Tölzer Leonhardifahrt:"Eine Ehrerbietung der Stadt"

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Zum 166. Mal findet dieses Jahr die Tölzer Leonhardifahrt in der gewohnten Form mit Truhen- und Tafelwagen statt. Ihre Ursprünge reichen allerdings tief ins 18. Jahrhundert zurück. (Foto: Manfred Neubauer)

Zweiter Bürgermeister Michael Lindmair ist vor der Traditionswallfahrt zehn Nachmittage als Leonhardi-Lader unterwegs, zusammen mit Stadtrat Anton Mayer. Im Gespräch mit der SZ verrät er, was er in dieser Funktion zu tun hat.

Interview Klaus Schieder, Bad Tölz

Die Tölzer Leonhardifahrt findet am Montag, 6. November, zum mittlerweile 166. Mal statt. 69 Gespanne nehmen dieses Jahr daran teil. Eröffnet wird die Traditionswallfahrt um 9 Uhr im Kurviertel - und zwar von Zweitem Bürgermeister Michael Lindmair, der seit 2022 das Ehrenamt des Leonhardi-Laders innehat, gemeinsam mit Stadtrat Anton Mayer. Der Brauch, die Bauern und Fuhrleute aus dem Umland persönlich einzuladen, entstand übrigens erst in der Nachkriegszeit. Was ein Leonhardi-Lader alles zu tun hat, dazu äußerte sich Michael Lindmair im Gespräch mit der SZ.

SZ: Herr Lindmair, was ist die wichtigste Eigenschaft, die ein Leonhardi-Lader haben muss?

Michael Lindmair: Die wichtigste Eigenschaft ist grundsätzlich die Liebe zu Leonhardi. Dass man die Leonhardifahrt lebt und versteht, warum es sie gibt und was der Kern dieses Tages ist.

Was ist die vorrangige Aufgabe eines Leonhardi-Laders?

Der Lader muss die Verbindung schaffen zwischen Land und Stadt und ist mit der Organisation der Wallfahrt betraut.

Das heißt?

Wir haben jetzt die 166. geordnete Leonhardifahrt. Diesmal sind es insgesamt 69 Gespanne. Es gibt Landwirte und Fuhrleute, die Pferde auch deswegen halten, weil sie bei der Wallfahrt dabei sind. Sie kümmern sich das ganze Jahr um die Tiere und arbeiten mit ihnen dafür. Da gehört es dazu, dass wir als Stadt sie persönlich einladen. Denn ohne die Teilnehmer aus den Dörfern ringsum wäre die Tölzer Leonhardifahrt nicht so schön, eigentlich kaum möglich. Wichtig ist bei Leonhardi, dass Stadt und Land zusammenkommen. Die Einladung ist eine Ehrerbietung der Stadt.

"Da gibt es schon mal Kaffee und Kuchen oder auch eine Halbe Bier"

Wie läuft ein Besuch bei den Leonhardifahrern ab? Müssen die Lader wie die Postangestellten im Film "Willkommen bei den Sch´tis" trinkfest sein?

Der Kernfrage bei einem Besuch ist zunächst, ob sie wieder mitfahren. Die zweite Frage, die wir am Anfang stellen, lautet, ob alles für sie passt, auf ihrem Hof und bei den Vorbereitungen zur Leonhardifahrt. So entsteht ein Gespräch. Eine wichtige Funktion des Besuchs ist ja, dass man miteinander redet, dass die Bauern und Fuhrleute uns sagen: Das müsst ihr bei der Wallfahrt anders machen, oder: Passt darauf auf. Man spricht natürlich auch über Dinge, die nichts mit Leonhardi zu tun haben. Wir freuen uns und sind dankbar, dass wir überall herzlich aufgenommen werden. Da gibt es schon mal Kaffee und Kuchen oder auch eine Halbe Bier.

Wie viel Zeit müssen Sie in diese Besuche investieren?

Zehn Nachmittage sind wir unterwegs.

Seit 2022 ist Zweiter Bürgermeister Michael Lindmair auch als Leonhardi-Lader im Einsatz. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Geht das denn so einfach? Sie sind Zweiter Bürgermeister, Sie spielen in der Tölzer Stadtkapelle, Sie haben einen Beruf ...

