100-jähriges Bestehen:"Egal, was du machst oder bist, du bist willkommen"

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Neun Jahre lang saß Karin Wandinger dem Bezirksverband vor. Dann ist sie vom Posten zurückgetreten, "weil es auch mal frischen Wind braucht", wie sie sagt. Heute ist sie stellvertretende Vorsitzende und Schriftführerin. (Foto: Hartmut Pöstges)

Seit hundert Jahren gibt es den Kolping-Bezirksverband Bad Tölz-Wolfratshausen-Miesbach. Die stellvertretende Vorsitzende Karin Wandinger weiß, was sie an der Idee der Kolping-Familien schätzt.

Von Veronika Ellecosta, Wolfratshausen

Bevor sich die einzelnen Kolpingfamilien zwischen Wolfratshausen und Miesbach 1923 zu einem Bezirksverband zusammenschlossen, hatten sich einige von ihnen in den einzelnen Kommunen schon länger etabliert, erzählt Karin Wandinger, die stellvertretende Vorsitzende des Bezirksverbands Bad Tölz-Wolfratshausen-Miesbach. So fand dessen Gründungsversammlung vor hundert Jahren in Bad Tölz gemeinsam mit den Familien Lenggries, Miesbach, Holzkirchen und Hausham statt. Und auch die Familie Wolfratshausen, Wandingers Kolpingheimat seit Kindesbeinen, gab es schon seit 1851. Adolph Kolping selbst, sagt sie, sei hier auch schon durchgereist.

Der Theologe und Gründervater baute das Kolpingwerk ursprünglich auf, um jungen Handwerkern eine Starthilfe ins Leben zu geben. Gesellenheime boten den jungen Männern auf der Walz günstige Wohnmöglichkeiten. Die einstigen Kolpinghäuser und mit ihnen die Familien hätten sich im vergangenen Jahrhundert aber gewandelt, sagt Wandinger. Geblieben sei die Idee, dass der Geldbeutel nicht darüber entscheide, wer zu Kolping gehöre. "Egal was du machst oder was du bist, du bist willkommen", fasst es Wandinger zusammen.

Jede Kolpingfamilie legt ihren eigenen Schwerpunkt fest

Heute besteht der Bezirksverband aus 15 Kolpingfamilien, die jeweils ihre eigenen Schwerpunkte setzen: In Waldram etwa engagieren sich junge Familie für Zeltlager-Aktionen und Radausflüge, in Dietramszell bemüht sich die Kolpingfamilie um Seniorenarbeit, in Geretsried wird für gemeinnützige Zwecke gesammelt. In Wolfratshausen würden der seit etwa 70 Jahren bestehende Rosenmontagball und der Nikolausdienst in der Adventszeit gut angenommen. Während Corona habe der Nikolaus kurzerhand anstelle von Hausbesuchen auf Open-Air umgestellt, erzählt Wandinger: "Wir sind auf einer Kutsche durch die Stadt gefahren, haben angehalten und Säckchen für die Kinder verteilt. Die Leute sind mit Glühwein zusammengekommen, schön war das", schwärmt sie.

Auch auf Bezirksebene gibt es heute Fixpunkte im Kalenderjahr: So findet eine jährliche Bezirksmesse auf dem Wallberg am Tegernsee Anfang Juli und bei jedem Wetter statt. Daneben werden Themen- und Besinnungstage veranstaltet, ein Bezirkszeltlager für Familien in Friaul-Julisch Venetien und Bezirkswallfahrten, "wo wir immer unbekannte Ecken kennenlernen", wie Wandinger erzählt. Besonders findet sie auch die traditionelle Bezirksmaiandacht der Kolpingfamilie Bad Tölz. Dieses Jahr wurde in der Tölzer Mühlfeldkirche dabei auch das hundertjährige Jubiläum begangen.

Der Bezirksverband versucht, sein Angebot anzupassen

Und auch wenn der Glaube im Alltag der Menschen zunehmend an Bedeutung verliere, bleibe die Mitgliederzahl beim Kolpingwerk konstant, sagt Wandinger. Das erklärt sie sich vor allem damit, dass viele Programmpunkte für alle offen seien. "Kolping ist ein eigener Schlag, da ist der Glaube weniger wichtig." Dennoch suchen viele Kolpingfamilien nach jugendlichem Nachwuchs: "Es gibt so viele anderen Vereine, wo Jugendliche ihren Interessen nachgehen können. Aber bei Kolping gibt es ein zwangloses Miteinander, wo niemand was leisten muss", betont sie.

Gleichzeitig versuche der Bezirksverband auch, sich zeitgemäßer aufzustellen. 2018 veranstaltete er erstmals eine Podiumsdiskussion für die Bezirkstagswahl, zu der alle Kandidatinnen und Kandidaten außer denen der AfD eingeladen waren. Die Veranstaltung habe regen Anklang gefunden, sagt Wandinger. Deshalb plane der Bezirksverband ein solches Format auch für die Bundestagswahl 2025. Zudem gibt es ein Seminar für Paare, die heiraten oder sich einander wieder annähern möchten, das gut besucht sei. "Wir probieren Dinge aus und behalten das bei, wo wir merken, es gibt Interessenten."

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