in Worte zu fasst oder eine Kurzgeschichte aufbaut. Krimis oder Fantasy sind kein Ding für Lena, der die klassische Literatur mehr liegt. Sich jetzt schon voll und ganz der Schriftstellerei zu verschreiben, ist ihr allerdings zu unsicher. Sie möchte an der Uni die italienische Sprache und Kultur studieren und nebenher an einem Buch in spe arbeiten.

Irgendwas mit Talent

Victoria Remark schreibt an einem philosophischen Werk, will sich aber erst einmal selber finden. (Foto: privat)

Ihre Schulzeit am Ickinger Günter-Stöhr-Gymnasium hinter sich gebracht hat Victoria Remark, eine junge Frau mit lebendigem Naturell. Die Einser-Abiturientin ist mit vielen Talenten gesegnet, was es gar nicht so einfach macht, den richtigen Lebensweg herauszufinden. Deshalb möchte die 18-Jährige ihr Gap-Year nutzen, um für "ganz vieles offen zu sein" und in einer Art Selbstversuch herauszufinden, was ihr am meisten liegt. Zurzeit etwa schreibt sie an einem philosophischen Werk über die Fragen des Seins, mit dem sie "schon recht weit" ist. Mit 15 hat sie schon einen Fantasy-Roman bei einem Verlag veröffentlicht. Den Titel will sie lieber nicht verraten, sonst wisse jeder, wer sich hinter dem Autorenpseudonym verberge. Und das könne sich später im Leben ungünstig auswirken. Denn in die Politik zu gehen, das wäre für Victoria auch eine Option. All ihre Ideen für die Zukunft hat sie in einem Ordner notiert, um sie nach und nach auszuprobieren. Darin steht zum Beispiel auch, eine Sprache wie Russisch oder Mandarin zu lernen. Oder zu ergründen, was Idealisten so antreibt. Denn eigentlich ist die Natur des Menschen ihr liebstes Studienobjekt. Wartet am Ende doch das Psychologiestudium? "Ich bin selber gespannt, was einmal aus mir wird", sagt Victoria fröhlich. Dass in ihr so etwas wie eine "Weltverbesserin" steckt, gibt sie gerne zu.

© SZ vom 28.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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