... das weiß man vorher und lässt sich organisieren. Und wir werden ja auch gefahren. Der Fahrer von der Stadt, der früher im städtischen Bauhof gearbeitet hat und jetzt in Rente ist, macht das schon zum 40. Mal. Wir haben ihn praktisch reaktiviert. Das ist auch ganz wichtig, weil er weiß, wer wann wo ist und wo es hingeht.

Was gehört sonst noch zu den Aufgaben der Leonhardi-Lader?

Die Aufgaben sind vielfältig. Das reicht von den Einladungslisten bis zum Aussuchen des Leonhardi-Zeichens. Wir sind von Anfang an in die Organisation eingebunden, wobei wir hier mit den Damen des Referats 2 (Tourismus und Kultur, Anm. d. Red.), Susanne Frey-Allgaier und Daniela Klaar und deren Team, sehr gut aufgestellt sind. Und wir sind auch beim Sicherheitskonzept von Beginn an dabei. Das erste Treffen des Leonhardi-Ausschusses und aller beteiligten Behörden vom Jugendamt bis zur Polizei ist ein ganz wichtiger Termin. Dort werden Belange für eine unfallfreie Wallfahrt besprochen.

"Schön ist es jedoch nicht, wenn man jemanden ausschließen muss."

Bei der Leonhardifahrt kam es manchmal vor, dass der ein oder andere Gespannführer seine Pferde am Ende der Wallfahrt die Salzstraße hinauf galoppieren ließ und Zuschauer am Straßenrand in Gefahr brachte. Sprechen Sie das Schrittfahrgebot bei den Besuchen an?

Das Thema spielt eine große Rolle. Wir haben von Anfang an gesagt, dass die Wallfahrt nur noch im Schritt gefahren werden darf. Es ist ja kein Geheimnis, dass zwei Fuhrleute diesmal nicht mitmachen dürfen, weil sie getrabt sind. Aber an oberster Stelle steht, dass die Leonhardifahrt in Tölz auch in Zukunft stattfindet. Da kommen wir um die Maßnahme nicht herum, im Schritt zu fahren. Außerdem gab es diesen Vorschlag auch aus den Reihen der Leonhardfahrer. Schön ist es jedoch nicht, wenn man jemanden ausschließen muss.

Anton Mayer ist mehr als 50 Jahren als Gespannführer bei der Leonhardifahrt dabei. Zusammen mit Michael Lindmair ist er außerdem auch Leonhardi-Lader. (Foto: Klaus Schieder)

Es gibt ja zwei Leonhardi-Lader. Wie läuft denn die Zusammenarbeit mit Ihrem Kollegen Anton Mayer?

Wir verstehen uns sehr gut. Und wir ergänzen uns sehr gut. Denn der Toni hat als Gespannführer - er ist schon über 50 Mal gefahren - eine andere Sichtweise auf die Wallfahrt als ich. Ich vertrete eher die städtische Sicht. Aber das ist sehr gut so. Wir haben in der kurzen Zeit gut in unsere Aufgaben gefunden.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel hat der Toni die Besprechungen mit dem Bauhof gemacht. Im Bauhof werden 15, 16 Wägen gelagert, dort hergerichtet und gepflegt und von dort zum Anspannen, etwa nach Fischbach, geliefert. Manche werden im Bauhof gebunden und geschmückt. Übrigens steht dort auch der Wagen für den Tölzer Stadtrat.

Können Sie sich noch an Ihre erste Leonhardifahrt erinnern?

Damals war ich Ministrant, das war im Jahr nach meiner Kommunion. Seither war ich nur zwei Jahre nicht bei der Leonhardifahrt dabei. Erst Ministrant, dann mit der Stadtkapelle, letztes Jahr erstmals auf dem Stadtratswagen. Beim Goaßln bin ich nachmittags auch dabei. Und das schon, seit ich 15, 16 Jahre alt war.

Anton Mayer wird wieder mit seinem Gespann an der Traditionswallfahrt teilnehmen. Wo wird man Sie sehen?

Auf dem Stadtratswagen. Ich darf die Wallfahrt eröffnen: Um 9 Uhr werde ich im Badeteil meinen Zylinder schwenken. Und nach dem Runterfahren vom Kalvarienberg darf ich in der Jägergasse stehen und mich bei jedem Gespann einzeln für die Teilnahme bedanken.

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Tölzer Leonhardifahrt
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Von Klaus Schieder

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