Luxus-Bauvorhaben:Asklepios will Privatklinik am Kochelsee errichten

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Das sogenannte Verdi-Heim am Kochelsee wurde 2022 abgerissen. Nun soll auf dem Grundstück eine Privatklinik entstehen. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Gemeinderat billigt einstimmig den Bauantrag für das einstige Verdi-Areal.

Von Petra Schneider, Kochel am See

Seit mehr als 20 Jahren liegt das Verdi-Areal am Ufer des Kochelsees brach, im vergangenen Jahr wurde das Gebäude im Bauhaus-Stil abgerissen. An dessen Stelle sollte eigentlich ein Hotel samt Ferienwohnungen entstehen, das hatte Thomas Gerl, Geschäftsführer der Straubinger Projektentwicklungsgesellschaft, noch im Februar 2022 erklärt. Diese Pläne sind vom Tisch. Denn nun liegt ein Bauantrag des Asklepios-Konzerns vor, der auf dem 1,4 Hektar großen Areal eine Privatklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik vorsieht. Ein Megaprojekt, "das seinesgleichen sucht", wie der stellvertretende Bürgermeister Thomas Eberl (UWK) am Dienstag im Gemeinderat erklärte.

Auch im Gremium sorgte das Projekt für Zustimmung, der Bauantrag wurde einstimmig gebilligt. Auf dem Grundstück in Premiumlage am See ist ein großer Komplex mit drei Gebäudeteilen auf einer Nutzfläche von 14 750 Quadratmetern geplant. 81 Plätze soll die Privatklinik bieten, in der Privatversicherte oder Selbstzahler in sechs- bis achtwöchigen Kuren vor allem negative Stressfolgen bewältigen sollen: Burn-out, Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen, Schlafstörungen oder ADHS. Nicht zu den Indikationen gehören etwa Demenz, Suchterkrankungen, Schizophrenie oder psychische Erkrankungen, die mit Eigen- oder Fremdgefährdung einhergehen. Betreiber der Klinik im Fünfsternesegment ist die Blomenburg Holding, die zum Asklepios-Konzern gehört. Die Holding betreibt bereits eine ähnliche Klinik in Selent bei Kiel.

Schwimmbad, Sauna und Tennisplatz auf dem Dach

Der Bauantrag sieht einen Komplex mit sechs "Häusern" vor, die miteinander verbunden sind. 80 Tiefgaragen- und 15 oberirdische Stellplätze soll es geben. Zur Energieversorgung ist eine Wärmepumpe mit Solarthermie und Photovoltaik geplant, die Flachdächer sollen begrünt werden. Zwei bereits bestehende Gebäude werden in den Klinikkomplex integriert: Ein Haus im Südwesten des Geländes am Seeufer soll zu Aufenthalts- und Therapieräumen umgebaut werden. In einem neuen Anbau sind dort Foyer und Restaurant geplant. Ein weiterer Bestandsbau im Osten wird künftig für Therapie und Verwaltung genutzt. In vier länglichen oder L-förmigen Neubauten mit drei bis vier Geschossen werden die Patientensuiten untergebracht. In einem der Häuser ist ein Medical Spa mit Schwimmbad, Sauna und Dachterrasse geplant. Auch einen Tennisplatz auf einem Dach soll es geben.

Der Flächennutzungsplan sieht auf dem Areal ein "Sondergebiet für Fortbildung und Erholung vor", das Vorhaben entspreche auch dem Bebauungsplan, sagte Eberl. Allerdings werden die Baugrenzen um zehn Prozent überschritten, ebenso die Geschosszahl auf einem Haus. Insgesamt betrage die Überschreitung rund 500 Quadratmeter; vor allem wegen der Verteilerflure, die nötig seien, damit eine zusammenhängende Erschließung im Haus möglich sei.

Das Vorhaben sei "beeindruckend", sagte Eberl. Der Gemeinderat sah das ähnlich. "Das ist ein Wahnsinnsprojekt und sicher toll für Kochel", sagte Bettina Sindlhauser (Freie Bürger Ried). Ihre Frage, ob die Cafeteria der Öffentlichkeit zur Verfügung stehe, verneinte Eberl. Der Asklepios-Konzern habe mitgeteilt, dass man davon Abstand genommen habe, weil dies Mehrkosten von einer halben Million Euro verursachen würde. Außerdem wäre der Schutz der Privatsphäre der Patienten nicht gewährleistet. Nachfragen gab es auch bezüglich der Fassadengestaltung des großen Gebäudekomplexes. "Ist das Holz oder angemalter Beton"?, fragte Rosi Marksteiner (Mitte). Es gebe verbindliche Festsetzungen im Bebauungsplan, erklärte Eberl. "Ich habe größtes Vertrauen in den Antragsteller." Frank Sommerschuh (FW) merkte an, dass keine Personalwohnungen geplant sind. Die Problematik sei dem Antragsteller bekannt, sagte Eberl. Möglicherweise werde ein Wohnbauprojekt an anderer Stelle verwirklicht, momentan sei aber nichts in Planung.

Vom Projektentwickler gibt es derzeit keine Stellungnahme

Über einen Baubeginn ist im Rathaus bislang nichts bekannt, erst müsse das Landratsamt die Baugenehmigung erteilen, erklärt Geschäftsleiterin Nicole Lutterer auf Nachfrage. Mit der geplanten Privatklinik könnte das Verdi-Areal nach Jahren neu belebt werden. Das 1930 als "Ferienheim für Arbeiter, Angestellte und Beamte" gebaute Haus wurde später von der Gewerkschaft Verdi übernommen und als Bildungsstätte betrieben. Bei einem Brand samt Löschwasserschaden im Jahr 2001 wurde es stark in Mitleidenschaft gezogen. Zehn Jahre später verkaufte Verdi das Gebäude, das das Landesamt für Denkmalpflege nach einer Prüfung im Jahr 2011 nicht in die Denkmalliste aufgenommen hatte, an den Münchner Unternehmer Bert Bleicher. Dieser äußerte bereits ein Jahr später Zweifel, ob sich auf dem Areal ein Luxushotel wirtschaftlich betreiben lasse. Ende 2015 verkaufte er das Verdi-Haus an die Straubinger Projektentwicklungsgesellschaft.

Deren Geschäftsführer Thomas Gerl hielt sich über Planungen bedeckt. Im vergangenen Jahr flammte die Debatte über eine Denkmalwürdigkeit des Gebäudes erneut auf. Weil der Verfall aber bereits zu weit fortgeschritten war, wurde es im April 2022 abgerissen. Über den Deal mit Asklepios möchte sich Gerl derzeit nicht äußern. Man habe mit dem Konzern vereinbart, "momentan keine Statements abzugeben", erklärt er auf Nachfrage. Im Gemeinderat ist man offenbar froh, dass es nun konkrete Pläne gibt. Dass der Bauantrag für die Privatklinik einstimmig gebilligt wurde, sei "ein sehr deutliches Signal", sagte Eberl.

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