Doppelausstellung:Dialoge zwischen Leinwand und Bronze

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Elisabeth Biron von Curland und Ernst Grünwald mit ihren Werken in der Galerie an der Elbestraße. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Malerin Elisabeth Biron von Kurland und der Bildhauer Ernst Grünwald leben beide in Ammerland und kennen sich seit mehr als 30 Jahren. Unter dem Titel "Zwiegespräche" stellen sie in Geretried erstmals gemeinsam ihre Werke aus.

Von Anja Brandstäter, Geretsried

Etwa 800 Gramm wiegt der "Raucher", er misst um die 14 Zentimeter und besteht aus massiver Bronze. Die eine Hand hat er in die Hosentasche gesteckt, die andere führt er zum Mund, in dem eine Zigarette steckt. Mit größter Natürlichkeit steht er lässig auf einem Holzsockel in der Galerie an der Elbestraße in Geretsried. Sein Schöpfer ist der Bildhauer Ernst Grünwald, dem es gelingt, ein hartes Material ganz fein und plastisch zu formen. Seine Figuren erstellt er zunächst aus Wachs. "Mit Wachs kann man sehr fein modellieren", sagt der Künstler. "Dabei muss ich auch immer daran denken, wie der Bronzegießer arbeitet. Durch das Wachsausschmelzverfahren der Kunstgießerei Hofmeister entsteht die Bronzefigur. Das Gussverfahren erlaubt es, sehr detailreiche Oberflächen hinzubekommen. Ich arbeite sehr gut mit der Gießerei zusammen und bin von ihr abhängig."

Ganz hinten im Raum der Galerie, die Albrecht Widmann betreibt, steht die Plastik eines Jungen, der sich in ein Badetuch einhüllt. Das filigrane Werk heißt "Nach dem Bad". Mit beiden Händen hält der Bub das Tuch vor der Brust zusammen, es gleitet über die Ellenbogen, wirft Falten und reicht ihm fast bis zu den Füßen. Auch dieses kleinformatige Werk, etwa 15 Zentimeter hoch, Messing versilbert, besticht durch seine Feinheit und Natürlichkeit. "So wie andere Tagebuch schreiben, modelliere ich", erklärt Grünwald. "Wenn ich ein konkretes Bild im Kopf habe, versuche ich es dreidimensional umzusetzen." Der Prozess, erklärt er, sei sehr aufwendig. "Zunächst zeichne ich Skizzen, anschließend modelliere ich in Wachs und lasse das Modell gießen." Bei großen Figuren verwendet Grünwald Ton und bei sehr großen Gips.

Ernst Grünwald mit einer Kleinplastik. Viele davon, etwa den "Dialog", gibt es auch in tonnenschwerem Großformat. (Foto: Harry Wolfsbauer)

So trifft man in der Ausstellung, die noch bis Sonntag, 3. Juli, zu sehen ist, neben dem "Berserker" dem "Wegweiser" oder dem "Seiltänzer" mehr als 30 Kleinplastiken. Viele Werke Grünwalds sind Auftragsarbeiten, die er zunächst als kleine Skulpturen anfertigt. Ein Beispiel ist der "Dialog". Die Bronzeplastik wiegt mehr als eine halbe Tonne und steht am Geretsrieder Karl-Lederer-Platz. Das kleine Format turnt dagegen in der Galerie. "Das Schwierigste ist das Aufhören", sagt Grüneald. "Die Frage ist immer, soll ich etwas wegnehmen oder hinzufügen. Das Modell muss stimmig sein."

Genau so geht es auch der Künstlerin Elisabeth Biron von Curland. Erstmals stellt sie zusammen mit Ernst Grünwald aus, obwohl sie sich seit mehr als 30 Jahren kennen und Nachbarn sind. "Uns verbindet das Aktzeichnen", erzählt Biron von Curland. Und die Genauigkeit, Menschen oder Tiere nachzuempfinden. "Zwiegespräch" haben sie ihre Ausstellung genannt. Biron von Curland zeigt ebenfalls mehr als 30 Werke, darunter Stillleben, Portraits und Landschaftsbilder.

Beim Eintreten in die Galerie sieht man zuerst auf die beiden großformatigen Bilder "Maria mit Kind" und "Heiliger Matthäus mit Engel" - frei nach Caravaggio. Kohle auf Packpapier ist die Technik beider Werke. "Mit weißer Kreide modelliere ich die Form, zum Beispiel an den Beinen", erklärt die Künstlerin. Mutter und Kind blicken auf den Boden, denn dort hat Maria ihren rechten Fuß auf den Kopf einer Schlange gesetzt. Das Kind tut es ihr nach. Feinste Striche hat Elisabeth Biron von Curland nebeneinander gesetzt und damit eine einmalige plastische Wirkung erzeugt. Sieht man ganz genau hin, erkennt man neben dem Schlangenkopf ein dünn aufgezeichnetes Raster. "Das Originalbild übertrage ich mit dem Raster und schaffe so eine Kopie", sagt sie. "Als Restauratorin habe ich mich sehr mit den Alten Meistern beschäftigt."

An einer anderen Wand hängt das Portrait eines Mädchens. Es blickt mit ernster Mine am Betrachter vorbei und hält seine Puppe fest in den Händen, die Haare des Mädchens sind zu Zöpfen gebunden, ein Pony verdeckt die Stirn. Unter dem blauen Kleid trägt es ein weißes langärmeliges Hemd. Auf dem Bild hat Biron von Curlands ihre Enkeltochter portraitiert, in Öl auf Leinwand. "Portraitmalerei ist mein Schwerpunkt", sagt die Künstlerin, die ebenfalls meist Auftragswerke anfertigt. "Sie hängen sogar in London, Italien oder Brasilien", erzählt sie. Verewigt hat sie auf diese Weise auch ihren Schreiner Peter Mock, der ihre Bilderrahmen baut. "Zweimal musste er bei mir sitzen und seine Tracht anziehen. Sein Gewand ist für ihn sehr wichtig ", erzählt die Malerin. Sogar die Löcher der Hirschhornknöpfe erkennt man haargenau.

Elisabeth Biron von Curland vor einem Öl-Portrait ihrer Enkelin. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Ein Zwiegespräch scheinen in der Ausstellung auch mehrere Bronze-Kröten zu halten. Die lebensgroßen Amphibien von Ernst Grünwald sitzen oder klettern auf einem weißen Sockel herum. In passender Umgebung: Denn die "Krötenwanderung" steht unter vier Stillleben von Elisabeth Biron von Curland. Eines davon heißt "Hölzer mit Nest" und zeigt Motive aus dem Wald, dem Lebensraum der Kröten.

Ein Bild vom Schaffensprozess der beiden Ausstellenden können sich die Besucher auf Bildschirmen machen: Ergänzend zu den Werken sind in der Ausstellung die filmischen Künstlerportraits von Hannes Hey ansehen. Er hat in den Jahren 2012 und 2016 die beiden befreundeten Künstler aus Ammerland mit der Kamera bei ihrer Arbeit beobachtet.

"Zwiegespräche", Elisabeth Biron und Ernst Grünwald, Galerie an der Elbestraße, Elbestraße 27a, Geretsried, Freitag, Samstag und Sonntag, jeweils von 14 bis 18 Uhr, bis 3. Juli. Die Künstler sind während der Öffnungszeit anwesend.

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