Auf Einladung der Gleichstellungsstelle:Frauen vernetzen sich

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Im großen Saal des Landratsamts Bad Tölz-Wolfratshausen kamen Interessenvertreterinnen und eine Handvoll männlicher Zuhörer zusammen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Gleichstellungsbeauftragte Felicitas Wolf versammelt am Internationalen Frauentag Vertreterinnen unterschiedlicher Vereine und Organisationen.

Von Felicitas Amler, Bad Tölz

Was ist Feminismus? Wenn man verschiedene Nachschlagewerke vom Duden bis zu Wikipedia befragt, bekommt man etwa diese Definition: Eine Bewegung zur Durchsetzung der gesellschaftlichen, politischen, juristischen und beruflichen Rechte der Frauen. Und genau dieses Spektrum an Interessenvertretungen hatte Felicitas Wolf, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen, am Internationalen Frauentag unter dem Motto "Feuer fangen für Feminismus" versammelt. Im großen Sitzungssaal des Landratsamts skizzierten am Freitag ein Dutzend Frauen, von der Bäuerin bis zur queeren Kreisrätin, ihr Engagement und ihre Forderungen. Was geschehen muss, damit Gleichstellung stärker verwirklicht wird, fasste die Grünen-Kreisrätin Barbara Schwendner in einem doppelten Appell zusammen. Sie forderte die Frauen auf: "Mischt's mit in der Politik!" Und an die Männer gerichtet sagte sie: "Macht's mehr Platz für die Frauen!"

Gleichstellungsbeauftragte Felicitas Wolf hatte dazu eingeladen, über "Stärken, Resilienz und Erfolge von Frauen des Landkreises" zu sprechen und über "Hürden und Baustellen". (Foto: Harry Wolfsbauer)

Dass dies wichtig ist, hatte der Hausherr, Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler), in einem kurzen Grußwort betont. Er wünschte den Frauen "die Kraft, den Finger in die Wunde zu legen", und bemerkte: "Es ist bitter nötig." Die Gesellschaft müsse hinsichtlich der Gleichstellung "noch eine ganze Menge lernen".

Was sie lernen müsste, zeigten die Statements der Frauen. So erklärte Ute Reuter, Sprecherin des Vereins Alt und selbständig, sie habe Frauen vorab auf die Veranstaltung zum Feminismus hingewiesen und von einigen zur Antwort bekommen: "Wir sind doch keine Emanzen. Wir sind nicht gegen Männer." Da sei wohl noch viel Aufklärungsarbeit nötig, meinte Reuter. Ihr eigentliches Thema aber ist die Altersarmut, die überwiegend weiblich ist. Jede dritte Frau bekomme eine Rente, die zwischen 300 und 600 Euro liege, sagte sie. Altersarmut beginne in jungen Jahren. Die Frauen dürften einerseits die finanziellen Angelegenheiten von vornherein nicht den Männern überlassen und andererseits die Care-Arbeit nicht allein übernehmen. "Das ist kein privates Problem", sagte Reuter.

In die gleiche Richtung zielte Barbara Schwendner. In ihrem Beruf als Ehe- und Familienberaterin setze sie sich für ein gleichberechtigtes Miteinander ein, was bei hierzulande immer noch starken patriarchalen Strukturen äußerst notwendig sei. Es gebe eine Schieflage zwischen Männern und Frauen hinsichtlich der Besitzverteilung und der Wirtschaftskraft. Dazu brauche man sich nur Kontostände und Grundbucheinträge anzuschauen. "Eine transparente und gemeinsame Finanzverwaltung ist oft überfällig."

Unter diesem Aspekt räumte Anni Stöckl, Sozialpädagogin und Bäuerin, ein, dass es in der Landwirtschaft ein Problem gebe: "Wenn es zu einer Trennung auf einem Hof kommt, haben die Frauen das Nachsehen." Dennoch sieht sie eine positive Entwicklung: "Es werden immer mehr Frauen Betriebsleiterinnen auf den Höfen." Im Übrigen zeigte sie auf, was die Landfrauen leisten, von der sogenannten sozialen Landwirtschaft, wozu etwa die Integration von Menschen mit körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigungen gehört, bis zur Entwicklungshilfe für Frauen in Kenia. Stöckl sprach namens der Kreisbäuerin Ursula Fiechtner, die nicht persönlich kommen konnte.

"Frei leben und lieben" - das wünscht sich Maria Demmel insbesondere für Jugendliche. (Foto: Hartmut Pöstges)

Für die Akzeptanz queerer Jugendlicher sprach sich die Grünen-Kreisrätin Maria Demmel nachdrücklich aus. Es sei an der Zeit, gesellschaftlich anzuerkennen, dass Vielfalt die Norm sei, sagte sie. Es gehe darum, "frei leben und lieben" zu können.

Drei Teilnehmerinnen äußerten sich zu Gewalt gegen Frauen: Helgard van Hüllen, stellvertretende Bundesvorsitzende und Leiterin der Außenstelle Bad Tölz-Wolfratshausen des Weißen Rings; Sandra Gmeiner und Nicoline Pfeiffer für den Verein Frauen helfen Frauen und das Frauenhaus Wolfratshausen. Der Weiße Ring setzt sich für alle Opfer aller Straftaten ein, wie van Hüllen betonte. Allerdings seien es überwiegend Frauen, die um Hilfe bäten: wegen Stalkings oder sogenannter häuslicher Gewalt. Ausschließlich für diese Opfer ist das Frauenhaus mit seinen sechs Plätzen da. Sandra Gmeiner sagte, Gewalt gegen Frauen habe viele Formen, körperlich, psychisch, ökonomisch. Es beginne schon, wenn die Frau Angst vor den Folgen einer sexuellen Verweigerung habe und deswegen dem Mann nachgebe. Jede vierte Frau sei von Gewalt betroffen.

Nicoline Pfeiffer erklärte, das Gewaltschutzgesetz habe einen Meilenstein gesetzt; es gelte der Grundsatz "wer schlägt, geht". Doch im Umgangsrecht werde eine Gewaltbeziehung nicht berücksichtigt, so dass es für Frauen schwierig sei, sich wirklich aus einer solchen Beziehung zu lösen. Pfeiffer sprach außerdem von den immer schlechter werdenden Rahmenbedingungen: Wohnungsnot, Mangel an Kinderbetreuung, Niedriglöhne, aber auch die erstarkenden rechten Ideologien. Pfeiffer zeigte sich erfreut über die Gelegenheit, die Felicitas Wolf mit ihrer Veranstaltung bot: "Wir hoffen, dass wieder Netzwerke gebildet werden", sagte sie.

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