Traditionell stellt der Verein Erinnerungsort Badehaus im Januar sein Jahresprogramm vor. Mit rund einem Dutzend Veranstaltungen ist 2024 wieder viel geboten. Auch sonst können sich die Zahlen des Vereins sehen lassen. Mit mehr als 4000 Besuchern sei 2023 das beste Jahr des Museums gewesen, freuten sich die Vorsitzenden Sybille Krafft und Jonathan Coenen. Seit der Eröffnung vor vier Jahren hätten 16 000 Menschen die Ausstellung besucht. Für seine Arbeit erhielt der Verein mit seinen mittlerweile 600 Mitgliedern, die insgesamt 55 000 Ehrenamtsstunden geleistet haben, bereits neun Preise. Doch die Finanzierung sei nach wie vor das Problem, so Jonathan Coenen. Spenden und Beiträge allein reichten nicht aus, um den Erinnerungsort auf Dauer zu sichern. Bislang sei der Kampf um institutionelle Fördermittel vergeblich gewesen, bedauerte Coenen. "Es ist nichts in Sicht. Wie es weitergeht, ist noch offen."
Auch deshalb sucht der Verein Paten, die jungen Leuten, die neben Studium oder Ausbildung ehrenamtlich fürs Badehaus forschen, finanziell unter die Arme greifen. "Es handelt sich um eine Art Stipendium für drei oder sechs Monate, damit sie sich etwas dazuverdienen können", erläuterte Krafft die Idee.
"Wilde Mixtur aus Krimi-Lesung und Musical"
Das Jahresprogramm wird mit einer Premiere eröffnet: die laut Ankündigung "wilde Mixtur aus Krimi-Lesung und Musical" aus der Feder des Autors und Tölzer Amtstierarztes Georg Unterholzner mit dem Titel "Der Schnitter". Vieles aus der Geschichte, in der es um Schuldfragen ehemaliger Wehrmachtssoldaten geht, spielt in Wolfratshausen (20. Januar). "Jugend erinnert" heißt es am 25. Februar, wenn sowohl ein Team des Badehauses als auch Schüler zweier Seminare des Rainer-Maria-Rilke-Gymnasiums Icking ihre Ergebnisse von Zeitzeugengesprächen mit Holocaust-Überlebenden und Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg vorstellen.
Die Münchner Ärztin Eva Umlauf zählt zu den jüngsten Überlebenden von Auschwitz. Als Zweijährige war sie ins KZ verschleppt worden. Erst vor zehn Jahren, nach einem Herzinfarkt, begann sie ihre Geschichte zu veröffentlichen. Am 21. April kommt die "Gefühlserbin", wie sich die Zeitzeugin Eva Umlauf selbst nennt, ins Badehaus, um die psychologischen Aspekte des Erinnerns zu erklären.
Ein eher unbekanntes Kapitel jüdischer Nachkriegsgeschichte ist die von Juden, die dem Naziterror durch eine Flucht nach Shanghai entkommen konnten. 300 von ihnen kehrten nach dem Krieg nach Deutschland zurück - ins DP-Lager Föhrenwald. Ihre Geschichte stellt der amerikanische Gastprofessor Kevin Ostoyich in einem Vortrag vor (8. Juni).
Auf die Spuren Tausender jüdischer Holocaust-Überlebender, die 1947 zu Fuß die Alpen nach Genua zur Einschiffung nach Palästina überquerten, begibt sich die Gedenkwanderung "Der vergessene Marsch" in einer Zusammenarbeit mit dem Erinnerungsverein Alpine Peace Crossing. Es geht von Krimml in Österreich nach Kasern in Südtirol, die Teilnehmer können zwischen leichten und schwierigeren Bergtouren wählen (29./30. Juni, Anmeldung unter www.alpinepeacecrossing.org).
Nach den Sommerferien setzt ein Abend unter dem Titel "Ukrainische Verbindungen" mit Kurzvorträgen und Zeitzeugengesprächen einen Höhepunkt. Es werden Kurzbiografien verschleppter Ukrainer und Ukrainerinnen vorgestellt, die als Zwangsarbeiter in den Munitionsfabriken im Wolfratshauser Forst schuften mussten, als KZ-Häftlinge den Todesmarsch überlebten, als jüdische Displaced Persons im Lager Föhrenwald Zuflucht suchten oder - ganz aktuell - als Kriegsflüchtlinge im Landkreis Aufnahme fanden (22. September).
Zu einer dreistündigen Bunkertour geht es am 17. November. Justine Bittner und Martin Bruckner führen die Teilnehmenden zu den gesprengten Überresten der Rüstungswerke im heutigen Geretsried und berichten vom Schicksal der Zwangsarbeitskräfte, die vor allem aus Osteuropa hierher verschleppt wurden.
Außerdem stehen wieder zwei künstlerische Interventionen auf dem Programm, die den Zugang zur Geschichte mal von einer anderen Seite her ermöglichen: die "Verstrickungen" der mit Gespinsten arbeitenden Penzbergerin Susanne Hanus (5. Mai) und der "Transit" des Geretsrieders Matthias Wohlgenannt (8. Dezember).
Hinzu kommen zwei Sonderausstellungen: Die Wanderausstellung "Wir lebten in einer Oase des Friedens ..." über die ehemalige jüdische Mädchenschule in Wolfratshausen macht nach einer langen Tour durch Deutschland ihre 50. Station in Waldram und ist dort von 8. März an für ein halbes Jahr zu sehen. Den Widerstandsaktionen deutscher und europäischer junger Menschen in der Nazi-Zeit ist die neue Wanderausstellung "Resistance through their eyes" gewidmet, eine Zusammenarbeit unter anderem mit der Weißen-Rose-Stiftung (Vernissage am 13. Oktober).
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