Bislang konnten Landkreisbürger zwei Mal pro Jahr mit einer Anlieferberechtigung kostenfrei Sperrmüll entsorgen. Das ändert sich zum 1. Juli dieses Jahres. Von diesem Datum an werden alle Anlieferungen in Quarzbichl oder am Entsorgungszentrum "Am Vorberg" in Greiling kostenpflichtig. Dafür entfällt das aufwendige Antragsverfahren, das im Jahr 2018 eingeführt wurde. Noch teurer wird die Abholung des Sperrmülls durch das Unternehmen.
Wenn Reiner Späth über Sperrmüll spricht, hat das geradezu etwas Philosophisches. Dem Chef des Landkreis-Abfallwirtschaftsunternehmens (AWU) geht es nämlich um Gerechtigkeit, genauer gesagt um eine Gebühren-Gerechtigkeit. Seit Jahren ist das Sperrmüllaufkommen in Bad Tölz-Wolfratshausen deutlich höher als in den Nachbarlandkreisen. "Das ist immer noch so", sagt Späth, auch wenn die Umstellung von den kostenfrei ausgegebenen Sperrmüllkarten auf die Online-Erlaubnis die Anlieferung die Mengen reduziert habe. "Um 40 Prozent", berichtet Späth. Altmetall und Elektrokleingeräte seien "unproblematisch", denn deren Wiederverwertung würde Geld in die Kasse spülen. Anders sieht es etwa beim Altholz aus, insbesondere wenn es mit Lacken und ähnlichem behandelt sei. Gut 1000 Tonnen an alten Elektrogeräten sind 2020 angefallen. Beim Altmetall waren es 1460 Tonnen, beim sonstigen Sperrmüll 2337 Tonnen und beim Altholz (mit Gewerbe) 7783 Tonnen. "Ich schätze mal, bei letzterem stammt die Hälfte aus privaten Anlieferungen", sagt Späth.
Insgesamt kostete die Sperrmüll-Entsorgung im Jahr 2020 circa 700 000 Euro. Diese Summe wird aus dem allgemeinen Gebührenhaushalt des Abfallwirtschaftsunternehmens "quersubventioniert". Was bedeutet: Jeder Gebührenzahler im Landkreis trägt diese Kosten mit, egal ob er Sperrmüll entsorgt hat oder nicht. Das sei ungerecht, findet Späth. Sein Team habe sich viele Gedanken gemacht. Einerseits sollten die Anlieferungen künftig kostendeckend sein, andererseits gebe es viele Unschärfen wie bei der Definition von Sperrmüll. Dazu zählt in der Regel alles, was nicht in einer 80-Liter-Restmülltonne Platz findet und unter "Gegenständen üblicher Wohnungseinrichtung" subsumiert werden kann. Möbel, Herd, Kühlschrank - kein Thema, findet Späth. Aber was ist mit Sportgeräten und ähnlichem? "Der Skischuh gehört in die Tonne, das Paar Ski aber nicht. Und was ist mit einem Surfbrett?"
Sperrmüll habe viel mit den Lebensumständen der Menschen zu tun. Je besser es den Bürgern gehe, desto mehr falle an, resümierte Späth kürzlich in der Sitzung des AWU-Aufsichtsrats. Weshalb die kostendeckenden Gebühren in erster Linie einen Anreiz schaffen sollen, von der Wegwerf-Mentalität wegzukommen und Sperrmüll möglichst zu vermeiden. So könnten die Bürger mehr als bislang die Möglichkeit nutzen, ihre Möbel und ähnliches via Kleinanzeigen an andere abzugeben, die diese Dinge noch nutzen möchten, findet Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler).
Einstimmig beschloss der Aufsichtsrat folgende Entgelte: Bei Abholung des Sperrmülls fällt eine Pauschale von 40 Euro an (bisher 35 Euro); Selbstanlieferung von Sperrmüll kostet 200 Euro pro Tonne, wobei natürlich die tatsächlich angelieferte Menge an Ort und Stelle abgewogen und berechnet wird; wird der Sperrmüll abgeholt, sind es 240 Euro pro Tonne (Mindestpreis 24 Euro). Für Altholz gilt bei Abholung 100 Euro pro Tonne (Mindestpreis zehn Euro), bei Selbstanlieferung 70 Euro. Wird die Abholung storniert, kostet das 20 Euro. Beim AWU hofft man, dass künftig mehr Bürger den Abholservice nutzen, weil gerade samstags in Quarzbichl sich regelmäßig Staus von Selbstanlieferern bilden. Notfalls muss eine zweite Waage angeschafft werden.
Der Gebühren- und Satzungsänderung muss noch der Kreistag Bad Tölz-Wolfratshausen zustimmen.