Hallenbad-Initiative:Sie nehmen es mit dem Rathaus auf

Lesezeit: 2 min

Drei Privatleute stecken jede freie Minute in den Protest gegen das Aus in Wolfratshausen. Sie haben die Politik schon einmal mit einem Bürgerbegehren umgestimmt.

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Eigentlich wollten Stephanie Hanna-Necker und Fried-Thorsten Jantzen kein neues Bürgerbegehren für ein interkommunales Hallenbad mehr initiieren. Denn dass dahinter ein "unheimlicher Zeitaufwand" steckt, wie Jantzen sagt, wissen sie noch aus dem Winter vor vier Jahren, als sie das erste Bürgerbegehren für eine Beteiligung Wolfratshausens an einem großen Bad in Geretsried organisiert und in zwei Monaten mehr als 2900 Unterschriften gesammelt hatten. Als aber der Stadtrat im September eine Beteiligung an dem Projekt denkbar knapp ablehnte, da holten die beiden Wolfratshauser doch ihren Plan B aus der Tasche. Seitdem läuft die Unterschriftensammlung für das mittlerweile fünfte Bürgerbegehren der Stadtgeschichte auf Hochtouren.

Und nicht nur das: Die Aktivisten plakatieren, argumentieren an Infotischen, verteilen Pappherzen, schreiben Pressemitteilungen und E-Mails. Kürzlich haben sie mit einem leidenschaftlichen Appell an Edmund Stoiber den prominentesten Unterstützer in der Loisachstadt gewinnen können und strategisches Geschick bewiesen.

Ja zum Hallenbad
:Edmund Stoiber bricht sein Schweigen

Der frühere Ministerpräsident wollte sich nie zur Lokalpolitik äußern. Nun tut er es doch. Das Bürgerbegehren zur Schwimmhalle in Geretsried sei eine Ausnahmesituation.

Interview von Konstantin Kaip

An den Motiven der Protagonisten hat sich seit 2012 nichts geändert: "Ich bin halt eine Mama von zwei Jungs und will mit ihnen ortsnah schwimmen gehen", sagt Hanna-Necker, "und zwar in einem größeren, attraktiven Bad." Als der damalige Bürgermeister Helmut Forster (BVW) 2012 verkündet habe, Wolfratshausen habe für ein solches Bad in Geretsried keinen Bedarf, da habe sie eben eine "kleine Umfrage" gestartet, sagt die 43-Jährige, die bei EagleBurgmann im Vertrieb arbeitet. Bald hatte sie 1148 Unterschriften gesammelt.

Jantzen wurde auf ihre Aktion aufmerksam, die allerdings noch ohne rechtlich gültige Fragestellung erfolgt war. Forster habe Hanna-Necker deshalb "barsch abgewiesen", erzählt er. "Da haben wir uns zusammengesetzt und ein Bürgerbegehren gestartet." Der Verein "Mehr Demokratie in Bayern" habe bei einer wasserdichten Formulierung geholfen, die man, so wie aktuell auch, von der Stadtverwaltung absegnen ließ. Nach zwei Monaten hatten die Aktivisten 2920 gültige Unterschriften, rund 20 statt der benötigten neun Prozent. Zu einem Bürgerentscheid kam es damals nicht, weil der Stadtrat im Frühjahr 2013 einstimmig dem Bürgerbegehren beitrat und für eine Beteiligung entschied - allerdings unter der damals noch gültigen Prämisse, dass sich Wolfratshausen nicht an den Betriebskosten beteiligen müsse.

Auch Jantzen ist Vater von zwei Kindern, einer Tochter und einem Sohn. "Schwimmen gehört zu den Sachen, die Kinder lernen sollten", sagt der 56-Jährige, der einmal als Matrose zur See gefahren ist und heute als Studiendirektor in einem Münchner Gymnasiums die Oberstufe betreut. "Die Diskussion war immer: Was passiert, wenn Ascholding schließt?", sagt Jantzen. Schließlich sei schon lange klar, dass das marode Bad dort keine Zukunftsperspektive habe.

Bei ihrem ersten Bürgerbegehren wurden Hanna-Necker und Jantzen noch von Terke Stapf tatkräftig unterstützt. Doch die Physiotherapeutin, die auch die Jugend-Nationalmannschaft der deutschen Schwimmer betreut, sei derzeit zu sehr eingebunden, sagt Hanna-Necker. "Sie hat uns gesagt, dass sie das zeitlich nicht schafft." Dafür haben die Aktivisten Ingrid Schnaller als Dritte im Bunde gewonnen. Sie habe die Gruppe schon vor Jahren unterstützt, sagt die Vorsitzende des Werbekreises und Frau des Zweiten Bürgermeisters Fritz Schnaller (SPD), der im Stadtrat für das Hallenbad gestimmt hat. "Das Schwimmen für jeden leistbar zu ermöglichen", sagt Schnaller, gehöre für sie "auch zur Daseinsvorsorge".

Bis Ende Oktober wollen die Initiatoren noch Unterschriften sammeln. Dass sie die nötigen Unterschriften bekommen, daran zweifelt in Wolfratshausen niemand mehr. "Wir spüren deutlich mehr Resonanz als vor vier Jahren", sagt Jantzen. "Die Leute haben das Gefühl: Jetzt geht es um die Entscheidung." Es scheint, als würde sich die Geschichte in Wolfratshausen bald wiederholen. Schließlich hat Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) schon verkündet, dass er einen Bürgerentscheid vermeiden will. Die Initiatoren sind jedenfalls zuversichtlich, was ihr Anliegen betrifft. "Ich bin überzeugt, dass man in ein paar Jahren in einem Schwimmbad schwimmt, das groß genug und für alle da ist", sagt Stephanie Hanna-Necker.

© SZ vom 12.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: