In der Tölzer Fußgängerzone:Neue Impfstube für Kinder

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In den ehemaligen Räumen der Sparkasse in der Marktstraße können Eltern ihren Nachwuchs im Alter von fünf bis elf Jahren nun mit Biontech gegen Corona impfen lassen. Am Eröffnungstag herrscht großer Andrang

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Florian nimmt es gelassen. Der neunjährige Bub setzt sich ruhig auf den Stuhl in einer der drei Impfkabinen und krempelt den Ärmel seines Pullis hoch. Den Piks, den ihm Dr. Klaus Fiedler mit der dünnen Nadel setzt, nimmt er hin, ohne eine Miene zu verziehen. Dafür bekommt er ein dickes Lob vom Impfarzt. "Ganz toll hast Du das gemacht, super, Flori", sagt Fiedler. Hinter dem Neunjährigen steht sein Vater, beide sind am Mittwoch wegen der Corona-Impfung aus Piesenkam nach Bad Tölz gereist. Na ja, sagt der Vater über seinen Filius, "ein bisschen Schiss hat er schon gehabt". Davon war allerdings nichts zu sehen, was auch die Mutter stolz macht. Sie steht vor der Kabine und zeigt ihrem Sohn den nach oben gereckten Daumen. Sie ist erleichtert: "Er ist ein wenig der ängstliche Typ, ich habe schon befürchtet, dass ich meine Aufgeregtheit auf ihn übertrage."

Florian ist der erste Impfling in der neuen Kinderimpfstube in der Tölzer Fußgängerzone. Aber bei Weitem nicht der einzige. Immer mehr Eltern kommen am Eröffnungstag mit ihrem Nachwuchs in die ehemaligen Räume der Sparkasse und stehen vor den beiden Anmeldeschaltern an. Dahinter sind links vor den Stellwänden des Gangs, die mit Zeichentrickfiguren verziert sind, immer ein großer grauer Stuhl für einen Erwachsenen und ein kleiner weißer Sitz fürs Kind zusammengestellt. Rechts davon befinden sich drei Impfkabinen, am Ende des Gangs ist eine Art Spielzimmer eingerichtet. Mit der neuen Impfstube werde "ein kindgerechtes Angebot geschaffen und der Betrieb in den Impfzentren entzerrt", hatte Landrat Josef Niedermaier (FW) schon vorab erklärt.

Geöffnet ist ab sofort immer mittwochs und freitags jeweils von 11 bis 17 Uhr. Zwei Impfteams sind im Einsatz. Ein eigener Termin ist nicht vonnöten: Die Eltern müssen ihre Kinder nur unter www.impfzentren.bayern registrieren, dann können sie einfach vorbeikommen. Das Angebot gilt für Mädchen und Jungen im Alter von fünf bis elf Jahren. Genauer gesagt: "Elf Jahre und 364 Tage", berichtigt Maximilian Pfandl von der Aicher Group, der neben den Impfzentren in Wolfratshausen und Bad Tölz nun auch noch die Kinderimpfstube leitet. Die Kundschaft in den ehemaligen Sparkassen-Räumen werde "die breite Masse" an Eltern und Kinder sein, die bislang noch ein wenig abgewartet habe, prophezeit er. Das seien nicht jene Väter und Mütter, die für ihre Kinder unbedingt das Vakzin gegen das Corona-Virus wollten - "die sind alle schon geimpft." Beim Hausarzt, beim Kinderarzt.

Diese Praxen würden durch die Impfstube nun entlastet, sagt Fiedler. Der Frauenarzt aus München gehört quasi zu den Impfmedizinern der ersten Stunde, seit mehr als einem Jahr schon ist er vor allem in den Zentren in Bad Tölz und Wolfratshausen eingesetzt. An seinem neuen Arbeitsplatz gefällt es ihm. "Das ist eine andere Situation, eine andere Atmosphäre", sagt er. Für Eltern, die das wünschen, bietet er eine Aufklärung und Beratung über das angepasste Biontech-Vakzin an, das ausschließlich Kindern verabreicht wird. Dabei gehe es nicht darum, jemanden zum Piks für den Nachwuchs zu überreden, sagt er. "Das hat keinen Sinn. Jeder kann danach erst einmal gehen und dann vielleicht beim nächsten Mal wiederkommen." Allerdings sei Überzeugungsarbeit kaum nötig, berichtet Fiedler von seiner Arbeit in den beiden Impfzentren im Landkreis. Schon gar nicht bei den Kids selbst: "Viele sind cool und aufgeklärt, besser als die Erwachsenen." Was freilich an ihrem jeweiligen Elternhaus liegt.

Aber es gibt auch andere Stimmen zum Kinderimpfen in der Corona-Pandemie. Leiter Pfandl erzählt, "dass wir leider sehr viel Shitstorm bekommen". In der Presse, in den sozialen Medien. Von "Kinderversuchen" sei da die Rede, gar von "Todesspritzen". Impfarzt Fiedler sagt über den Biontech-Impfstoff für Kinder, dass der "fast völlig ungefährlich" sei. Eine Verwechslung des Kinder-Vakzins von Biontech mit jenem für Erwachsene hält Pfandl in Tölz für höchst unwahrscheinlich. Die Dosen für Kinder hätten eine orange, die für Erwachsene eine lilafarbene Kappe, sagt er.

Die Gefahr, dass der Impfstoff bei großem Andrang ausgeht, sieht der Leiter nicht. "Es ist ausreichend da." Und wenn ein Junge oder ein Mädchen mal Angst vor der Nadel hat? Impfarzt Fiedler hat dann schon seine Strategien. "Das ist ein bisschen ein anderer Umgang", sagt er. Aber bislang habe er noch keine Probleme mit den Kindern gehabt. Anders als beim Testen: "Bei Abstrichen ist es extremer."

© SZ vom 20.01.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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