Kommunalpolitik im Oberland:"Es ist fast nichts mehr intern"

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Erstmals findet eine Müsinger Bürgerversammlung im alten Schulhaus in Degerndorf statt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Zur Münsinger Bürgerversammlung gibt es erneut Kritik an nicht-öffentlichen Sitzungen. Das weist Rathauschef Grasl von sich und berichtet ausführlich zur aktuellen Lage.

Von Benjamin Engel, Münsing

Als sich Michael Grasl (FW) bei der Bürgerversammlung zur aus seiner Sicht unguten Beschwerdekultur äußert, applaudiert das Publikum im Degerndorfer Schulhaus am kräftigsten. Es werde immer wieder behauptet, dass es in Münsing "so viele interne Sitzungen" gebe, sagt der Bürgermeister. "Es ist aber fast nichts mehr intern." Der Gemeinderat behandele etwa Vergabeentscheidungen in öffentlichen Sitzungen. Das Gremium arbeite nach bestem Gewissen und müsse das Recht haben, sich in komplexen Einzelfällen intern anwaltlich beraten zu lassen. Bürgermeister seien keine Alleinherrscher, so Grasl. "Ich rechtfertige mich nicht mehr für die gute Arbeit meiner Leute." In diesem Moment applaudieren die etwa 120 Zuhörer an diesem Abend am lautesten.

Münsings Bürgermeister spielt damit auf die umstrittenen Erweiterungspläne des Degerndorfer Futtermittelherstellers Agrobs an. Das Unternehmen will seinen Produktionsstandort um zwei neue Hallen im Außenbereich erweitern. Weil die Staubentwicklung so groß ist, geht das laut dem Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen sowie der Regierung von Oberbayern nur dort. Daher war ein Immissionsschutzverfahren angelaufen.

Münsings Bürgermeister Michael Grasl rechtfertigt eine interne Sitzung zur Agrobs-Erweiterung mit prozesstaktischen Erwägungen. (Foto: Hartmut Pöstges)

In seiner Augustsitzung hat der Gemeinderat mehrheitlich beschlossen, ein Bebauungsplanverfahren einzuleiten. Im Vorfeld hatte es interne Sitzungen mit der Baujuristin aus dem Landratsamt und einem Fachanwalt gegeben. Weil es darin um prozesstaktische Erwägungen gehe, seien laut Grasl dafür interne Sitzungen gerechtfertigt. Das habe auch ein Experte des bayerischen Gemeindetags bestätigt.

Ausführlich ging es bei der Bürgerversammlung zudem um die Entschlammung des Degerndorfer Weihers. Die Arbeiten, um den das ökologische Gleichgewicht bedrohenden Morast los zu werden, begannen am 7. August dieses Jahres. Laut Grasl habe der Kampfmittelräumdienst bisher vor allem haushaltsnahe Metallutensilien wie Flaschen, Angelruten, aber auch ein Ortsschild geborgen. Auf einem Feld nordwestlich des Weihers wird der Schlamm gelagert, damit die glitschige Masse abtrocknet, bevor die Substanz auf landwirtschaftliche Flächen ausgebracht werden kann.

Circa ein Drittel des Schlamms aus dem Degerndorfer Weiher ist stärker belastet

Aussortiert und separat dort gelagert wird aber auch mit Schwermetallen belastetes Material. Etwa ein Drittel der auszubaggernden 6000 Kubikmeter Schlamm umfasse die rote, am stärksten belastete Kategorie, so Peter Holzer, Seniorchef des beauftragten Degerndorfer Tiefbauunternehmens Holzer. Momentan werde geprüft, was die Entsorgung kosten könnte. Für die Entschlammung insgesamt stehen Kosten von bis zu 970 000 Euro im Raum, allerdings bisher nur auf grober Schätzbasis.

Die zunehmende Anzahl Geflüchteter unterzubringen, ist für die Kommunen im Landkreis wie bundesweit herausfordernd. "Der Gemeindesaal wird ab Januar mit 30 Personen belegt", so Bürgermeister Grasl. Alternativen gebe es nicht. Die Unterkunft des Landratsamts im Gewerbegebiet am Schlichtfeld mit Platz für bis zu 94 Personen solle Mitte 2024 fertiggestellt sein. Ausdrücklich dankte Landrat Josef Niedermaier (FW) für die Bereitschaft Münsings zu handeln. Der Landkreis nehme alle Unterkünfte, die er für Geflüchtete bekommen könne. Niedermaier mahnte, dass sich die Bevölkerung nicht auseinanderdividieren lassen dürfe. So wie die Verteilung momentan laufe, könne es nicht weitergehen. Eine Patentlösung habe aber auch er nicht.

Dass die Kommune Münsing "ein wenig im Hintertreffen" sei, Mobilfunk und schnelle Internetverbindungen auszubauen, bekannte Bürgermeister Grasl. Er sprach davon, dass das Unternehmen "Unsere Grüne Glasfaser", das einen Glasfaserausbau bis ins Haus angekündigt hatte, alle Aktivitäten informationslos eingestellt habe. Die Gemeinde nutze aber alle Förderverfahren.

Heuer hat Münsing einen Rekordhaushalt von 32,5 Millionen Euro

Heuer hat die Gemeinde einen Rekordhaushalt von 32,5 Millionen Euro. Das liegt am neu entstehenden Bürgerhaus, das zum Jahresende bezugsfertig werden soll. Außerdem investiert Münsing viel in den neuen Hochbehälter in Weidenkam sowie das Feuerwehr- und Schützenhaus in Ammerland. Bald soll laut Grasl im Gemeinderat vorgestellt werden, wie dann das jetzige Verwaltungsgebäude als "Haus des Kindes" zu nutzen ist.

Wie der Stand einer sicheren Verbindung für Fußgänger und Radfahrer entlang der Straße durch den Wald zwischen Weipertshausen und Allmannshausen sei, wollte Elisabeth Umbreit wissen. Die Antwort Grasls: Problematisch sei der Grunderwerb. Federführend sei das Staatliche Bauamt Weilheim. Er hoffe, dass die Planfeststellung 2024 erfolge. Zudem werde in den öffentlichen Nahverkehr immens investiert. Grünen-Gemeinde- und Kreisrätin Christine Mair sprach von einem "Quantensprung" mit mehr Busverbindungen zum Fahrplanwechsel im kommenden Dezember.

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