Kochel am See:Damit im Notfall alles klappt

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Feuerwehr, Rettungsdienst und Bahn-Experten üben gemeinsames Vorgehen bei einem Zugunglück.

Von Barbara Briessmann, Kochel am See

Wo verlaufen die Stromleitungen im Gleis und wie kommt man überhaupt in den Zug, wenn der Zugführer nicht ansprechbar ist? Um diese und andere Fragen ging es bei einer gemeinsamen Übung von Feuerwehr, Rotem Kreuz und Bahn-Experten im Kochel am See. Trauriger Anlass war der Unfall an dem unbeschrankten Bahnübergang im Kochler Ortsteil Ried. Am 30. September 2016, einem Mittwoch, stießen gegen 15 Uhr der Regionalzug aus Tutzing und ein Traktor samt Heuballen-Anhänger zusammen.

Der 48-jährige Landwirt wurde eingeklemmt, musste von der Feuerwehr befreit werden. Mit schwersten Verletzungen wurde er in die Unfallklinik Murnau geflogen. Der Lokführer und der Zugbegleiter kamen verletzt ins Krankenhaus. Die zehn Fahrgäste blieben unverletzt. Die eingleisige Bahnstrecke war zwischen Benediktbeuern und Kochel bis zum Abend des darauffolgenden Tags gesperrt. An dem Großeinsatz waren damals neben dem Bayerischen Roten Kreuz rund 50 Einsatzkräfte mehrerer Feuerwehren mit zwölf Fahrzeugen beteiligt.

Jörg Meyer, stellvertretender Leiter des Rettungsdienstes im BRK-Kreisverband Bad Tölz-Wolfratshausen, begrüßt die gemeinsame Übung: "Im Ernstfall arbeiten wir ja auch zusammen." An der Übung nahmen Feuerwehren aus dem Loisachtal und BRK-Einsatzleiter aus den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen sowie Weilheim-Schongau teil. Sie wurden von Notfallfachleuten der Deutschen Bahn und dem Betreiber des Triebzugs BR 422 geschult, der auf der Strecke Tutzing-Kochel eingesetzt wird. "Jetzt sind wir alle auf einem Stand", freut sich Meyer.

Bei der Fortbildung in Kochel waren 35 Retter dabei: Die BRK-Einsatzleiter aus den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen und Weilheim-Schongau sowie Feuerwehrleute aus Schlehdorf, Kochel, Ried, Benediktbeuern, Bichl und Penzberg. Acht Bahnmitarbeiter aus dem Notfallmanagement unterrichteten die Teilnehmer in Theorie und Praxis. "Wen spreche ich im Notfall bei der Bahn an?", nennt Meyer vom Roten Kreuz als Beispiel. Viele seien verwirrt wegen der Zuständigkeiten bei der Bahn. Die DB Netz stelle die Gleise zur Verfügung, aber DB Regio sei für den Zugverkehr darauf verantwortlich. "Beim Einsatz ist es wichtig, sofort den richtigen Ansprechpartner zu erreichen", sagt Meyer.

Für den praktischen Fortbildungsteil hatte die Bahn extra einen Triebzug der Baureihe 442 von München nach Kochel geschleppt, wie Meyer berichtet. So konnten sich die Teilnehmer mit den technischen Besonderheiten vertraut machen. Wie die Rettungskräfte überhaupt an die Unfallstelle gelangen, und wie sie in den Zug kommen, waren Fragen, die bei der Übung erklärt wurden. Zudem wurden die Sicherheits- und Rettungseinrichtungen begutachtet. Es sei auch wichtig zu klären, wie die Strecke gesperrt werden könne, sagt der BRK-Einsatzleiter Meyer. Außerdem erklärten die Bahn-Experten, wie der Triebwagen angehoben werden kann, um eine Person von den Gleisen zu retten.

"Die Fortbildung hat gezeigt, welchen hohen Stellenwert das Notfallmanagement bei der Deutschen Bahn hat und wie wichtig ihnen die Aus- und Fortbildung der Einsatzkräfte ist", sagt Meyer. So könne man im Unglücksfall die schnellst- und bestmögliche Hilfe für die Reisenden sicherstellen. Er nennt dieses Engagement der Bahn und die Übung "hervorragend". Außerdem wünscht er sich, dass öfter gemeinsame Fortbildungen von Feuerwehr und Rettungsdiensten stattfinden. "Im Notfall vor Ort müssen wir an einem Strang ziehen." Vom Triebwagen 442 kennt Meyer jetzt viele technische Details. "Leider dürfen wir den nicht selbst fahren", sagt er und lacht.

© SZ vom 22.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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