Geretsried:Der Klang für die Stadt

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Los ging es im Jugendalter mit einem kleinen Kellerstudio. Inzwischen ist das Gründerteam aber erwachsen geworden. Statt Batsch!FM heißt der Sender deshalb nun auch Radio Geretsried

Von Sebastian d'Huc, Geretsried

Es waren glückliche, unbeschwerte Zeiten, als sie vor mehr als fünf Jahren angefangen haben, Radio zu machen, finden Ludwig Matheis, Angelo Axer und Felix Leipold heute. Damals seien sie einfach ein Haufen Freunde gewesen, die zwischen den verstauten Winterreifen und neben der wärmenden Elektroheizung zusammen im kühlen Keller von Leipold saßen, mühsam aufgewärmten Glühwein schlürften und mit jugendlicher Stimme erste Moderationstexte sprachen. "Der Raum war so klein, dass immer nur zwei Leute reingepasst haben - die anderen standen wartend und rauchend vor dem Kellerfenster", erinnert sich Axer. Er erzählt, dass sie zu Beginn viel mit der Technik herumexperimentieren mussten, bis sie den Dreh raus hatten. "Dann saßen wir da und haben mit der beschränkten Auswahl aus einer großen Kiste CDs überlegt, welches Lied man als nächstes in eines der beiden CD-Laufwerke schieben soll", so Axer. "Unsere einzigen Zuhörer waren die eigenen Freunde vor dem Kellerfenster und ein paar andere Bekannte aus der Gegend."

Viel ist passiert, seitdem Felix Leipold seine Freude damals noch als Schüler überredet hat, sich im Radiomachen auszuprobieren. Die Jugendlichen erwarben die Lizenzen, die zum Betreiben eines Radiosenders nötig sind, und gingen am 1. August 2016 hochoffiziell auf Sendung. Sie bauaten eine Website und begannen, ihren Sendeplan zu strukturieren. Sie versuchten, einen Verein zu gründen, ließen sich dann aber doch als Abteilung in das Bürgernetz Isar-Loisach integrieren - ein Schritt, der den Fortbestand des Senders gesichert habe, da die Erwachsenen des Dachvereins mit Rat und Tat zur Seite standen, wie Matheis erzählt. Sie zogen aus dem Keller Leipolds um in einen Raum im Jugendzentrum Saftladen, wo sie sich mit dem Geld aus einer großzügigen Spende ein richtiges Studio mit Mischpult und digitaler Sendetechnik einrichten konnten.

Am 18. Juli dieses Jahres wurde ein weiterer großer Schritt vollzogen: der Lokalradiosender, welcher seit 2016 als "Batsch!FM" bekannt war, wurde in "Radio Geretsried" umbenannt. "Wir haben uns für die Umbenennung entschieden, weil wir in den vergangenen Jahren dauernd gefragt wurden, wer oder was wir eigentlich sind", erzählt Leipold, der gerade sein Volontariat bei Radio Oberland abgeschlossen hat. "Unser neuer Name lässt wiederum keine Fragen offen." Was es mit dem alten Namen auf sich gehabt habe? Es gebe zwei Erklärungen, sagt Leipold. Die offizielle Variante sei, dass es damals eine recht bekannte Band gegeben habe, die das Wort "Batsch" immer wieder verwendet habe. "Unser Deal mit denen war: Wir benennen uns nach euch - und ihr nehmt uns Jingles auf", erklärt Leipold. Leider habe sich die Band aufgelöst, bevor das Versprechen eingelöst werden konnte. "Da gibt es aber natürlich noch eine inoffizielle Erklärung", fügt Matheis schmunzelnd hinzu. "Batsch" sei nämlich auch das Geräusch einer Watschn, "die muss man dem Felix manchmal mitgeben, wenn er beim Moderieren wieder ins Labern kommt", sagt Matheis.

Nun also Radio Geretsried. Mit neuen Jingles, einem überarbeiteten Webauftritt und dem Slogan "So klingt die Stadt" planen die jungen Radiomacher, die nächste Phase des digitalen Radiosenders einzuleiten. Gesendet wird 24 Stunden am Tag, allerdings zumeist ohne Moderationen, sondern nur mit Musik und stündlichen Nachrichten, welche von einem externen Dienstleister ständig aktualisiert und vollautomatisch eingespielt werden. "Stündlich aktuelle, lokale Nachrichten zu produzieren ist von Leuten, die das in ihrer Freizeit machen, nicht leistbar", erklärt Axer. Sie würden versuchen, sich über eine bessere Musikauswahl von Mitbewerbern abzugrenzen. "Wir spielen nicht dreimal pro Stunde den aktuellen Nummer-Eins-Hit, sondern eine bunte Mischung aus alt und neu, bekannt und unbekannt." Es gebe keine eng definierte Zielgruppe; man versuche, die ganze kulturelle und demografische Breite der Stadt Geretsried abzubilden. Bei den Hörern komme dies recht gut an - die Zuhörerzahlen wachsen beständig, etwa 60 000 Leute werden pro Jahr erreicht, schätzt Matheis. Beim örtlichen Elektromarkt würde häufig ihre Station laufen, auch bei einigen Tankstellen. Wirkliche Sendungen mit Moderationen gibt es aktuell lediglich am Freitagabend und am Samstagnachmittag. "Mehr geht leider nicht, wir arbeiten ja mittlerweile auch", erklärt der 21-Jährige Axer, der gerade eine Ausbildung zum Maler und Lackierer macht.

Sorgen mache Leipold, Axer und Matheis aber, wie sie das Radio Geretsried zukünftig entwickeln können. Als Schüler hätten sie noch Zeit gehabt, heute sei das nicht mehr so einfach. Außerdem sei die Größe des Teams erheblich geschrumpft. Während Batsch!FM zeitweise 15 aktive Mitstreiter hatte, seien es aktuell beim Radio Geretsried nur noch "vier oder fünf", berichtet Matheis. Viele ihrer Bekannte seien abgesprungen, als sie begonnen haben, den Sendebetrieb zu professionalisieren. "Der Übergang von Blödelei zum Sender mit gewissem Anspruch war sehr schwierig", stellt Matheis fest. Marina Sleathitki, die jüngste Aktive, berichtet aber, dass Radiomachen eine tolle Erfahrung sei. "Auch, wenn man sich noch nicht mit der Technik auskennt oder nicht selbst moderieren will, kann man hier einfach mal vorbeischauen und sich ausprobieren."

Runter mit dem alten Plakat: Mit dem neuen Namen wird bei den jungen Radiomachern auch sonst so manches neu. (Foto: Harry Wolfsbauer)
© SZ vom 31.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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