SPD Icking:Was hinter den Bauernprotesten steckt

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Auch im Landkreis haben Landwirte mit ihren Traktoren an den bundesweiten Protesten teilgenommen. (Foto: Manfred Neubauer)

Zwei junge Landwirtinnen klagen bei den Sozialdemokraten über ausufernde Bürokratie und mangelnde Wertschätzung.

Von Susanne Hauck, Icking

Seit Wochen treibt es die Landwirte mit ihren Traktoren auf die Straße. Vordergründig geht es um Subventionskürzungen, doch hinter den Protesten steckt mehr. Um darüber zu reden, woher der Frust kommt, lud die SPD Icking am Donnerstag zu einer von Beatrice Wagner moderierten Diskussion mit zwei Jungbäuerinnen ein. Beide bewirtschaften am Ort einen Hof.

Die Kürzungen seien nur die letzte Kleinigkeit gewesen, um das Maß vollzumachen, ging Ruth-Maria Frech auf die aufgeheizte Stimmung im Land ein. Dass die Unzufriedenheit so groß sei, liege an der fehlenden Planungssicherheit und den andauernd neuen Auflagen, die den Bauern das Leben schwer machen würden, erklärte die 32-jährige Landwirtin und Ortsvorsitzende des Bauernverbands vor rund 25 Zuhörern. Sie führt seit sieben Jahren einen Milchviehbetrieb mit 50 Kühen in Irschenhausen.

"Wir wissen nicht, wo wir sicher investieren können."

In dieser Zeit, sagt sie, seien die "Gesetze gefühlt zweimal total über den Haufen geschmissen" und der Bürokratie-Wahn weiter verschärft worden, "bis sich keiner mehr auskennt". Die Leitlinien der EU seien das eine, aber speziell Deutschland setze "immer noch eins drauf". Sie macht sich Sorgen, dass der neue Stall, in den sie gerade ihre ganzen Einnahmen aus dem Milchverkauf steckt, wegen der neuen Tierwohlgesetze den Anforderungen bald schon wieder nicht genügen könnte. "Wir wissen nicht, wo wir sicher investieren können", klagt sie.

Dass es nicht um die aktuelle Situation mit dem Agrardiesel geht, der wie bei Frech vielleicht 2000 Euro im Jahr ausmacht, wird im Gespräch hinterher klar: Es sind Zukunftsängste, die den Landwirten zu schaffen machen. "Gerade den Kleinbauern werde riesige Investitionen abverlangt, die sich viele nicht leisten können", befürchtet auch Milchbäuerin Ingrid Holzapfel aus Degerndorf.

Den Diskussionsabend mit den Jungbäuerinnen moderierte Beatrice Wagner, SPD-Ortsvorsitzende in Icking. (Foto: Hartmut Pöstges)

Jana Burlein (24) bewirtschaftet zusammen mit ihrem Mann Stefan einen Biohof mit 15 Hektar. In ihrem kleinen Hofladen in Attenhausen verkauft sie Eier und Fleisch aus eigener Haltung. Knüppel zwischen die Beine würden ihr die starren Vergabekriterien für die Subventionen werfen, die Groß- und Kleinbetriebe über einen Kamm scheren. Um Flächenprämien zu erhalten, müssen ökologische Maßnahmen erfüllt werden, wie zum Beispiel einen gewissen Prozentsatz an Ackerfläche stillzulegen. "Mir fällt es nicht so leicht, das abzutreten wie einem Großbauern mit 120 Hektar", sagt sie. Schließlich müsste auch für einen brachliegenden Acker die teure Pacht weitergezahlt werden. Aber auch der Draht nach oben ist abgerissen: Burlein und Frech sind enttäuscht von den Grünen, die vorher viel versprochen hätten, aber nicht richtig in die Gänge kämen, obwohl eigentlich gute Vorschläge für einen Masterplan in der Schublade lägen. "Es soll endlich klar sein, in welche Richtung es geht", findet Frech.

Alle forderten mehr Tierwohl, aber keiner wolle dafür höhere Preise bei den Lebensmitteln zahlen, beklagt Stefan Burlein die zunehmende Entfremdung zwischen Stadt und Land. Er berichtet exemplarisch von einem Zusammenstoß mit einer Spaziergängerin, die ihm beim Anblick seines Biohühnerstalls auf der Wiese Vorhaltungen wegen angeblicher Massentierhaltung machte, nur um ihm im gleichen Atemzug unter die Nase zu halten, dass sein Ei 17 Cent teurer sei als beim Aldi.

"Ich kann mit meinem kleinen Hof nicht wie ein Massenbetrieb kalkulieren."

Auch in ihrem Hofladen bekomme sie oft zu hören, das alles sehr teuer sei, sagte Jana Burlein. "Aber ich kann mit meinem kleinen Hof nicht wie ein Massenbetrieb kalkulieren." Überhaupt ist es die mangelnde Wertschätzung für ihren Berufsstand, die den Frust bei den Landwirtinnen weiter anschürt und die sich etwa in Form von rücksichtslos zugeparkten und mit Hundekot-Tüten verschandelten bäuerlichen Wiesen äußert. Keiner denke darüber nach, dass das doch ihre Existenzgrundlage sei, sagt Frech. "Wir wurden schon angezeigt, weil wir am Sonntag mit dem Bulldog auf dem Feldweg unterwegs waren", so Jana Burlein. Beide wünschen sich mehr Verständnis für die Landwirtschaft, nicht nur von der Politik, sondern auch von der Bevölkerung: "Dafür dass wir Lebensmittel produzieren - und dass wir überhaupt noch da sind."

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