Ernährung:In dieser Bauernküche wird Ayurveda zu Bayurveda

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Die Wurzeln des Wachhofs in Irschenhausen lassen sich bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen - heute gibt es dort indische Heilkunst und Küche. (Foto: Hartmut Pöstges)

Kreuzkümmel und Koriander mit Meerrettich und Topfen: Johanna Wach-Schwartz kombiniert die indische Heilkunst mit regionalen Zutaten.

Von Christa Gebhardt, Icking

Alles beginnt mit Ghee: Die in Indien und Pakistan gebräuchliche geklärte Butter schmilzt und dünstet Kräuter und Gewürze wie Curryblätter und Kurkuma, Schwarz- und Kreuzkümmel. Ein Duft von Fernost steigt in die Luft. Doch die Ayurveda-Küche liegt nicht in Indien: Die Gerüche wabern aus schweren Gusspfannen auf in der Bauernküche eines bayerischen Hofs mit jahrhundertealter Tradition. Und so sind die weiteren Zutaten regional und bio - Rote Bete etwa oder Paprika.

Johanna Wach-Schwartz hat Ayurveda auf den Wachhof in Irschenhausen gebracht, dessen Wurzeln sich bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen lassen und der 1902 in seiner heutigen Form gebaut wurde. Was einst als Anleitung zur gesunden Ernährung eines kranken Kindes begann, ist heute eine Praxis für die indische Heilkunst, die viele hierzulande eher als Wellness betrachten. Wach-Schwartz ist gelernte Masseurin und Ayurveda-Therapeutin. Ihre Kunden haben Gelenkprobleme oder chronische Schmerzen, manche wollen einfach nur entspannen bei einer Körperbehandlung mit Ölmassage. Sie hält Vorträge - und Kochkurse gibt sie auch gelegentlich, mehr zum eigenen Vergnügen. Heute schnippelt sie zusammen mit ihrer Mutter Irmgard.

Und so wird Ayurveda in der Bauernküche ein ganz klein wenig zu Bayurveda. "Ich will dieses wunderbare alte Heilwissen nicht dogmatisch umsetzen, sondern in unser Leben hier vor Ort einbringen, Gefühle auch dafür entwickeln, wie wirkt ein Nahrungsmittel auf mich, was tut mir gut, was nicht", sagt die Mittvierzigerin und Mutter von drei Kindern.

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Die Rote Bete ist gar, aufgekocht mit Kreuzkümmel und Koriandersamen. Zusätzliche Würze bekommt sie mit einer Sauce aus frisch geriebenem Meerrettich und bayerischem Topfen. "Unsere heimischen regionalen Produkte kann man sehr gut integrieren, man muss nicht mit all diesen exotischen Lebensmitteln kochen, die bei uns schwer zu bekommen sind", sagt Wach-Schwartz.

Das würzige Chicorée-Paprika-Gericht wird mit Kokosmilch gelöscht. "Mit seinen Bitterstoffen ist es für die Ayurveda-Typen Pitta und Kapha gleich gut geeignet", sagt Wach-Schwartz. Dem feurigen Pitta-Menschen soll es die überschießende Energie eher herunter regeln - nicht zu fett oder sauer solle das Essen darum sein. Der ruhige Typ Kapha dagegen brauche Reize, also gut gewürztes Essen. Und dann soll es noch den zarten, luftigen und vor Ideen sprühenden Vata geben, bei dem warme, mild gewürzte Speisen die Sensibilität und Irritationen ausgleichen sollen. Zu dem Pfannengericht gibt es heute ein Pesto mit Dill und Petersilie, die Mutter Irmgard Wach in den Mixer füllt.

Unorthodoxe Ideen hatte auch schon der Vater

Aus der Heimat schöpfen: Das war das Credo des Vaters, das sich auf die ganze Familie übertragen hat. Hans Wach starb 2012 im Alter von 86 Jahren - ein Bild auf der Fensterbank erinnert an ihn. Der Wachbauer war ein passionierter Landwirt und gleichzeitig Künstler, ein feinsinniger Mann. Einen unverkennbaren Stil habe er nie gehabt, sagt die Witwe Irmgard Wach, er habe seine Ideen umgesetzt - und die seien eben vielfältig und unorthodox gewesen. "Er hat Zeichen hinterlassen."

Die überlebensgroßen Schrottplastiken - etwa der meterhohe Engel vor dem Haus - haben ihn weit über die Grenzen des Isartals bekannt gemacht. Sie gleichen Wesen, die das Haus bewachen können, rostend, aber unverwüstlich. Sie ähneln den beweglichen maschinellen Skulpturen des Schweizer Bildhauers Jean Tinguely, der ein Vorbild für den Wachbauer war, aber eben nur eines unter vielen. Darum ist der Wachhof seit seinem Bestehen ein offenes Haus gewesen. Es kam nicht selten vor, dass Fremde auf dem Gelände herumliefen und die Figuren bestaunten.

Die fantasievollen Schmiedekunstwerke geben Zeugnis seiner Arbeit, auch die großformatigen, farbenfrohen Bilder im Haus und an den Außenwänden von Scheunen und Ställen. Als Motive dienten Hans Wach das realistische Portrait seiner Lieblingskuh ebenso wie Himmelsstimmungen, die er abstrakt ausdrückte.

Verbindung von Natürlichkeit und Spiritualität

"Ich weiß noch gut, als der Papa den riesigen Findling aus dem Wald geholt hat", erinnert sich die Tochter Johanna Wach-Schwartz und schneidet dabei die Birnen für die Nachspeise in große Schnitze, "er hat das Wessobrunner Gebet eingravieren lassen, weil ihm das so gefiel". Der frühchristliche Text aus dem 9. Jahrhundert verbindet die heidnische Verehrung der Natur mit dem missionierten Glauben an einen göttlichen Schöpfer. So sah ihr Vater wohl seine kraftvolle bäuerliche Welt mit ihren natürlichen Kreisläufen wie auch als spirituelle Quelle des geistig Kreativen.

Es gäbe noch viel zu erzählen über den Wachhof, seine Bewohner und ihre Liebe zur Natur und deren Gaben - darüber, was sich verändert hat und was geblieben ist wie die Schrottskulpturen. Aber jetzt wird gegessen. Noch ein paar blaue Kornblumenblüten und herzrote Granatapfelkerne gestreut auf den safrangelben Basmatireis mit Mandeln. Gesamteindruck? Allumfassend köstlich!

Zum Thema "Ayurveda - Balance der drei Bioenergien" hält Johanna Wach-Schwartz einen Vortrag am Dienstag, 21. Februar, 19.30 Uhr, in der Buchhandlung Isartal in Ebenhausen

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Bayerisch-indischer Mix: Chicorée Gemüse mit Paprika und Schwarzkümmel.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Johanna Wach-Schwartz (l.) und Mutter Irmgard bereiten ayurvedische Gerichte zu: Aus Ayurveda wird Bayurveda.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Aus der Heimat schöpfen - so lautete auch das Motto von Vater Hans Wach. An ihn erinnert ein Foto auf der Fensterbank.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Im Garten erinnern die großen Schrottplastiken an Vater Hans, der Landwirt und Künstler war.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Orientalische Rezepte treffen auf hiesige Zutaten, zum Beispiel beim Petersilie-Dill-Chutney.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Eher durch und durch orientalisch dagegen: Zitronenreis mit Pinienkernen und Granatapfel.

© SZ vom 20.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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