In Ambach gärt es wegen der Pläne für ein Seniorenstift mit 90 Wohnungen auf dem Gelände der früheren Wiedemann-Kurklinik: Von einem "Senioren-Getto" und "riesigen Baudimensionen" ist die Rede. Sebastian Wiedemann, Enkel des einstigen Sanatoriumgründers, fürchtet um die Sozialstruktur und das Ortsbild von Ambach. Deshalb hat er mit anderen Ortsteilbewohnern die Initiative Ambach gegen die Pläne des Kuratoriums "Wohnen im Alter" (KWA) gegründet und auf einer Homepage deren Kritik veröffentlicht.
Bei der jüngsten Bürgerversammlung kritisierte er die Größe des Vorhabens und erklärte, dass die geplante Geschossfläche von 14 500 Quadratmetern - das entspreche 50 Einfamilienhäusern - überdimensioniert sei. Die Architektur sei rückständig. Die Initiative fürchte, dass viele der alten Bäume weichen müssten. Schon allein das würde aus Sicht von Wiedemann das Ortsbild von Ambach vollkommen zerstören. Hinzu komme, dass im Ort nur rund 350 Einwohner lebten. Zögen auf einmal 150 Senioren zu, würde sich die Sozialstruktur vollkommen verändern.
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Das ehemalige Kursanatorium Wiedemann in Ambach steht seit Jahren leer. Jetzt formiert sich Widerstand gegen die Neubaupläne.
Bild: Hartmut Pöstges -
Diese Simulation hat Sebastian Wiedemann selbst auf Grundlage von Plänen des KWA erstellt. Das Unternehmen hat noch keinen Plan veröffentlicht.
Bild: privat -
In den Zimmern des früheren Kursanatoriums Wiedemann stehen noch alte, kaputte Möbel.
Bild: Hartmut Pöstges
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Das KWA hat rund 13 200 Quadratmeter des 16 000-Quadratmeter-Areals gekauft und will im Sommer konkrete Planungen für das Vorhaben vorlegen. Wiedemann mahnte an, die Bürger frühzeitig zu den Plänen zu informieren und nicht erst, wenn der Bebauungsplanentwurf vorliege. Denn dann wäre zu spät um noch Wesentliches verändern zu können. Auf Nachfrage betont er, die Initiative wolle das Projekt nicht grundsätzlich verhindern. Nur solle es kleiner und schöner ausfallen. So ließen sich auch die wertvollen, alten Bäume erhalten. Maßgeblich dürften nicht nur die wirtschaftlichen Interessen des Investors sein. Die Gemeinde habe die Planungshoheit und es also allein in der Hand, eine für Ambach verträgliche Lösung zu finden.
Im Internet hat die Initiative Grafiken der bisherigen Planungen vorgelegt. Sie zeigen Terrassenarchitektur mit gestaffelten drei- bis vierstöckigen Einzelhäusern. Die hat Wiedemann selbst auf Grundlage von Plänen der KWA erstellt. Diese habe er sich von Unternehmensvertretern vorstellen lassen, weil in ursprünglichen Planungen auch das letzte der fünf noch in Familienbesitz befindliche Gebäude miteinbezogen werden sollte.
Ebenso wie Wiedemann kritisiert der Ostuferschutzverband (OSV) das Projekt. Mitglied Gustav Neumeister forderte ein bezahlbares Projekt für Alte und Junge. Für Münsinger Durchschnittsverdiener sei es unerschwinglich. "Es sollte nicht ein Getto für Senioren sein." Der OSV schlägt sogar vor, die Bauruinen der früheren Klinik abzureißen und den ursprünglichen Naturzustand ohne Bebauung wiederherzustellen, was Wiedemann jedoch für unrealistisch hält.
Das Kuratorium Wohnen im Alter (KWA) ist ein gemeinnütziges Sozialunternehmen mit Sitz in Unterhaching. Es betreibt unter anderem bereits 14 Wohnstifte. Anfang des Jahres hat das KWA 13 200 Quadratmeter des 16 000 Quadratmeter großen Areals der früheren Wiedemann-Klinik gekauft. Dort sollen 90 Wohnungen für Senioren von 32 bis 120 Quadratmetern entstehen. Sie zahlen Miete - laut KWA-Homepage kostet eine 45 Quadratmeter-Wohnung an einem anderen Standort im Oberland 2717 Euro für eine Person im Monat. Eine zweite Person bezahlt Aufpreis. Wer will, kann im Restaurant essen. Ein hauseigener ambulanter Pflegedienst ist integriert und rund um die Uhr präsent. In Münsing soll es auch ein Schwimmbad und Räume für kulturelle Veranstaltungen geben. bene
Bürgermeister Michael Grasl (FW) hält das Vorgehen der Initiative für wenig konstruktiv. Mit ihren Vermutungen verunsichere sie nur die Bevölkerung. Wie er sagt, habe das KWA noch keine konkreten Entwürfe vorgelegt. Bisher existierten nur Konzeptskizzen. Solange nichts Konkretes vorliege, sei es wenig sinnvoll, eine Veranstaltung für die Öffentlichkeit zu organisieren.
Grasl kann die Bedenken und Sorgen der Anwohner wegen der Größe des Vorhabens verstehen. 90 Wohnungen seien auch für ihn die oberste Grenze. Doch er müsse auch berücksichtigten, dass der Betrieb für das Unternehmen wirtschaftlich bleiben müsse. Das KWA habe gegenüber der Kommune versichert, auf die Topografie eingehen zu wollen. Auch die Bäume sollten erhalten bleiben.
Die Kommune habe die Planungshoheit: Was sie nicht wolle, werde auch nicht beschlossen. Münsing habe einen eigenen Planer damit beauftragt, das Vorhaben zu begleiten. Nun sei aber das KWA am Zug. Grasl sieht keine gravierenden Auswirkungen auf die Sozialstruktur von Ambach. Ein reines Wohngebiet oder eine Klinik hätten den Ort am Ufer des Starnberger Sees wesentlich mehr verändert. Er kann sich nicht vorstellen, warum Menschen, die in Ambach alt werden wollten, stören sollten.