Nachverdichtung statt Flächenfraß:Bad Tölz ermittelt Baulücken

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Den Grundsatz "Innenentwicklung vor Außenentwicklung" hat Bad Tölz beim neuen Baugebiet auf der Zwickerwiese, wo mehrere Dreispänner, Doppel- und Einfamilienhäuser entstehen, über Bord gekippt. Das sei jedoch eine Ausnahme, heißt es seitens der Stadt. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Stadt hat in einem Kataster rund 90 unbebaute Grundstücke, Brachen und Konversionsflächen zusammengefasst. Nun will sie in Gesprächen mit den Eigentümern klären, was auf diesen Arealen geschehen soll.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Flächensparen statt Flächenfraß: Dieser Grundsatz gilt schon seit einigen Jahren im bayerischen Landesentwicklungsplan (LEP). Wenn es um neue Areale für Wohnungen und Gewerbe geht, sollen die Kommunen erst einmal innerorts ihre Lücken schließen, ehe sie an den Ortsrändern oder darüber hinaus Bauland ausweisen. Bad Tölz hat nun ein Kataster erstellt, das solch leere Grundstücke, Brachen oder Konversionsflächen zusammenfasst. Um die 90 davon gibt es in der Innenstadt. "Das sind unbebaute Flächen, wo man objektiv reinbauen kann", sagte Bauamtsleiter Christian Fürstberger am Dienstagabend im Bau- und Stadtentwicklungsausschuss des Stadtrats. Mit den Eigentümern werde man nun Kontakt aufnehmen und nachfragen, ob es für die Baulücken einen besonderen Grund gibt und welche Probleme möglicherweise bestehen.

Die Stadt erstellt dieses Kataster nicht aus eigenem Gutdünken. Vielmehr sei in der jüngsten Änderung des LEP die Prüfungspflicht für die Kommunen weiter verschärft worden, erklärte Fürstberger. Vor allem deshalb, weil darin das Volksbegehren Artenvielfalt ("Retter die Bienen!") mit dem Imperativ zum Flächensparen seinen Niederschlag gefunden hat. Vorgesehen sei demnach eine "Inanspruchnahme von Flächen zur Siedlungs- und Verkehrszwecken von maximal 5 Hektar pro Tag", sagte der Bauamtschef. Das Ziel sei nicht wirklich neu, schon seit 2013 gelte im Baugesetzbuch den Grundsatz "Innenentwicklung vor Außenentwicklung".

Bad Tölz hat diese Devise beim neuen Baugebiet auf der Zwickerwiese, wo mehrere Dreispänner, Doppel- und Einfamilienhäuser entstehen, allerdings über Bord gekippt. Das sei jedoch eine Ausnahme, so Fürstberger. "Ansonsten sind wir immer im Innenbereich." Die Kurstadt habe im Übrigen nicht viele Flächen wie am Hintersberg - und deshalb auch "weniger Druck als andere Gemeinden". Von dem Kataster verspricht sich der Bauamtsleiter im Übrigen nicht, dass nun Baulücken in Tölz in großem Stil geschlossen werden. Es gehe eher darum, dass man mit den Eigentümern einfach mal in den Dialog trete. "Dieses Ziel ist auch das richtige, um eine Nachverdichtung zu bekommen", meinte Zweiter Bürgermeister Michael Lindmair (FWG), der die Sitzung des Bauausschusses leitete.

Josef Steigenberger (CSU) wollte wissen, ob dabei auch an eine Aufstockung von Gebäuden gedacht sei. Es komme darauf an, was das Baurecht hergebe, erwiderte Fürstberger. Allerdings: "Wir wollen jetzt nicht Hochhäuser errichten." Ein wenig in die Höhe zu bauen, ist für Richard Hoch (Grüne) jedoch durchaus vorstellbar, sofern dies "mit Augenmaß" geschehe. So könnten Dachgauben und Quergiebel öfters ermöglicht werden, meinte er. Vielleicht gebe es auch eine Möglichkeit, eine Mindestanzahl an Geschossflächen im Bebauungsplan festzuschreiben - anstatt einer Maximalzahl. Ein Vorschlag, der Fürstberg zum Lächeln brachte: "Das Thema haben wir selten, dass jemand sein Baurecht nicht voll ausnutzt." Und er lasse bei einem Neubau "lieber eine Wandhöhe zu, dass jemand vernünftig drin stehen kann, als eine Dachgaube".

Auch in der Tölzer Kohlstattstraße gibt es eine Baulücke. Nun soll geklärt werden, ob es Pläne des Eigners gibt, diese zu schließen - oder warum nicht. (Foto: Manfred Neubauer)

Das neue Kataster ist für Rene Mühlberger (CSU) auch eine Chance, den einen oder anderen Leerstand in der Innenstadt zu beseitigen. "Es geht um Objekte, wo man den Eindruck hat, das sei ein Langzeitversuch, wie man ein ungenutztes Gebäude erodiert." Der stete Tropfen, so Mühlberger, möge hier vielleicht nicht den Stein höhlen, "aber doch zu einem guten Ergebnis führen". Ob die Stadt durch das Kataster irgendeine Handhabe erhalte, dem Anliegen der Nachverdichtung Nachdruck zu verleihen oder die Eigentümer gar zu zwingen, fragte Michael Ernst (SPD). Das sei ein schwieriges Thema, antwortete Fürstberger. Das Baugesetzbuch gebe hier nichts an die Hand. Beim Modernisierungsgebot müsse eine Kommune ein besonderes öffentliches Interesse belegen können, bei der Frage von Enteignungen seien Gerichte hierzulande "sehr eigen". Anton Mayer (CSU) monierte, dass sich die Stadt mit ihren Satzungen für Stellplätze und Kinderspielplätze womöglich "ein Eigentor" bei der Nachverdichtung geschossen habe. Dies sah der Bauamtschef nicht so: "Bad Tölz ist immer noch dörflich-ländlich geprägt, um Spielplätze und Autos unterzubringen, haben wir noch Bereiche."

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