Kreispflegeheim in Lenggries:Millionenhilfe für Senioren

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Mit Darlehen und Zuschüssen aus dem Kreishaushalt soll der Bau des neuen Pflegeheims in Lenggries gelingen. Abgelehnt wurde der Antrag der SPD, den künftigen Träger zum öffentlichen Tarifvertrag zu verpflichten.

Von Klaus Schieder, Lenggries

Beim Bau des neuen Pflegeheims greift der Landkreis der Gemeinde Lenggries finanziell kräftig unter die Arme. Zum einen gewährt er der Kommune ein Darlehen von 3,5 Millionen Euro, das eine ausgedehnte Laufzeit von 40 Jahren hat, wobei die Zinsen in den ersten drei Jahrzehnten bei null Prozent liegen - erst danach werden die marktüblichen Sätze fällig. Zum anderen zahlt er einen Zuschuss von 15 000 Euro pro Pflegeplatz, was bei einem Haus mit rund 90 Betten eine Summe von 1,35 Millionen Euro ergäbe. Die Gesamtkosten für das neue Heim werden auf etwa 14 Millionen Euro geschätzt. "Das ist ein großes Entgegenkommen des Landkreises", sagte Kreiskämmerer Ralf Zimmermann am Montag im Kreisausschuss, der den mit der Gemeinde Lenggries abgestimmten Beschlussvorschlag einstimmig billigte.

Das neue Haus ersetzt das alte Kreispflegeheim, das den gesetzlichen Anforderungen an die Pflege (AVPfleWoqG) nicht mehr entsprach. Dort zeichnete die Kreisklinik Wolfratshausen mehr als 40 Jahre lang für den Betrieb verantwortlich. Durch die erforderliche Sonderabschreibung in der Jahresrechnung wird das Krankenhaus einen Verlust von etwa 637 000 Euro verbuchen, den jedoch der Landkreis ausgleicht. Die Restschuld aus den Krediten, die für den damaligen Erweiterungsbau am Kreispflegeheim gewährt worden waren, in Höhe von 491 000 Euro übernimmt die Gemeinde - sofern sie diesen Trakt anderweitig nutzt. Wenn nicht, tilgt der Kreis auch diese Schuld.

"Wir leisten schon einen großen Beitrag, das sollte hier nicht untergehen", betonte Hans Sappl (Freie Wähler). Schließlich werde der Landkreis den weitgehend zinslosen Kredit von 3,5 Millionen Euro nicht aus den Rücklagen zahlen können. Dem stimmte Kreiskämmerer Zimmermann zu. Auf dem Kapitalmarkt werde man selbst sicher kein Darlehen mit einem Zinssatz von null Prozent erhalten, sagte er. "Das wird den Haushalt des Landkreises schon massiv belasten." Dem hielt der Lenggrieser Bürgermeister Werner Weindl (CSU) entgegen, dass sich ja auch das interkommunale Hallenbad in Geretsried auf die Kreisfinanzen niederschlage. Das werde für die Jugend gebaut, in Lenggries entstehe etwas für alte Menschen.

Klar ist, dass sich Landkreis und Gemeinde einen neuen Betreiber suchen müssen. Eine offene Ausschreibung wird es nicht geben, um nicht Firmen von Irgendwoher anzulocken, die vorrangig profitorientiert sind. Stattdessen wolle man selbst auf circa zehn Betreiber zugehen, die im Landkreis und der Region schon angesiedelt sind, wie Weindl erklärte. In einem Exposé sind die Bedingungen für das neue Pflegeheim festgezurrt, die ein Träger erfüllen muss.

So muss er das Personal des Kreispflegeheims übernehmen. Die Rechte der Beschäftigten seien durch eine "dynamische Besitzstandswahrung" zu sichern, sagte Wolfgang Krause, Geschäftsführer im Landratsamt. Dies betrifft insbesondere die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Die Zahl der Pflegeplätze ist nicht vorgegeben, sie muss aber so groß sein, dass das Heim wirtschaftlich zu führen ist. Also zumindest 80, wie Kraus verdeutlichte. Kurzzeit- und Tagespflegeplätze sind ebenso vorzuhalten wie solche für Demenzkranke. Außerdem wird ein Konzept verlangt, "das konkret erkennen lässt, welche Qualität in der Pflege unter Abdeckung der Pflegegrade zu erreichen ist, wie sich diese von Mindeststandards abhebt", so Krause. Auf der Suche nach einem passenden Betreiber holen sich Landkreis und Gemeinde den Rat der Arbeitsgruppe für Sozialplanung und Altersforschung (AfA) München, wofür nochmals 12 000 Euro bereitgestellt werden.

Eine längere Debatte kreiste um den Antrag der SPD-Fraktion, die den Träger dazu verpflichten will, die Angestellten nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TvöD) zu bezahlen, auf Leiharbeit und sachgrundlose Befristungen zu verzichten. "Wir sehen das langfristig für die Beschäftigten", sagte Reiner Berchtold (SPD). Zudem würden Betriebe, "die gewinnmaximierend unterwegs sind", so gleich erkennen, dass sie keine Chance hätten. Der SPD komme es darauf an, eine Zwei-Klassen-Gesellschaft unter der Belegschaft des neuen Heims von Vorneherein zu verhindern.

Landrat Josef Niedermaier (FW) zeigte sich skeptisch. Im TvöD seien die Einstiegsgehälter um einiges schlechter als sonst in einschlägigen Tarifverträgen, sagte er. Diese Differenz bezifferte er auf 300, 400 Euro im Monat. Auch Leiharbeit werde sich, wie Erfahrungen im Kreispflegeheim und der Kreisklinik zeigten, kaum vermeiden lassen, um Lücken zu schließen. Aber vor allem: Tarifpolitik sei nicht Sache des Landkreises. Ein Urteil, welcher Vertrag der bessere sei, möge er sich nicht anmaßen, sagte Niedermaier. Ähnlich äußerte sich Weindl: "Wenn der TvöD vorgeschrieben wird, mache ich mir große Sorge, dass von den etwa zehn Betreibern, die wir anschreiben wollen, keiner antwortet." Der SPD-Antrag wurde gegen die Stimmen von Berchtold, Klaus Koch und Gabriele Riegel (beide Grüne) abgelehnt.

© SZ vom 02.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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