Haushalt 2022:Ungeliebte Kreisumlage

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Die Gemeinden Gauting, Berg und Bernried erhalten aus Schlüsselzuweisungen mehr Geld vom Freistaat. (Foto: Jens Kalaene/dpa)

Fast 82 Millionen Euro führen die 21 Städte und Gemeinden in diesem Jahr an den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen ab. Geld, das so mancher Bürgermeister lieber in selbst auf der hohen Kante hätte.

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Die Kreisumlage ist ein Deuerreizthema. Für Landkreise ist sie jedoch längst zu einer festen, einkalkulierten Einnahmequelle geworden. An die 82 Millionen Euro zahlen die 21 Städte und Gemeinden in diesem Jahr an den Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Das sind 2,8 Millionen Euro mehr als 2021. Eine Menge Geld, das die Kommunen gerne selbst in der Kasse hätten. Vor allem die Städte Wolfratshausen und Geretsried sind klamm. Kreiskämmerer Ralf Zimmermann verteidigte trotzdem die Erhöhung der Kreisumlage. Schließlich erfülle der Landkreis jede Menge Pflichtaufgaben, sagte er im Kreistag. Ferner nehme man in diesem Jahr einen Kredit in Höhe von sechs Millionen Euro auf, um nicht die gesamte finanzielle Last auf die Schultern der Kommunen abzuladen.

Zur Deckung ihres Finanzbedarfs können Landkreise eine Umlage von den zu ihnen gehörigen Gemeinden erheben. Sie berechnet sich zum einen aus deren Steuerkraft und zum anderen aus den Schlüsselzuweisungen vom Freistaat Bayern. Aus dieser Umlagegrundlage berechnet sich der sogenannte Hebesatz, der in Bad Tölz-Wolfratshausen in diesem Jahr bei 49,7 Prozentpunkten liegt. Wie hoch die Kreisumlage ist, bestimmt der Kreistag. Die Städte und Gemeinden haben kein Mitspracherecht, wobei in dem Gremium viele Bürgermeister sitzen. Sind die Kommunen mit der Höhe der Kreisumlage nicht einverstanden, können sie vor Gericht ziehen. Doch bis solche Verfahren entschieden werden, gehen Jahre ins Land.

Bei der Festlegung, wie hoch die Kreisumlage ist, sollte der Landkreis nicht übers Ziel hinaus schießen. Es gibt Urteile, die ihn verpflichten, auf die Verhältnismäßigkeit zu achten. Eine Mindestausstattung der Städte und Gemeinden muss gegeben sein, sprich: die sogenannte finanzielle Leistungsfähigkeit muss gewährleistet sein. Doch sie festzustellen, ist gar nicht so einfach. Kreiskämmerer Zimmermann berichtete, dass man sich auf Zahlen aus dem Vorjahr stütze, wohlwissend, dass sie nicht die Finanzlage 2022 widerspiegeln. Berücksichtigt würden bei der Berechnung der Kreisumlage etwa der Schuldenstand, die Rücklagen wie auch die Zuführungsraten zum Vermögenshaushalt. Üblich ist, dass ein Teil der Einnahmen aus dem Verwaltungshaushalt, aus dem die laufenden Kosten bestritten werden, in den Vermögenshaushalt, über den Investitionen wie etwa Kindergärten laufen, verschoben werden. Das ist bei zwei Städten in diesem Jahr nicht der Fall. Um alle Ausgaben finanzieren zu können, gehen Wolfratshausen und Geretsried genau den umgekehrten Weg. Dennoch verfügten beide über einen "ausreichenden Finanzrahmen", betonte Zimmermann. Die Kreditaufnahmen der Städte lägen unter jener Summe, die sich der Landkreis 2022 borgt. Außerdem fließe ein Teil der Kreisumlage zurück in die Gemeinden, etwa für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).

Geretsrieds Bürgermeister Michael Müller sieht die finanzielle Leistungsfähigkeit seiner Stadt in Gefahr. (Foto: Hartmut Pöstges/SZ)

Ganz so mochte das Geretsrieds Bürgermeister Michael Müller (CSU) nicht sehen. Für seine Stadt sei eine "dauerhafte Leistungsfähigkeit" nicht gesichert, sagte er. Der ÖPNV sei eine freiwillige Aufgabe. Ihn schmerze es, wenn er leere Busse an seinem Rathaus vorbeifahren sehe. Für die Millionen, die dafür ausgegeben werden, könnte man in Geretsried Kindergärten und Schulen bauen, sagte Müller. Die Entscheidung, den ÖPNV auszubauen, sei großteils ideologisch gewesen. Ob die Wortmeldung ein Plädoyer dafür sei, dass der Landkreis bei der Finanzierung der S-Bahn-Verlängerung nicht mitmachen solle, konterte Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler). Experten erklärten, dass es drei Jahre dauere, bis in den Köpfen der Bürger neue Busverbindungen wie die Expresslinien angekommen sind. Den ÖPNV und den Neubau von Kindergärten gegeneinander auszuspielen, sei nicht sein "politisches Vorgehen", sagte Niedermaier.

Auch wenn geplant war, dass die Fraktionen auf Haushaltsreden verzichten sollten, um die Sitzung in Corona-Zeiten nicht unnötig in die Länge zu ziehen, ließ Martin Bachhuber (CSU) in Abwesenheit seinen Fraktionskollegen Werner Weindl eine "grundsätzliche Anmerkung" verlesen. Der Etat sei darauf ausgelegt, dass die Wirtschaft boome. Von Nachhaltigkeit sei keine Rede. Doch was passiere bei einer Rezession? "Dann zerreißt es unseren Haushalt", zitierte Weindl aus Bachhubers Schreiben. Der CSU-Sprecher schlug vor, dass sich die Fraktionen zu einem Workshop treffen, um über eine Konsolidierung zu sprechen. Niedermaier nahm den Vorschlag an. Für ihn sei dies die perfekte Möglichkeit zu erklären, welche Aufgaben der Landkreis stemmen müsse, sagte er.

Der Haushalt 2022 mit einem Gesamtvolumen von fast 178 Millionen Euro wurde gegen fünf Stimmen verabschiedet.

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