Im Gespräch mit einem Fitnessökonomen:"Ich lasse die Gedanken fliegen"

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Florian Wolf aus Münsing will 2021 den Maximiliansweg, der auf seinen 360 Kilometern vom Boden- bis zum Königssee auch den Südlandkreis durchquert, im Laufschritt absolvieren.

Von Arnold Zimprich

Der 39-Jährige Florian Wolf ist in Lindenfels im Odenwald geboren und aufgewachsen. Der diplomierte Fitnessökonom hat in München studiert, in Heidelberg einen Master in Sportmanagement gemacht, arbeitet bei einem Outdoorsport-Onlinehändler in Otterfing und lebt in Münsing. Wolf kommt aus einer "ganz und gar unsportlichen Familie", wie er selbst sagt.

SZ: Herr Wolf, Sie sind 2020 ungefähr 4200 Kilometer gelaufen. Wann packte Sie die Lauf-Leidenschaft?

Florian Wolf: Eher spät. Anfangs war es eine Hassliebe, erst Anfang-Mitte dreißig hat es mich voll gepackt.

Was fasziniert Sie daran?

Die Ruhe, der Rhythmus meiner Schritte auf dem Trail, der Flow, wenn die Gedanken sich vom Körper lösen und frei herumschweben, die Natur zu erkunden, das Entdecken verborgener Winkel und das Gefühl, den Elementen ausgesetzt zu sein.

Schränken die Corona-Bestimmungen Sie in der Ausübung Ihres Sports ein?

Gar nicht. Durch mehr Homeoffice bin ich sogar freier in meiner Zeiteinteilung und habe mehr Freiraum fürs Laufen. Außerdem laufe ich um des Laufens Willen, weshalb mir Wettkämpfe nicht wirklich abgehen. Ich mag eigene Projekte sowieso lieber.

Als Fitnessökonom kennen Sie sich mit Training aus, waren als Trainer in Fitnessstudios tätig. Was hat Sie dazu bewogen, den Schwerpunkt Ihrer sportlichen Aktivitäten nach draußen zu verlagern?

Die frische Luft und die Liebe zur Natur. Außerdem schätze ich Ruhe und lasse gerne meine Gedanken fliegen - das funktioniert draußen einfach besser.

Ist Ihr Wohnort Münsing bereits ein Lauf-Eldorado, oder könnte die Gemeinde noch mehr für den Individualsport tun - Stichwort Ausschilderung von Wegen?

Ich für meinen Teil brauche keine ausgeschilderten Wege. Ich bin ein Entdecker, ich liebe es, Wege und Schleichpfade zu erkunden und davon gibt es um Münsing oder am Starnberger See selbst mehr als genug. Bei durchschnittlich 80 Laufkilometern pro Woche bleibt da genug Spielraum für Neues.

Der Starnberger See ist seit Beginn der Pandemie Anlaufpunkt für noch mehr Erholungssuchende aus der Umgebung geworden. Merken Sie das?

Das ist sehr tages- und wetterabhängig, bei warmem Wetter und in der Badesaison ging es schon ganz schön zu. Aber unter der Woche, bei durchwachsenem Wetter oder kühlen Temperaturen, bin ich manchmal gefühlt ganz allein unterwegs.

2021 steht ein ganz besonderes Projekt auf der Agenda - Sie wollen den rund 350 Kilometer langen Maximiliansweg belaufen, der durch die Voralpen vom Boden- bis zum Königssee führt. Wie viel Zeit planen Sie dafür ein?

Aktuell sind sieben Tage angedacht. Ich will keine Bestzeit aufstellen, sondern meinen "Vorgarten" in seiner gesamten Länge erkunden. Deshalb setze ich mich auch nicht unter Druck, falls es doch ein paar Tage länger dauern sollte. Wenn es in kürzerer Zeit geht - auch gut. Ich mag Abenteuer vor der Haustür und finde es enorm spannend, etwas, das man fast schon als selbstverständlich hinnimmt, aus einem frischen Blickwinkel zu betrachten.

Vergangenes Jahr sind Sie den Nibelungensteig, einen 131 Kilometer langen Weitwanderweg im Odenwald, in einem Stück gelaufen. Was war das für ein Gefühl?

Es war großartig, meine alte Heimat auf diese Weise neu kennenzulernen und ihr dadurch auch ein Stück weit etwas zurückgeben zu können. Außerdem ist es gelungen, mit dieser Aktion 2.500 Euro für den WWF zum Schutz der Wälder zu sammeln.

Nicht wenige Lauf-Laien kratzen sich am Kopf, wenn sie von solchen Leistungen hören und fragen sich, ob so etwas noch gesund ist. Was antworten Sie?

Was die tägliche Trainingsroutine betrifft, sehe ich da kein Problem. Der Mensch ist für Bewegung geschaffen und ist eigentlich ein Nomade - 10-15 km pro Tag in lockerem Tempo laufen liegt in unserer DNA. Was Wettkämpfe mit 80, 100 oder mehr km angeht, darüber kann man streiten. Extreme sind nie gesund, doch es ist spannend, die eigenen Grenzen auszuloten.

Zum Schluss noch ein Trainingstipp vom Profi: Was empfehlen Sie Laufeinsteigern, die besonders angesichts der Pandemie-Bestimmungen zu den Laufschuhen greifen?

Man sollte es langsam angehen lassen und geduldig bleiben. Der Körper braucht Zeit für die Anpassungen. Die sollte man ihm auch geben, um zu einem gesunden, glücklichen Läufer zu werden. Liebe den Prozess.

© SZ vom 22.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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