Bürgerschaftliches Engagement:Nachfrage nach Freiwilligendiensten steigt

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In der Mittagsbetreuung der Grundschule Münsing absolviert Emilia Köppel ihr freiwilliges soziales Jahr. Das Einsatzgebiet ist vielfältig. Hier spielt sie mit Fritzi (links) und Paul Uno. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Unter jungen Leuten wächst das Interesse an sozialem oder ökologischem Jahr. Für Institutionen wie den Wolfratshauser Kinder- und Jugendförderverein ist der Einsatz auch eine Jobbörse.

Von Benjamin Engel, Bad Tölz-Wolfratshausen

Für die Teams in Kinder- und Betreuungseinrichtungen, Sportvereinen, Rettungsorganisationen oder Naturschutzeinrichtungen sind junge Leute im Freiwilligendienst wichtige Unterstützungskräfte - und es werden im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen immer mehr. Die Führungsverantwortlichen berichten etwa für den Wolfratshauser Kinder- und Jugendförderverein (KJFV) oder das Bayerische Rote Kreuz (BRK) von aktuell sehr hohen Zahlen.

Im ganzen Freistaat waren zum Stichtag 1. Dezember 4225 junge Leute im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) aktiv. Fritz Meixner, Geschäftsführer des Wolfratshauser KJFV sagt, dort gebe es aktuell neun besetzte Stellen: "So viele hatten wir noch nie." Eingesetzt sind die jungen Leute laut Meixner etwa im Jugendhaus La Vida, in der offenen Ganztagesschule oder in den Mittagsbetreuungen, die der KJFV in Wolfratshausen und umliegenden Kommunen organisiert. Für eine Stelle ist die katholische Stadtkirche Kooperationspartner, in deren Kindergarten ein FSJler tätig ist, für eine andere der TSV Wolfratshausen.

Fritz Meixner ist Geschäftsführer des Kinder- und Jugendfördervereins. (Foto: Privat/oh)

"Die Übungsleiter und Trainer sind für jede helfende Hand dankbar", sagt Meixner. Gerade im sozialen Sektor sei die Personalstärke oft knapp. Gleichzeitig sei zu merken, dass immer mehr Kinder zusätzliche Unterstützung bei Hausaufgaben oder in der Lernförderung bräuchten. Ein FSJ bringe den jungen Leuten oft viel für die Persönlichkeitsentwicklung. Für den KJFV sei der Freiwilligendienst aber vor allem ein entscheidendes Instrument im hauseigenen Ausbildungskonzept, um junge Menschen an soziale Berufe heranzuführen. Jedes Jahr entscheide sich jemand aus dem Kreis, in irgendeiner Form damit weiterzumachen, etwa ein Studium der Sozialen Arbeit zu beginnen oder sich an der Kinderpflegeschule ausbilden zu lassen. "Wir binden die Menschen an uns", sagt Meixner.

Eine davon könnte Emilia Köppel sein. Die 18-jährige Abiturientin aus dem fränkischen Ansbach ist für ein FSJ in der Münsinger Grundschule und der anschließenden, vom Wolfratshauser KJFV organisierten Mittagsbetreuung tätig. Wie viel Spaß es ihr machen könnte, Kindern bei Aufgaben im Unterricht zu helfen, habe sie sich bisher kaum vorstellen können, sagt die junge Frau. Das sei eine der Facetten, die sie über sich selbst herausgefunden habe, nachdem sie Mitte September mit dem FSJ in Münsing begonnen hat.

Köppel sagt, die Tätigkeit sei sehr abwechslungsreich. Im Schulunterricht unterstütze sie die Lehrkräfte vormittags, etwa wenn einzelne Kinder Fragen zum Lernstoff hätten. Sie helfe im Schulsekretariat aus, teile in der Mittagsbetreuung das Essen aus oder begleite die Kinder nach draußen.

Warum sich Köppel für das FSJ entschieden hat? "Als ich heuer Abitur gemacht habe, wusste ich nur, dass ich nicht direkt studieren will", sagt die junge Frau. Daher habe sie sich erst einmal orientieren wollen. In Münsing verbringe sie mit ihrer Familie schon seit vielen Jahren Wochenenden und Ferien. Als sie das Plakat für das FSJ an der dortigen Schule sah, habe sie sich spontan beworben. "Ich kann mir jetzt durchaus vorstellen, später einmal beruflich etwas Soziales zu machen. Das hatte ich vorher gar nicht gedacht."

"Die Nachfrage steigt."

