Kommunalwahl in Geretsried:Ende einer Parteifreundschaft

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Es war einmal: Als Michael Müller (rechts) 2014 zum Bürgermeister gewählt wurde, war Volker Reeh (links) noch einer seiner Unterstützer. (Foto: Manfred Neubauer)

Um den CSU-Stadtrat Volker Reeh sammeln sich in Geretsried Kandidaten für eine neue Liste. Wolfgang Möckel geht zu den Freien Wählern

Von Felicitas Amler, Geretsried

In Geretsried formiert sich zur Kommunalwahl 2020 eine neue Liste. Motor ist der von seiner Partei nicht mehr nominierte CSU-Stadtrat Volker Reeh, der sich nach seinen eigenen Worten von der Parteispitze "gemobbt" fühlt. "Aus der Bevölkerung" erfahre er viel Unterstützung für eine neue Gruppierung, sagt Reeh. Die Frage, ob es sich bei möglichen Mitstreitern vor allem um kritische Anwohner des gerade umgestalteten und neu bebauten Karl-Lederer-Platzes handle, verneint er. Es gehe allgemein um eine "Unzufriedenheit mit der derzeitigen politischen Situation". Themen wie Wachstum und Infrastruktur spielten eine Rolle. Bürgermeister Michael Müller (CSU) weist Reehs Kritik, die sich namentlich an ihn richtet, zurück.

Reeh, 64, ist seit 35 Jahren in der CSU, für die er seit 24 Jahren im Stadtrat sitzt. Er war Fraktionsvorsitzender und Wirtschaftsreferent. In Sachen Karl-Lederer-Platz war er vom Kurs der CSU abgewichen, der von Bürgermeister Müller nach dessen Amtsantritt 2014 vorgezeichnet worden war. Reeh hatte die Beschlüsse für die massive Neubebauung des Platzes nicht mitgetragen. Das in der Anfangszeit der Planungen vielfach, auch in der Bürgerschaft, als "Klotz" kritisierte siebengeschossige Gebäude der Wolfratshauser Krämmelgruppe, das offiziell als "Puls G" bezeichnet wird, hatte er in dieser Ausformung abgelehnt. Seitdem, so Reeh, sei er in der Fraktion "Stück für Stück ins Abseits" gestellt worden.

Er lastet dies im Gespräch mit der SZ, zunächst ohne Namen zu nennen, "der CSU-Spitze" an. Er habe mehrmals mündlich wie schriftlich um Gespräche gebeten, auch solche mit einem Moderator, sei aber immer abgewiesen worden: "Ich habe das mehr als zwei Jahre angemahnt, es wurde mir stets verweigert." Reeh erwähnt den Ortsvorsitzenden Ewald Kailberth und sagt dann auf Nachfrage, wer die Gespräche abgelehnt habe, doch: "Der Bürgermeister."

Müller: "Er will doch gar nicht"

Müller erklärt, es habe Gesprächsangebote an Reeh gegeben, die dieser abgelehnt habe; auf konkret anberaumte Termine habe er nicht reagiert. "Er will doch gar nicht", sagt Müller über den Parteikollegen, der nicht mehr auf der CSU-Stadtratsliste steht. Reeh habe "die Ablehnung des Zentrums auf meine Person projiziert". Den Vorwurf des Mobbings weist der Bürgermeister zurück. Man müsse sich mit Mehrheitsentscheidungen auch einmal abfinden, sagt er über die Stadtratsarbeit. Und über seine Rolle: "In diesem Amt können Sie es nicht jedem recht machen."

Als die CSU im Oktober ihre Stadtratsliste aufstellte und ohne weitere Diskussion - die auch aus der Mitte der Versammlung nicht gefordert wurde - en bloc darüber abstimmen ließ, standen weder Reeh noch Wolfgang Möckel darauf. Der erste war gar nicht gefragt worden; der zweite hatte den ihm angebotenen Listenplatz 13 abgelehnt - und geht nun zu den Freien Wählern.

Möckel lässt sich auf Nachfrage nicht zu Details seiner Verärgerung ein. Als offiziellen Grund seiner Abkehr von der CSU, aus der er anders als Reeh auch ausgetreten ist, nennt er "eine andere strategische Ausrichtung". Dem Vernehmen nach hat Möckel, der dem Vorstand angehörte, sich für mehr junge Leute auf den als sicher geltenden ersten Listenplätzen eingesetzt. Er selbst ist 49 Jahre alt, hatte 20 Jahre lang der CSU und 14 Jahre lang der CSU-Stadtratsfraktion angehört.

Wohin er sich nun orientiert, kann jeder sehen, der die Facebook-Seite der Freien Wähler (FW) Geretsried verfolgt. Dort sind Fotos der FW-Klausurtagungen zur Kommunalwahl abgebildet. Und da steht und sitzt Möckel neben der Vorsitzenden Ann-Kathrin Güner, den Stadträtinnen Sonja Frank und Heidi Dodenhöft oder dem Jungmitglied Felix Leipold.

Die Freien Wähler stellen ihre Stadtratsliste am Freitag, 29. November, auf. Reeh antwortet auf die Frage, ob sich für seine Liste 30 Kandidaten finden - so viele Sitze hat der Stadtrat -, das sei ja nicht nötig. Tatsächlich können Listenplätze bis zu dreimal mit derselben Person besetzt werden. Ein CSU-Mitglied kann für eine Gruppierung, nicht aber für eine andere Partei kandidieren.

© SZ vom 19.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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