Historische Bausubstanz:Verdi-Heim ist Kandidat für den "Abriss des Jahres"

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Das Verdi-Heim in Kochel ist kein eingetragenes Baudenkmal. Es wurde 1930 im Bauhaus-Stil erbaut und verfügte über eine wechselhafte Geschichte. Eine Aufnahme in die Denkmalliste wurde zweimal abgelehnt. Der Grundeigentümer wird auf die Fläche vermutlich ein Hotel bauen. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Heimatpfleger-Verband sucht den "bittersten Verlust" abgebrochener Bauten in Bayern.

Von Benjamin Engel, Kochel am See

Der Landesverein für Heimatpflege protestiert gegen einen ignoranten Umgang mit historischer Bausubstanz und sucht den "Abriss des Jahres". Unter den zwölf Gebäuden, die der Verein dazu auf seiner Internetseite präsentiert, ist auch das in diesem Jahr abgebrochene so genannte Verdi-Heim am Kochelsee zu finden. Aus der Liste kann die Bevölkerung den aus ihrer Sicht "bittersten Verlust" wählen, wie der Verein mitteilt. Mit dieser Aktion wolle der Heimatpfleger-Verband darauf hinweisen, dass der Denkmalschutz in jüngster Zeit ins Hintertreffen geraten sei und zu oft ignoriert werde.

"Wir beobachten mit großer Sorge, dass Denkmäler und auch ältere Gebäude, die nicht auf der Denkmalliste stehen, viel zu stiefmütterlich behandelt werden", erklärt der Geschäftsführer des Landesvereins, Rudolf Neumaier. Gleichwohl sei die Baukultur für Bayern genauso bedeutend wie Bräuche, Mundart und Trachten.

Das Verdi-Heim in Kochel am See - ein ehemaliges Ferienheim und Gewerkschaftshaus - zählte zu den beispielhaften Gebäuden der alpenländischen Moderne im Bauhaus-Stil. Das 1930 unter Leitung des Architekten Emil Freymuth errichtete Haus mit seiner charakteristischen konkaven Fassadenkrümmung hatte eine wechselvolle Historie. 2011 verkaufte die Gewerkschaft das Gebäude. Es folgte eine Phase im Dornröschenschlaf. Pläne, das Haus zu einem Hotelkomplex umzubauen, zerschlugen sich. Der Eigentümer wechselte. Schließlich riss die Kochel Grundbesitz GmbH des Immobilien-Investors Thomas Gerl mit Sitz in Straubing das Gebäude auf dem 1,4 Hektar großen Areal am Seeufer ab.

Vergeblich hatten dies Architektur- und Kunsthistoriker zu verhindern versucht. Der Weilheimer Architekt Heiko Folkerts strengte eine Petition beim bayerischen Landtag an. Zu den Unterstützern zählte etwa Professor Winfried Nerdinger, Präsident der Akademie der Schönen Künste und Mitglied im Landesdenkmalrat. Dieses Gremium entschied im Februar dieses Jahres jedoch mehrheitlich, das Verdi-Heim nicht unter Denkmalschutz zu stellen. 2011 hatte dies bereits das Landesamt für Denkmalpflege abgelehnt.

Zu den für den "Abriss des Jahres" vorgeschlagenen Bauten zählen zudem die Außenanlage des DAV-Kletterzentrums München-Süd, Schloss Mengkofen in Niederbayern oder das Stahlwerk Maxhütte. Der Landesverein verlost drei Exemplare des Buches "Das Burggütl" an alle, die mitwählen (am besten per Mail an info@heimat-bayern.de).

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:Abriss am Kochelsee

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Von Claudia Koestler

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