Geretsried:"Ich sehe in der Partei die besten Antworten"

Lesezeit: 3 min

TuS-Vorsitzende Stephan Heinle spricht er über sein neues Engagement bei den Grünen, das umstrittene Wellnessbad Spaladin und das Bürgermeisteramt.

Bernhard Lohr

Das Oberland war für die Grünen lange Zeit Diaspora, doch inzwischen bewegen grüne Themen auch hier viele Menschen. Die Bauern streiten über Gentechnik, Umweltfrevel sind stets ein Aufreger, und spätestens seit dem Atomunfall von Fukushima reden alle von regenerativen Energien. Die Grünen profitieren davon: Die Zahl der Mitglieder stieg im Kreis innerhalb von zwei Jahren von 76 auf 99 und erreichte damit einen neuen Höchststand. Anfang Juni trat der Vorsitzende des TuS Geretsried, Stephan Heinle, in die Partei ein. Die SZ sprach darüber mit dem Unternehmensberater.

TuS-Chef Stephan Heinle macht künftig grüne Politik. (Foto: Hartmut Pöstges)

Herr Heinle, CSU, SPD und FDP übernehmen grüne Themen. Wieso treten Sie jetzt bei den Grünen ein?

Ich denke mir, dass unsere Gesellschaft in einer Situation steckt, in der wir darüber nachdenken müssen, wo wir uns hinentwickeln wollen. Durch die Dynamik, die wir alle an den Tag legen, vergessen wir alle mal einzuhalten; in der Formel Eins würde man sagen: einen Pit-Stopp einzulegen, nach dem Motto "Slow down - to move fast".

Man hört da den Unternehmensberater sprechen. Sie sind Mitinhaber einer Agentur, die sich für eine Pflege der Unternehmenskultur einsetzt.

Ja, aber mir ist ganz wichtig, da zu trennen. Es soll niemand sagen, ich mache grüne Unternehmensberatung. Das eine ist Beruf, das andere Privates.

Aber Sie sind jetzt ein Grüner.

Ich werde mich in meiner politischen Arbeit, die ich machen werde, nicht verbiegen lassen. Ich werde weiter der Stephan Heinle sein und mich unabhängig von einer Parteiräson zu politischen Themen äußern.

Dazu fällt einem das umstrittene Wellnessbad Spaladin ein, das die Grünen ablehnten. Sie waren dafür.

Es gibt auch bei den Grünen Befürworter. Ich werde weiterhin dafür eintreten. Der Bau des Spaladin wäre für unsere Region sehr gut und hilfreich. Lieber fahren die Erholungssuchenden doch von Regensburg in ihrem Urlaub nach Geretsried mit dem Zug, der S-Bahn oder von mir aus mit dem Auto, als dass sie nach Dubai fliegen. Da schaut die Energiebilanz besser aus. Ich sehe in der Partei für das, was auf uns zukommt, die besten Antworten und die größte Bereitschaft, Themen zu durchdenken.

Wo zum Beispiel?

Ein Beispiel ist für mich die Bildungspolitik. Wir brauchen Menschen, die im Team arbeiten und aufeinander zugehen können und sich ergänzen. Teamarbeit lernen Schüler am Gymnasium vielleicht in außergewöhnlichen Projekten und durch außergewöhnliche Lehrer wie das bei dem Peter-Pan-Musical war. Aber das ist dem Zufall überlassen.

Die Atomkatastrophe von Fukushima war also nicht der Anlass zu sagen: Jetzt gehe ich zu den Grünen.

Ich kann die Energiepolitik der Grünen mittragen, aber die ist nicht mein Thema.

Streben Sie politische Ämter an?

Das wird die Zeit zeigen. Was klar ist, dass ich weder das Bürgermeisteramt noch eine Stadtratskandidatur anstrebe.

Sind Sie als Unternehmensberater ein neuer Typ von Grüner.

Ja, ich glaube schon, dass ich etwas Ergänzendes reintrage. Erstens habe ich mir über 20 Jahre in fast 100 Wirtschaftsunternehmen eine hohe praktische Wirtschaftskompetenz erworben und zum zweiten habe ich gelernt, dass jede Form von Ideologie ein falscher Weg ist. Ich bin ein Mensch, der gerne auch mit politisch anders Denkenden nach gemeinsamen Lösungen sucht. Besonders geprägt hat mich meine Familienbiografie. Ich habe in meiner Familie zwei Schienen, einmal väterlicherseits die Schwester meiner Großmutter, die im Konzentrationslager Dachau ums Leben gekommen ist. Sie kam dort hin, weil sie jemanden vor den Nazis versteckt gehabt hatte.

Sowas beschäftigt einen jungen Menschen natürlich.

Auch mein Opa stand auf der Schwarzen Liste bei den Nazis. Auf der anderen Seite gab es eine Großtante, die war auf der Nazischiene, auch im hohen Alter noch. Ich habe mich massiv mit ihr gekracht. Das alles hat mich dazu gebracht, Zivildienst zu machen. Ich war auch in der Friedensbewegung aktiv.

Und heute reden Sie über Gesellschaftspolitik und die Frage: Wie gehen wir miteinander um?

Ich sehe die große Gefahr, dass wir alle vereinzeln, vor allem auch im Alter. Wir brauchen schon wirtschaftliches Wachstum. Die Frage ist aber, in welchen Bereichen.

© SZ vom 11.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: