Der Winter hatte es lange gut gemeint mit den Handwerkern. Bei mildem Wetter gingen die Arbeiten am Kloster Benediktbeuern nach dem Hagesturm voran. Doch seit dem Schneechaos am ersten Dezember-Wochenende beginnen die Aufräumarbeiten von vorn. Gerüste sind eingestürzt unter der Last, Schutznetze und Planen abgerissen. Die Christmette wird in diesem Jahr nicht in der Basilika Sankt Benedikt gefeiert werden können. "Wir peilen Palmsonntag kommenden Jahres an. Dann sind wir glücklich", sagt Pater Bernhard Stiegler. Doch die Schäden nach der Hagelkatastrophe vom 26. August sind es nicht allein, die dem Pfarrer Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Die Statik des Gotteshauses muss dringend ertüchtigt werden.
Damals, Ende August, hatten sich Besucher des Klosters Benediktbeuern vor dem heranziehenden Unwetter in die Basilika geflüchtet, erzählt Salesianer-Pater Stiegler, der im Sommer die Pfarrei übernommen hat. Die Menschen hätten sich in die Seitenkapellen geflüchtet, als die Fensterscheiben auf der Westseite barsten. Doch auch dort waren sie nicht sicher. Denn das Glas zerbrach auch an den beiden Seiten im Hagelsturm. "Die Basilika war voller Splitter. Es ist ein Glück, dass niemand verletzt wurde."
Am schlimmsten traf es Dach und Fenster
Schäden gibt es an den Fassaden und Türmen. Am schlimmsten traf es das Dach. Dieses hatte bislang kein Unterdach. Das Wasser drang ungehindert in den Dachstuhl. "Es gibt Feuchtigkeitsschäden, aber bislang scheint das Kircheninnere mit Fresken, Stuck und Altären nicht betroffen zu sein", sagt Pater Stiegler. "Da sind wir wohl mit einem blauen Auge davongekommen." Experten wie die Restauratoren-Werkstatt Wiegerling würden den Zustand regelmäßig überprüfen.
Die Orgel auf der Empore an der Westseite muss repariert werden. Bis Weihnachten werden voraussichtlich die Fenster instand gesetzt sein. Diese Arbeiten führt die Firma Derix Glasstudios aus, die sich ihre Werkstatt im Kreuzgang eingerichtet hat. 16 Mitarbeitende seien im Kloster zugange, erzählt Renate Hikl, Projektleiterin für Restaurierung bei Derix. "Wir haben viel mit Künstlern und Sakralbauten zu tun. Das ist meistens sehr bunt." Doch im barocken Baustil seien die Fenster hell und transparent, damit die prachtvollen Innenräume zur Geltung kämen. "Das ist für uns eine andere Aufgabenstellung. Hier geht es mehr um Handwerk als um Kunst." Die Arbeiten an der Anastasia-Kapelle sollen 2024 folgen.
Große Risse durchziehen das Gewölbe
Wer seinen Blick im Inneren zur Decke richtet, kann große Risse entlang der Gewölbebögen erkennen. Sie rühren nicht vom Hagelsturm her. Die Gründe für die gravierenden Schäden seien in der Baugeschichte der Basilika zu finden, betont Pater Stiegler: Als der gotische Vorgängerbau zurückgebaut und eine neue barocke Westfront errichtet wurde, gab es Veränderungen am Dachstuhl. Die Balken und Streben hätten drei unterschiedliche Höhen mit unterschiedlichen Spannungen. Was zur Folge habe, dass die Westfassade mit dem Haupteingang bis jetzt 18 Zentimeter nach außen "gewandert" sei. Der übrige Bau rutsche sozusagen nach, erklärt Stiegler.
In den 1960er-Jahren gab es eine statische Ertüchtigung. "Allerdings nach Aussage der Experten nicht in guter Qualität." Würde nicht gehandelt, hätte dies gravierende Auswirkungen auf die Basilika, die 1686 geweiht wurde. Der Statiker, berichtet der Pfarrer weiter, habe davon abgeraten, die kaputten Dachziegel auf einmal zu entfernen. Denn wenn die Tonnen an Gewicht, die auf das Mauerwerk drücken, plötzlich fehlten, könnte niemand vorhersagen, wie sich das auf die Statik des Gotteshauses auswirke. "Daher müssen die Ziegel in Abschnitten ausgetauscht werden." Weil wegen der Hagelschäden schon Gerüste aufgebaut seien, könne man Synergien nutzen, meint Stiegler. "Man muss immer das Positive sehen."
Seit der Säkularisation 1803 gehört die Basilika nicht mehr zum Kloster Benediktbeuern, sondern zur Pfarrei Benediktbeuern-Bichl. Sie und die Diözese Augsburg müssen daher die Kosten tragen. Die Diözese hat für die Reparaturen und Sanierungen bis 2025 rund sechs Millionen Euro bereitgestellt. Dazu kommt noch der Eigenanteil der Kirchenstiftung. "Ich rechne mit einem Viertel der Gesamtkosten", so Pater Stiegler. Deshalb sei man auf Spenden dringend angewiesen, die an die Pfarrei gehen.
Besonders gerührt habe ihn die Geste einer 97-Jährigen: Anastasia Fichtner wurde in der Anastasia-Kapelle getauft. Als sie von der Hagelkatastrophe in der Zeitung las, wünschte sie sich statt Geschenken zum Geburtstag Geld für die Sanierung der Basilika. Zu seiner großen Überraschung habe sie ihm 1000 Euro im Briefumschlag überreicht, sagt Stiegler: "Das hat mich sehr gerührt."