Geburtshaus:Den Frauen die Wahl lassen

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Die Mehrheit des Kreistags beschließt die Anschubfinanzierung von 50.000 Euro für ein neues Geburtshaus in Bad Tölz. CSU-Fraktionssprecher Martin Bachhuber rechnet mit Freien Wählern ab.

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Die Mehrheit des Kreistags hat sich dafür ausgesprochen, ein Geburtshaus in Bad Tölz mit einer Anschubfinanzierung in Höhe von 50 000 Euro zu unterstützen. Daran konnte auch nichts ändern, dass die Hebamme Kathleen Hodbod als mögliche Betreiberin bislang kein Konzept vorgelegt hat. Vielmehr habe sie auf Nachfrage geantwortet, sie habe in den nächsten zwei bis drei Monaten keine Zeit, berichtete Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler). Dennoch hielten CSU und Grüne an dem Vorhaben fest. Das Geburtshaus sei eine Möglichkeit für Schwangere, ihre Babys wohnortnah auf die Welt zu bringen, so der Tenor.

Auf dem Dach des Klostern Benediktbeuern haben sich Störche eingenistet. Sie bringen der Legende nach die Babys. Seit der Schließung der Geburtshilfe-Abteilung an der Tölzer Asklepios-Klinik im vergangenen Jahr gibt es in Tölz keine Geburten mehr. (Foto: Manfred Neubauer)

Die fehlende Geburtshilfe-Station im Südlandkreis ist ein emotionales Thema. Das wurde in der Kreistagssitzung am Mittwoch mehr als deutlich. Beantragt hatten die Anschubfinanzierung die Grünen-Kreisrätinnen. Der Kreisausschuss hatte diesem mit 7 : 6 Stimmen im Januar zugestimmt, allerdings mit der Maßgabe, Kathleen Hodbod solle ein medizinisches und organisatorisches Konzept mit Personal- und Investitionskostenplan vorlegen. Auf dieses Konzept warten die Kreisräte bis heute. Niedermaier berichtete, dass das Landratsamt mehrmals bei Hodbod nachgefragt habe. Inzwischen hatte sich Landtagsabgeordneter Florian Streibl (Freie Wähler) zur Sache gemeldet und warf CSU und Grünen "blinden Aktionismus" vor. Streibl sprach zudem von "Schnellschuss".

Das brachte CSU-Fraktionssprecher Martin Bachhuber in Rage. Er nutzte die Sitzung, um mit den Freien Wählern abzurechnen. Er wünsche viel Glück und Spaß dabei, wenn es nun Usus würde, dass sich Leute in die Angelegenheiten des Kreistags einmischten, die nicht einmal im Landkreis wohnten, polterte Bachhuber, Es sei nie die Rede gewesen, dass das Geburtshaus ein Ersatz für die an der Asklepios-Klinik geschlossene Geburtshilfe-Station sein solle, sondern ein zusätzliches Angebot. Von "Schnellschuss" zu sprechen, sei "an Arroganz nicht zu überbieten und beleidigt alle, die sich mit dem Thema befasst haben".

Landrat Niedermaier griff er an: "Ich kann nur hoffen, dass Herr Streibl nicht von Ihnen mit diesen Unwahrheiten versorgt wurde. Sonst hätten Sie bei mir jegliche Glaubwürdigkeit verspielt." Niedermaier verwahrte sich gegen die Vorwürfe. Er hätte sich genauso über Streibl geärgert, weil der "sich nicht bei uns auskennt". Allerdings teilt der Landrat die Ansicht Streibls, was den Zuschuss für ein Geburtshaus angeht. Ein solches zu etablieren sei nicht sinnvoll, wenn die Anbindung an ein Krankenhaus fehle. Auch für ein Geburtshaus seien Ärzte nötig, die für den Notfall parat stünden - an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden. Doch eben diese Ärzte gebe es nicht im Landkreis. Wenn die niedergelassenen Frauenärzte diesen Job machen wollten, dann könnten sie an der Stadtklinik als Belegärzte arbeiten. Was sie nicht wollten, sagte Niedermaier.

Franz Hartmann (FUW) sprach sich vehement gegen ein Geburtshaus aus. Denn eine Geburt in einem solchen Haus sei gleichzusetzen mit einer Hausgeburt. Das bedeute ein zu großes Risiko für Mutter und Kind. "Ein Zuschuss würde dieses Risiko befördern", sagte Hartmann, der früher Leiter des Tölzer Gesundheitsamts war. Diese Stimmungsmache gegen das Geburtshaus ärgerte Barbara Schwendner (Grüne). Sie zählte einige andere Geburtshäuser auf, die 30 Minuten von der nächsten Klinik entfernt lägen. Nach deren Erfahrungen müssten im Schnitt nur 16 Prozent der Schwangeren während der Geburt wegen Komplikationen verlegt werden. Schützenhilfe bekam sie von Sabine Lorenz (CSU). Sie merkte an, den Frauen doch die Wahl, wo sie gebären wollen, selbst zu überlassen. "Warum maßen wir uns an, für diese Frauen zu entscheiden", sagte sie. Das fand auch Zweiter Landrat Thomas Holz (CSU). Dass es diesen Bedarf gebe, werde ihm als junger Vater öfters herangetragen. "Warum sollen wir uns dem verweigern?", fragte er.

Während Hans Sappl und Klaus Heilinglechner (beide Freie Wähler) eine Entscheidung am liebsten vertagt hätten, weil das Konzept für ein Geburtshaus nicht vorliegt, ließ Niedermaier dennoch abstimmen. Auf der Basis von Hodbods erster Präsentation soll ein neues Geburtshauses bezuschusst werden. Allerdings bleibt Voraussetzung dazu, ein ausgearbeitetes Konzept, das keine Fragen offen lässt.

© SZ vom 02.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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