Jobmesse im Tölzer Landratsamt:Mehr Firmen, kaum Fachkräfte

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Steter Andrang herrscht auf der Jobmesse im Tölzer Landratsamt, die das Jobcenter Bad Tölz-Wolfratshausen und Andreas Munkert (re., vorne), Vorsitzender des Unternehmervereins "Wir für Tölz", organisiert hatten. (Foto: Harry Wolfsbauer)

17 Betriebe präsentieren sich bei der Kontaktbörse des Jobcenters und des Unternehmervereins "Wir für Tölz". Dabei wird deutlich, dass die meisten Branchen freie Stellen nur noch selten besetzen können.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Andreas Baumann steht auf dem Podium im großen Sitzungssaal des Tölzer Landratsamtes und sieht zufrieden aus. 17 Betriebe haben unten ihre Ständer und Stelen aufgestellt, auf den Tischen liegen Broschüren und Flyer aus. In einem dünnen, aber unablässigen Zulauf schlendern Besucher daran vorbei, Männer in kleinen Gruppen oder alleine, Frauen mit Kinderwägen. Sie schauen sich um, suchen auch mal das Gespräch mit den Firmen. Etwa 2000 Kunden hätten seine Mitarbeitenden zur Jobmesse eingeladen, "wir rechnen mit um die 400 Besuchern", sagt der Chef des Jobcenters Bad Tölz-Wolfratshausen. Das ist nicht gerade wenig in einer Zeit, da viele Unternehmen nach Arbeitskräften suchen, und nicht umgekehrt.

Baumann merkt dies auch an den Zahlen im Jobcenter, das die Messe zusammen mit dem Unternehmerverein "Wir für Tölz" organisiert hat. "Wir haben gleichbleibend etwa 500 Arbeitslose gemeldet, an den Zahlen ändert sich nicht viel", sagt er. Diese Stagnation bedeutet: Wer als Neukunde im Jobcenter registriert wird, ist auch rasch wieder weg, weil er eine Arbeitsstelle gefunden hat. Mit einer Erwerbslosenquote von 1,9 Prozent herrscht im Landkreis quasi Vollbeschäftigung.

Manche Unternehmen sind bereit, einen Sprachkurs zu bezahlen

Baumann ist es "wichtig, dass die Leute bewegt werden", die noch ohne Job sind. Ihnen müsse man verdeutlichen, dass sie nicht total abgeschrieben seien, sondern die Möglichkeit bekämen, sich weiter zu entwickeln, sagt er. Selbst dann, wenn sie kaum Deutsch können. Manche Unternehmen sind Baumann zufolge bereit, einen Sprachkurs zu zahlen, andere beschäftigen Kollegen, die aus Syrien, Afghanistan oder anderen Ländern kommen und dem neuen Angestellten im Job helfen.

Das funktioniert nicht immer. Andreas Munkert hatte einen Migranten als Azubi in der Reha-Klinik Frisia in Bad Tölz beschäftigt. Aber schlussendlich sei der kulturelle Unterschied zu groß gewesen, sagte der Leiter der Klinik und Vorsitzende des Unternehmervereins "Wir für Tölz". Dennoch: "Ich würde wieder so jemanden einstellen, aber es muss passen." Für seine Reha-Klinik sucht er immer nach neuen Mitarbeitenden, vom Arzt oder Ärztin zur Servicekraft. Das hängt nicht alleine mit dem Fachkräftemangel zusammen, sondern auch mit den Erfahrungen der Corona-Pandemie. Weil immer wieder Leute krankheitsbedingt ausfielen, müsse man sich "resilienter aufstellen", so Munkert.

"Wir haben in allen Bereichen sehr wenig Bewerbungen."

Seit der Pandemie hat Andreas Wegler überhaupt Schwierigkeiten, neues Personal für den Alpenbiomarkt in Tölz zu bekommen. "Wir fragen uns, wo die Mitarbeiter seit Corona abgeblieben sind", sagt der Geschäftsführer. "Wir haben in allen Bereichen sehr wenig Bewerbungen." Früher kamen mal Leute zu ihm, die ihren Job in einem Discounter als zu hektisch empfanden. Und jetzt? "Gleich null", sagt Wegler. Auf der Jobmesse sucht er vor allem Verkäuferinnen und Verkäufer, dieses Metier ein wenig kennen und gerne mit Lebensmitteln arbeiten. Dabei ist er flexibel: zwei Teilzeitkräfte oder eine Vollzeitkraft, vielleicht auch ein Student im Minijob und eine Teilzeitkraft. Nur genug Deutsch sollte man an der Kasse und fürs Einräumen der Produkte schon können.

Ein paar Stände weiter hat sich Kersten Stöbe bereits einen Namen und einen Termin für ein Vorstellungsgespräch notiert. Von der Besucherfrequenz auf der Jobmesse zeigt sich der geschäftsführende Gesellschafter der "Messtech Power Converter GmbH" (mpc) "positiv überrascht". 35 Beschäftigte zählt der mittelständische Betrieb aus Penzberg für Lasertreiber, Elektronik- und Mechanikfertigung. "Wir können drei, vier Leute sofort einstellen", sagt Stöbe. Zum einen suche man Elektroniker und Zerspaner, die von mpc selbst ausgebildet werden, überdies aber auch Software-Entwickler für prozessonale Programmierung.

Am Stand der Blombergbahn beriet Martina Kummer über die Jobmöglichkeiten am Erlebnisberg vor den Toren von Bad Tölz. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Vor dem Stand der Blombergbahn wartet geduldig eine 53-jährige Eglingerin, die als Wirtschaftskauffrau gearbeitet hat und ihren Namen nicht nennen will. "Ich möchte raus aus dem Büro und lieber mit Menschen arbeiten", sagt sie. Auf der Messe wolle sie sich "ein paar Anregungen" holen. Hans Zintel, Betreiber der Blombergbahn, sucht Arbeitskräfte "querbeet", wie er sagt. Kurz vor der Hauptsaison sind ihm vor allem Leute mit handwerklichen Fähigkeiten für Reparaturen willkommen - und solche, die an der Sommerrodelbahn kräftig anpacken können.

Auch ein junger Mann schlendert an den Tischen der Jobmesse vorbei. Er trägt ein Schild mit seinem Vornamen Laurin und dem Wort "Trigg" - die fünf Buchstaben stehen für die "Traumapädagogische Intensivgruppe für Geflüchtete" aus München, die auch in Wolfratshausen und Geretsried tätig ist. Laurin Schulte ist nicht alleine da. Er begleitet einige traumatisierte Flüchtlinge, die etwa aus Uganda, Syrien, Pakistan, Kongo oder der Ukraine kommen und für den Arbeitsmarkt mittlerweile bereit sind. "Wir schauen, ob man für sie etwas finden kann."

Wie viel die Jobmesse, die im Halbjahrestakt stattfindet, den Firmen und Arbeitssuchenden konkret bringt, ist nicht erfasst. Dazu gebe es "keine Statistik", sagt Baumann. Immerhin seien diesmal 17 Betriebe vertreten, zwei mehr als im August 2022, erklärt Munkert. "Es wächst, es wird, es muss sich etablieren."

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