Für das BRK im Kreis sind die jungen Leute im FSJ für Krankentransporte und im Rettungsdienst tätig. Sie werden als Rettungsdiensthelfer geschult und können sich als Rettungssanitäter weiterbilden. Heuer konnte die Organisation laut Sebastian Limmer zehn Stellen im FSJ besetzen. "Das ist ein sehr hoher Wert", sagt der stellvertretende Leiter im Rettungsdienst. "Die Nachfrage bei jungen Menschen steigt bei uns von Jahr zu Jahr." Er beobachte, dass viele Schulabgänger - um für das BRK tätig zu sein, müssen die FSJ-ler volljährig sein, da sie einen Führerschein brauchen - erst einmal Orientierungszeit bräuchten.

Für das BRK sei die Möglichkeit des Freiwilligendienstes eine Chance, junge Menschen an die Organisation zu binden. "Von acht FSJ-lern aus dem letzten Jahr haben zwei mit der Ausbildung zum Notfallsanitäter begonnen." Im kommenden Jahr, so fürchtet Limmer, könnte ein ganzer Jahrgang im FSJ als Folge der wieder auf neun Jahre verlängerten Gymnasialzeit fehlen.

Landschaftspflege gehört zum Freiwilligen Ökologischen Jahr im Zentrum für Umwelt und Kultur. (Foto: Harry Wolfsbauer)

In den verschiedenen Einrichtungen des Ordens der Salesianer Don Boscos im Kloster Benediktbeuern sind aktuell 21 junge Leute im Freiwilligendienst tätig - vom FSJ, über das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) bis zum Bundesfreiwilligendienst (BFD). Zu den Aufgaben zählt es, in der Jugendherberge Schulkassen zu begleiten, bei Landschaftspflegemaßnahmen das Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) im Loisach-Kochelseemoor zu unterstützen, bei Handwerksarbeiten, in der Denkmal- oder Gartenpflege auszuhelfen.

"Von jungen Menschen für junge Menschen."

Die zuständige Referentin Magdalena Wiesinger sagt, es gebe mehr Bewerbungen für Freiwilligendienste der sogenannten Volunteers als im Vorjahr. Um die zehn Bewerbungen täglich gingen beim Orden deutschlandweit ein. Alle Freiwilligen verbinde, dass sie das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sagt Wiesinger. "Das soll ein Dienst von jungen Menschen für junge Menschen sein." Darüber hinaus wollten sich die Salesianer für Menschen aller Milieus öffnen, stellten daher auch Unterkunft und Verpflegung. So seien immer einige Freiwillige aus dem globalen Süden in Benediktbeuern im Einsatz.

Meist ausschließlich aus der Heimatkommune stammen dagegen die jungen Leute im FSJ beim örtlichen Sportverein Münsing-Ammerland. Der Vorsitzende Richard Lang sagt, man habe gute Erfahrungen. "Mit anderen Menschen zu arbeiten, fördert die eigenen Kompetenzen."

Die wichtigsten Freiwilligendienste im Überblick

Allen, die sich bürgerschaftlich engagieren wollen, stehen grundsätzlich das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ), das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) sowie der Bundesfreiwilligendienst (BFD) offen. Im Regelfall dauert der Einsatz ein Jahr. Laut dem bayerischen Ministerium für Arbeit, Familie und Soziales waren zum Stichtag 1. Dezember 2022 im Freistaat 4225 junge Menschen im FSJ, 240 im FÖJ und 3676 im BFD aktiv. FSJ und FÖJ haben eine Altersgrenze bis zum vollendeten 27. Lebensjahr.

Typische Einsatzorte für das FSJ sind laut dem Ministerium Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, der außerschulischen Jugendbildung und Jugendarbeit, der Wohlfahrts-, Gesundheits-, Altenpflege und der Behindertenhilfe, der Kultur und Denkmalpflege, der Bildung und des Sports. In Wolfratshausen ist auch der Erinnerungsort Badehaus eine Einsatzstelle.

Für ein FÖJ kommen Einrichtungen des Natur- und Umweltschutzes oder der Bildung für nachhaltige Entwicklung/Umweltbildung infrage. Darüber hinaus ist es über den BFD möglich, in der Integration, im Zivil- und Katastrophenschutz aktiv zu werden.

Während ihres Dienstes sind die Freiwilligen sozialversichert und bekommen ein Taschengeld von monatlich höchstens 438 Euro plus kostenfreie Unterkunft sowie Verpflegung oder eine Geldersatzleistung.

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