Kuriose Internetfunde:Ein Bulli, eine Harley und die falschen Münzen

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Auf Ebay-Kleinanzeigen und anderen Flohmarkt-Plattformen kann man mit etwas Glück nicht nur Schnäppchen machen. In den Tiefen der Inserate schlummert auch so manch spannende Geschichte

Von Silver Lucia Breitkopf und Florian Zick

Ein Flohmarkt ist wie das Leben - oder besser gesagt: eine komprimierte Form davon. Denn nirgends sonst findet man direkt nebeneinander Hochzeitsdeko, pulverbeschichtete Autofelgen, einen ledernen Pferdesattel - und die jeweils mit diesen Dingen verbundenen Geschichten. Und wie es die moderne Welt eben nun mal so will, ist das Internet dabei inzwischen der größte Geschichtenerzähler. Die einschlägigen Flohmarktseiten sind ein Panoptikum voll unerfüllter Träume, aufgegebener Leidenschaften und neuer Hoffnungen.

Einer, der gerade dabei ist, online seinen Lebenstraum zu verkaufen, ist Kirill Drobot. Der 28-Jährige aus Wolfratshausen hat bei Ebay-Kleinanzeigen derzeit einen alten VW-Bus inseriert, einen T3, Erstzulassung im März 1988. Den Bus habe er vor vier, fünf Jahren gekauft, erzählt Drobot. Der Motor sei defekt gewesen, der Lack kaputt, und hässliche Bullaugen hätte der Bus obendrein gehabt. Ein richtiges Schrottauto, würde man landläufig wohl sagen. Drobot wollte aber schon immer einen T3-Bulli fahren. "Vom Gefühl her ist das ganz was anderes als die späteren Baureihen", sagt er.

Weil Drobot aber ein Aufstelldach haben wollte, hat er sich noch einen zweiten schrottreifen Bulli gekauft. "Ich habe aus zwei Bussen einen gemacht", erzählt er. Damit waren er und seine Freundin dann viel unterwegs, in der Toskana, auf Korsika, in Frankreich. Die Garage, wo der Hobbytüftler seine Werkstatt hatte, wurde allerdings kürzlich abgerissen. Nun hat er keinen Platz mehr zum Schrauben, der Bus bleibt ein unvollendetes Projekt. Deswegen verkauft Drobot nun auch den T3.

Interessenten habe es in den vergangenen Tagen schon viele gegeben. "Millionen", sagt Drobot. Der Bulli ist schließlich so etwas wie ein Kultfahrzeug. Da stehen die Leute offenbar Schlange - auch wenn sie knapp 3500 Euro für einen über 30 Jahre alten VW-Bus hinblättern sollen.

Unter den Kleinanzeigen bei Ebay sind freilich auch allerhand Alltäglichkeiten zu finden: das alte Geschirr von der Oma, Kinderklamotten in Größe 62, ein Hometrainer, der beim Verkäufer wohl schon länger ungenutzt in der Ecke steht. Man findet aber auch immer wieder Kuriositäten. Zum Beispiel auf der Seite von Michaela Schwarzenbeck: Riesige Figuren aus Pappmaché bietet sie dort an - und manchmal auch nur Teile davon. Eine weiße Hand, 82 Zentimeter hoch und 45 Zentimeter breit. Aber auch einen riesigen blauen Hund oder ein übergroßes Clownsgesicht.

Die Figuren stammen nicht etwa aus einem Theaterfundus. Schwarzenbeck war Dekorateurin und hatte in der Region einen eigenen Laden. "Durch den Onlinehandel wurde die Nachfrage nach einer ausgebildeten Dekorateurin immer geringer", sagt sie. Daher habe sie ihr Geschäft aufgeben. Die Objekte versucht sie nun über die Kleinanzeigen loszuwerden. Dafür sei die Plattform ideal, findet die 44-jährige Wolfratshauserin, denn die Figuren seien teils viel zu groß, um sie auf einen realen Flohmarkt zu transportieren.

Beim Stöbern kann man sich in den Tiefen der regionalen Angebote bei Ebay regelrecht verlieren. Acht Wochen alte Perser-Kätzchen aus Penzberg, ein Kaltblut-Hengst aus Bad Heilbrunn, Violinunterricht in Bad Tölz. Was es mit dem echten Büffelschädel inklusive beeindruckender Hörner auf sich hat, möchte sein Verkäufer allerdings lieber nicht berichten.

Der Tölzer Makler Uwe Teschner spricht dagegen gerne über sein Portfolio. Gerade hat er eine kleine Rarität im Angebot: eine Dachgeschosswohnung im historischen Herrenhaus von Schloss Eurasburg. Mit einem Preis von knapp 750 000 Euro sicherlich nichts für einen Spontankauf. Aber auch diese Immobilie wird bei Ebay-Kleinanzeigen gelistet. Zweieinhalb Zimmer, gut 84 Quadratmeter Wohnfläche, "eine seltene Gelegenheit", wie es in der Anzeige heißt.

Es kämen immer wieder Interessenten über Ebay-Kleinanzeigen, sagt Teschner. "Ebay hat deutlich mehr Klicks als etwa Immobilienscout", erklärt er. Insofern sei das auch ein interessantes Instrument. Und die Wohnung im Herrenhaus? "So etwas gibt es nicht oft", sagt der Makler. Das sei wirklich eine absolute Seltenheit. Ein Glücksfund quasi, sagt der Tölzer. Natürlich verkaufe man so etwas Besonderes selten über die Kleinanzeigen von Ebay, aber inserieren schade nicht.

Für Sammler oder Leute, die nach etwas Besonderem suchen, kann Ebay-Kleinanzeigen eine wahre Fundgrube sein. Das Ehepaar Kimpflinger aus Wolfratshausen zum Beispiel stellte vor einigen Wochen eine Harley-Davidson ein, die lediglich in einer limitierten Auflage gebaut worden ist. Nur 1100 Maschinen dieser Art wurden 2018 zum Jubiläum des durch den Film "Easy Rider" legendär gewordenen Herstellers produziert - eine Rarität für Fans und Kenner. Wolfgang Kimpflinger machte sogar extra für diese Maschine seinen Motorradführerschein. Seine Frau Antje saß bei den Fahrten, die sie gemeinsam nach Österreich und zum Gardasee unternahmen, hinten drauf. Doch selbst das sei schon ein einzigartiges Fahrgefühl gewesen, schwärmt sie. Nun wollen sie sich von der knapp 23 000 Euro teuren Spezial-Edition mit dem schönen Namen "Fat Boy" wieder trennen. Die Unterhaltskosten für dieses Motorrad seien einfach zu hoch.

Zwar bedeutend kleiner und leichter als die "Fat Boy", aber unter Umständen gar nicht mal so viel billiger ist das, was Sarah V. (Name geändert) in der Region gerade anzubieten hat. Sie ist leidenschaftliche Sammlerin besonderer Münzen. Seit sie damit angefangen hat, zahlt sie nur noch bar, erzählt sie lachend. Ausschau hält sie nach Fehlprägungen. Die wertvollste, die sie bis jetzt ergattert hat, ist eine griechische Zwei-Euro-Münze mit einer Doppelprägung. Mehr als 4000 Euro sei sie wert. Für V. ist das Sammeln ein entspannendes Hobby und Ebay eine ideale Plattform, um ihre Münz-Funde anzubieten. Es sei so einfach und bequem, sagt sie.

Ein bisschen Ausdauer ist bei der Suche nach echten Schätzen allerdings durchaus gefragt - vor allem, wenn man ein Schnäppchen machen möchte. Eine Geschichte lässt sich letztlich aber um fast alles herum erzählen, was auf der Flohmarkt-Plattform angeboten wird. Egal, ob es dabei um seltene Münzen, besondere Immobilien oder eben um einen T3-Bulli wie den von Kirill Drobot geht. Der hat sich zusammen mit seiner Freundin inzwischen übrigens einen T4 zugelegt, das Nachfolgemodell. An dem muss man nicht mehr ganz so viel herumschrauben. Demnächst will das Paar damit zum Camping-Urlaub nach Norwegen. Wo der T3 dann herumkurvt? Das wird sein Ebay-Käufer bestimmen.

© SZ vom 12.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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