Saisonende:Wie die Glentleiten winterfest wird

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Josef Pongratz schützt die Fenster mit den Blenden. (Foto: Manfred Neubauer)

Das Freilichtmuseum in Großweil hat für dieses Jahr seine Tore geschlossen. Hinter ihnen aber herrscht geschäftiges Treiben: Die Mitarbeiter müssen 100 Betten abziehen, Fensterläden schließen und so manches reparieren.

Von Alexandra Vecchiato, Großweil

Die kleine Gänseschar schnattert vor Aufregung. Endlich schauen ein paar Leute vorbei, vielleicht haben sie ja einige Leckerbissen. Ansonsten stehen keine Tiere mehr auf den Wiesen und in den Gattern. Ziege, Schweine, Kühe, Hühner und Schafe sind schon seit Längerem in ihre Winterquartiere im Tal umgezogen. Im November hat das Freilichtmuseum Glentleiten seine Tore für die alljährliche Winterpause geschlossen. Von der staaden Zeit ist allerdings noch nichts zu spüren in der Einrichtung des Bezirks Oberbayern. Die Gebäude, die Maschinen, die Gärten und vieles mehr müssen sozusagen eingemottet werden. Das reicht vom Bettenabziehen, über Fensterläden schließen bis zum Aufhängen großer Planen, die die Wetterseite mancher historischer Häuser schützen sollen. So lange es die Temperaturen es zulassen, werden ferner Reparatur- oder Aufbauarbeiten erledigt.

Christian Liebl (links) und Josef Pongratz tragen eine Hausbank in den Hodererhof. (Foto: Manfred Neubauer)

Josef Pongratz und Christian Liebl sind es gewohnt anzupacken. Eine Hausbank am Hodererhof, der einst in Kochel am See stand, muss ins Haus getragen werden. Für die beiden kräftigen Männer kein Thema. "Mei, des is halt eine Arbeit, die gemacht ghört", sagt Liebl. "Das sind die Saisonabschlussarbeiten", meint Pongratz, der seit 32 Jahren auf der Glentleiten arbeitet und das Gelände in- und auswendig kennt. Hausbänke ins Trockene bringen ist beileibe nicht der einzige Handgriff in diesen Tagen. Die Brunnen etwa müssen geleert, das Wasser abgestellt werden. "Timing ist dabei alles", erzählt Melanie Bauer, zuständig im Freilichtmuseum für die Öffentlichkeitsarbeit. 60 Mitarbeiter hat das Museum. Circa 15 helfen mit, alles für die Winterpause vorzubereiten. "Wir sind alle auch im Winter hier heroben, bis auf die Mitarbeiter vom Besucherservice, die Kassen- und die Reinigungskräfte", erzählt Bauer. Vor allem der Bauhof hat einiges zu tun. Dort arbeiten Maurer, Zimmerer, Schreiner, Elektirker und ein Anlagenmechaniker für die Heizung. So lange es die Witterung zulässt, wird am neuen Aufbauprojekt gearbeitet. Auch Gärtner gehören zum Trupp der Glentleiten. Sie kümmern sich um mehr als 25 Gärten und 100 Obstbäume.

Andrea Ehemann (rechts) und Marion Goldhofer ziehen die Bettwäsche ab und legen die Plumeaus auf Latten, damit sich keine Mäuse einnisten können. (Foto: Manfred Neubauer)

Doch zurück zum Timing: Erst wenn in den Häusern geputzt ist, werden die Fensterläden geschlossen. "Wenn es welche gibt. Nicht alle Häuser haben Läden", sagt Bauer. Im Mirznhäusl aus Grünwald sind Maria Goldhofer, Elfriede Mangold und Andrea Ehemann fleißig. Sie ziehen die Bettwäsche ab. Die Teile werden in Plastiksäcke gesteckt, um anschließend gewaschen und gebügelt zu werden. Das geschieht nicht willkürlich, sondern folgt einer Systematik. Alles werde penibel beschriftet, erzählen die drei. Schließlich soll die richtige Wäsche im kommenden Jahr auch wieder ihren Weg ins richtige Haus finden. Die Winterpause wird obendrein dazu genutzt, die Textilien auszubessern und Knöpfe anzunähen. "Das macht unsere Restauratorin", sagt Bauer.

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Das Bettzeug, das in den Häusern verbleibt, wird besonders gelagert: Holzstangen werden auf das Bettgestell gelegt, darauf dann Zudecke und Kopfkissen. So kämen einerseits die Mäuse nicht so leicht ran, andererseits würden die Teile gut durchlüftet, wissen Goldhofer und Mangold zu berichten. "Was wir tun, sind konservatorische Maßnahmen", erzählt die Pressesprecherin. Im Fachjargon heißt das "präventive Konservierung". Dass sei das Prinzip, "das wir verfolgen", so Bauer. An die 100 Betten haben die Frauen abzuarbeiten. "In der Regel brauchen wir 14 Tage, um das Freilichtmuseum winterfest zu machen", sagt Bauer.

Melanie Bauer, Pressesprecherin im Freilichtmuseum Glentleiten, wird es auch im Winter nicht langweilig. Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen haben in der stillen Zeit vieles zu erledigen. (Foto: Manfred Neubauer)

Beim Wohnhaus aus Resten im Berchtesgadener Land müssen die sogenannten Winterfenster eingesetzt werden. Dabei handelt es sich um ein zusätzliches Element, das in der kalten Jahreszeit in die Fensterlaibung eingesetzt wird. Auf diese Weise entsteht ein Kastenfenster, das in Zusammenspiel mit dem bestehenden Fenster die Wärme im Raum hält. Heike Inanger, die im Freilichtmuseum für die Dokumentation zuständig ist, hat das Kommando. Nicht jedes Winterfenster passt zu jeder Laibung. So wird das Einsetzen fast zu einem Puzzle. Aber den Profis gelingt auch diese Aufgabe.

Die Gänse laufen noch frei herum, alle anderen Tiere sind im Tal. (Foto: Manfred Neubauer)

In dem Wohnhaus, das zu einem Zweihof gehört - das Stallgebäude steht extra - hat das Museumsteam die Technik, die in den historischen Häusern steckt, sichtbar gemacht: und zwar im modernen Keller, wie ihn etliche alte Gebäude auf der Glentleiten haben. Schließlich braucht es Elektrik für Licht und Heizung. "Wir schauen, dass allzu große Temperaturschwankungen vermieden werden", sagt Bauer. Auf dem Rückweg zeigt sie auf ein Haus mit Markise. Das stammt aus Rottach-Egern, wo Tourismus seit Langem eine große Rolle spielt. Der Sonnenschutz war wegen der Urlauber angeschafft worden. Nun muss auch er abgebaut und hinein getragen werden.

"Uns wird nicht langweilig", sagt Bauer. Das Museumsteam nutze die stillen Tage, um das Programm für das kommende Jahr zusammenzustellen, Workshops zu organisieren und Ausstellungen vorzubereiten. Denn schneller als gedacht ist wieder Frühjahr. Saisonstart ist an Josefi, dem 19. März 2023.

Informationen unter www.glentleiten.de

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