Trägerverein Jugend- und Sozialarbeit:Aus für Integration Aktiv in Geretsried

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Adriana Haug (links) und Franziska Walter (rechts) sind für Integration aktiv tätig. Kerstin Halba (Mitte) ist Vorsitzende des Trägervereins Jugend- und Sozialarbeit. (Foto: Hartmut Pöstges)

Eine Mehrheit aus CSU, Freien Wählern und den Grünen Beate Paulerberg und Peter Curtius beschließt, Streetwork und Flüchtlingshilfe im Rathaus anzusiedeln.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Am Ende der Sitzung des Geretsrieder Stadtrats von Dienstagabend war für Außenstehende nur eines klar: Das ehemals ausgezeichnete, vertrauensvolle Verhältnis zwischen der Stadt und dem Trägerverein Jugend- und Sozialarbeit Geretsried (TVJA) ist erheblich beschädigt. Wer das verursacht oder zu verantworten hat, blieb ungeklärt. Beide Seiten ließen nur Andeutungen verlauten.

Das Ergebnis der Abstimmungen bestätigte dann frühere Beschlüsse: Das von der Stadt bisher zu 100 Prozent geförderte Projekt Integration Aktiv Geretsried (IAG) erhält nur noch bis 30. Juni Zuschüsse, sodass der Verein es anschließend einstellen muss. Gleichzeitig schafft die Stadt im Rathaus eine eigene Stelle "Migration und Koordination".

Zusätzlich wird in der Stadtverwaltung im Bereich Familie, Soziales und Sport eine "koordinierende Stelle für die aufsuchende Jugend-/Sozialarbeit" eingerichtet. Im Übrigen wird die zuletzt auf 468 000 Euro gedeckelte allgemeine Förderung des TVJA für dieses Jahr an den tatsächlichen Bedarf angepasst. Und künftig muss der Verein nicht verbrauchte Fördermittel an die Stadt erstatten.

Curtius und Paulerberg bei der Mehrheit mit CSU und FW

Durchgehend zeigte sich der Stadtrat in der Diskussion gespalten. Gemeinsam mit CSU und Freien Wählern votierten die beiden Grünen-Stadtratsmitglieder Beate Paulerberg und Peter Curtius tendenziell gegen den Trägerverein und stellten so mit 18 Stimmen die Mehrheit. SPD, Geretsrieder Liste sowie die Grünen Josefine Hopfes, Gabriele Riegel und Detlev Ringer unterlagen dagegen mit ihrer Haltung pro Trägerverein mit elf Stimmen.

Kerstin Halba, die ehrenamtlich Vorsitzende des TVJA und SPD-Stadträtin ist, hatte zusammen mit ihrem Fraktionskollegen Hans Hopfner sowie sieben weiteren Ratsmitgliedern die Aufhebung früherer Beschlüsse des Haupt- und des Jugend- und Sozialausschusses beantragt. Damit verbunden war die Hoffnung auf eine bessere Abstimmung zugunsten des Trägervereins. Dies erfüllte sich jedoch nicht.

Der Trägerverein hatte im vergangenen Jahr die Aufstockung des Projekts Integration Aktiv von einer auf 1,7 Stellen beantragt. Die Begründung, wonach die Arbeit mit Geflüchteten und für diese deutlich mehr als eine Stelle beanspruche, wurde eigentlich von niemandem bestritten. Die Aufstockung wurde aber nicht dem Verein zugesprochen; stattdessen wurde die Stelle im Rathaus beschlossen. Daraufhin kündigte der Verein an, er könne sich ohne zusätzliches Personal nicht mehr um den Flüchtlingshelferkreis kümmern. Dies hat nun die komplette Einstellung der IAG-Förderung durch die Stadt zur Jahresmitte zur Folge.

Von der Schaffung einer Stelle für aufsuchende Jugend- und Sozialarbeit im Rathaus war der Trägerverein im vergangenen Jahr überrascht worden. Die Initiative dazu war vom Jugendreferenten Felix Leipold (Freie Wähler) ausgegangen und von dessen Fraktionskollegin Sonja Frank, die auch Zweite Bürgermeisterin ist, unterstützt worden. Halba sagte dazu am Dienstag: "Wir hätten es lieber, wenn keine Parallelstrukturen geschaffen werden." Denn der Trägerverein hat seinerseits einen Streetworker, der Geretsried betreut. Darauf erklärte Bürgermeister Michael Müller (CSU), die Stadt brauche "eigene Strukturen", wobei es nicht nur um Jugendarbeit gehe, sondern zum Beispiel auch um Obdachlose. "Die Jugendarbeit bleibt bei Ihnen", betonte er in Richtung Trägerverein.

Elmar Immertreu hätte sich eine Mediation gewünscht. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Patrik Kohlert (Geretsrieder Liste GL) wunderte sich über die neue Haltung gegenüber dem TVJA. Dieser habe bisher doch immer "Applaus von uns" für seine Arbeit erhalten. Zum Thema Integration Aktiv merkte er an: Man nehme dem Verein, der erklärt habe, dass mehr als eine Stelle dafür nötig sei, die vorhandene, um die Arbeit dann selbst mit nur einer Stelle im Rathaus zu leisten.

Sein Fraktionskollege Elmar Immertreu sagte, er sehe das Problem zwischen TVJA und Stadt bei "den handelnden Personen", die nicht genug miteinander gesprochen hätten. "Und da meine ich auch Sie, Herr Bürgermeister." Es sei Porzellan zerschlagen worden. Müller verwahrte sich nachdrücklich gegen diesen Vorwurf. Er habe nur seines Amtes gewaltet, so betonte er, ohne jedoch zu erklären, was er damit meinte. Gleichzeitig sagte er, dass er mit Kerstin Halba vereinbart habe, gemeinsam im Jugend- und Sozialausschuss zu sprechen. Immertreu nahm seine Anmerkung zurück und entschuldigte sich dafür mehrfach bei Müller.

Gerhard Meinl (CSU). (Foto: Privat/oh)

Verwirrung und gleichzeitig Schärfe brachte Gerhard Meinl (CSU) in die Angelegenheit, indem er behauptete: "Wir sind mit dem Trägerverein vor dem Verwaltungsgericht." Halba intervenierte: Man stehe keineswegs vor Gericht. Vielmehr habe der Verein Widerspruch gegen einen Rückzahlungsbescheid aus dem Rathaus eingelegt. Wie sie der SZ nach der Sitzung erklärte, gehe es um nicht verwendete Fördermittel, die der Verein aber als Rückstellungen brauche. Bisher sei diese Angelegenheit nicht vor Gericht.

In der Sitzung verwahrte sich Halba gegen derartige "Spitzen". Wenn man tatsächlich, wie der Bürgermeister erklärt hatte, jetzt "einen Cut" machen wolle, müssten solche Bemerkungen in öffentlicher Sitzung unterbleiben.

Kritisch äußerte sich Sonja Frank über den TVJA, erklärte aber im selben Atemzug, sie wolle dies öffentlich nicht tun. Die Integrationsforen, die der Verein seit zehn Jahren mit Unterstützung der Stadt veranstaltet, seien "nice to have", so Frank, "aber man kann das ein bisschen zurückfahren".

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