FOS/BOS in Bad Tölz:Eine Schule ohne Rassismus

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"Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage": Diesen Titel vergab das gleichnamige bundesweite Netzwerk an die FOS/BOS in Bad Tölz. Die Urkunde überreichte Netzwerk-Vertreter Tobias Wolf (rechts). (Foto: Manfred Neubauer)

Die Tölzer Fachoberschule und Berufsoberschule erhält den Titel vom gleichnamigen bundesweiten Netzwerk für ihr Projekt gegen jede Form von Ausgrenzung.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Das Plakat ist regenbogenfarben. Darauf steht handgeschrieben: "Rosen sind rot, Veilchen sind blau, Rassismus ist blöd, Offenheit schlau." Hinter und neben dem kleinen Transparent haben sich Schülerinnen und Schüler der FOS/BOS in Bad Tölz aneinandergereiht, um die Gäste der Feierstunde zu begrüßen: Grüß Gott, Buenas Dias, Dobre Den, Merhaba .... So viele Sprachen, so viele Abstammungen. Schon seit einem Jahr gehört die Staatliche Fachoberschule und Berufsoberschule dem bundesweiten Netzwerk "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" an. Ebendiesen Titel darf sie jetzt auch offiziell tragen. Dies sei kein Preis, keine Auszeichnung, sagte der Vertreter des Netzwerks, Tobias Wolf, bei der Verleihung am Dienstag. "Das ist eher ein lebendiges Bekenntnis, vor allem eine aktive Verpflichtung." Gegen Rassismus, gegen Sexismus, gegen jede Form von Ausgrenzung.

Die FOS/BOS ist damit eine von gut 4000 Schulen in Deutschland, die dieses Prädikat bekommen haben. Allerdings gebe es darunter nur wenige Fach- und Berufsoberschulen, sagte Andreas Stefan, Schulleiter der Tölzer BOS. Gerade im Kontext mit den großen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus, die dieser Tage bundesweit stattfinden, setzten Schüler, Lehrkräfte und Eltern der FOS/BOS ein Zeichen gegen Rassismus und Ausgrenzung. Der Titel sei umso erfreulicher, als "wir hier schon seit vielen Jahren den Grundgedanken der Inklusion und des Nicht-Ausgrenzens leben".

Die beiden Schülerinnen Chiara Ireta-Poth und Jennifer Merl initiierten das Projekt zusammen mit Lehrerin Albulena Imeri (von links) (Foto: Manfred Neubauer)

Die Initiative dazu ging von den Schülerinnen und Schülern aus, die das Projekt zusammen mit der Verbindungslehrerin Albulena Imeri vorangetrieben haben. Die jungen Leute der FOS/BOS verpflichteten sich dabei selbst, drei Punkte zu erfüllen: sich für nachhaltige Projekte, Aktionen und Veranstaltungen gegen Diskriminierungen, vor allem Rassismus, einzusetzen; sich aktiv gegen Gewalt, diskriminierende Äußerungen oder Handlungen zu wenden; selbst Projekte gegen alle Formen von Diskriminierung umzusetzen. "Alle haben das Recht, so zu sein, wie sie sind", sagte Jennifer Merl, eine der beiden Schülersprecherinnen für die Initiative "Schule ohne Rassismus". Chiara Ireta-Poth betonte, dass es um Inklusion gehe, nicht allein um Rassismus. Zum Beispiel auch gegen Sexismus, wie die Schülersprecherin verdeutlichte.

Ein wenig enttäuscht war Lehrerin Imeri, dass die FOS/BOS den Titel erst nach einem Jahr im Netzwerk erhielt. Das hatte für sie aber auch Gutes: Inzwischen sei das Thema "so brisant und wichtig", sagte sie. Über die großen Demonstrationen gegen Rechtsextreme und gegen Remigration sei sie "unheimlich froh". Allerdings habe sie auch ein ungutes Gefühl. "Es bereitet mir wirklich Bauchschmerzen, wenn Leute aus meinem engsten Kreis sagen, dass sie darüber nachdenken, wieder in die Heimat zu ziehen", so Imeri.

"Entscheidend ist, dass man aktiv vorgeht und den Mund aufmacht", sagt BOS-Leiter Andreas Stefan

Als belastend bezeichnete sie auch Äußerungen, die im Alltag zu hören seien, wie etwa "Ich bin ja nicht gegen Ausländer, aber ...", oder auch: Man sei überrascht, dass Ahmed so gut Deutsch spreche. Für Schulleiter Stefan ist es "entscheidend, dass man aktiv vorgeht und den Mund aufmacht, wenn man etwas sieht, das einen rassistischen Gedanken im Hintergrund hat". Das gelte nicht nur für die Schule, sondern sei in der gesamten Gesellschaft wichtig.

Plakate gegen Rechtsextremismus und für Vielfalt stellte die Schülergruppe der FOS/BOS aus. (Foto: Manfred Neubauer)

Dies unterstrich Landrat Josef Niedermaier (FW). Wenn man Gedankengut, das kaum 100 Jahre entfernt sei, wieder in den Köpfen platziert finde, dann frage er sich, wo das herkomme. Seine Antwort: "Momentan sind wir in diesem Land an einem Scheideweg, wie es weitergehen soll." Es gebe wenig Perspektiven, und nicht alle fänden sich darin wieder. Auch sei es nicht mehr möglich, "alles mit Geld zuzuschütten wie vor 15 Jahren". Demokratie lebe zwar von der Vielfalt der Meinungen und der Diskussion darüber. Sie funktioniere aber nur dann, "wenn Entscheidungen, die getroffen worden sind, akzeptiert werden". Das Wichtigste sei, die Freiheit zu erhalten - auch wenn man dafür mal einen Schritt zurückgehen müsse.

Auf die sogenannten "Blasen" in den sozialen Medien verwies Ingo Mehner (CSU). Es sei wichtig, eine eigene Ansicht zu haben und zu artikulieren, sagte der Tölzer Bürgermeister. Ebenso unverzichtbar seien aber der Austausch und das gegenseitige Zuhören, das er beispielsweise in der Corona-Pandemie zwischen Geimpften und Ungeimpften vermisst habe. "Meinungsvielfalt ist wichtig." Mehner erklärte auch: "Man muss genau Grenzen setzen, wo Schluss ist und Extreme bekämpft werden müssen."

Der Eishockey-Profi Korbinian Holzer steht Pate für das Projekt. Das sei für ihn eine "Riesenehre", sagte er. (Foto: Manfred Neubauer)

Pate für das Schulprojekt ist der Eishockey-Profi Korbinian Holzer. Der Nationalspieler, der vom EC Bad Tölz aus seine internationale Karriere begann und nun bei Adler Mannheim unter Vertrag steht, berichtete aus seinem Sportlerleben, dass die Umkleidekabine eines Eishockeyteams ein "Safe Circle" sei: "Jeder, der hereinkommt, ist willkommen und hat die Chance, Teil einer ganz großen Sache zu sein." Dies gelte auch für eine Schule wie die FOS/BOS, in die er selbst einst ging. Jeder solle die gleichen Chancen haben, sagte Holzer. "Verschiedene Meinungen zu haben, ist gut. Verschiedenen Meinungen zuzuhören, ist noch besser." Und fast am besten ist es, wenn ein berühmtes Lied wie "Sag mir, wo die Blumen sind" von einer stimmkräftigen Schülerin in verschiedenen Sprachen interpretiert wird, wie unmittelbar vor der Titelvergabe.

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