Bezirkstagswahl 2023:Einsatz für Oberbayern

Lesezeit: 5 min

Der Bezirkstag von Oberbayern hält seine Sitzungen im Bezirks-Gebäude in der Prinzregentenstraße ab. (Foto: Robert Haas)

Sechs Männer und zwei Frauen gehen fürs Direktmandat der Bezirkstagswahl im Stimmkreis 111 ins Rennen. Ein Überblick über die Kandidatinnen und Kandidaten.

Von Veronika Ellecosta, Bad Tölz-Wolfratshausen

Wenn in Bayern am 8. Oktober der neue Landtag gewählt wird, entscheidet sich an den Urnen landesweit auch die jeweilige Bezirkstagwahl. In allen sieben bayerischen Regierungsbezirken wird der jeweilige Bezirkstag neu besetzt. Bürgerinnen und Bürger können mit ihrer Zweitstimme eine Partei wählen, während sie ihre Erststimme einem Kandidaten oder einer Kandidatin aus dem eigenen Stimmkreis geben können. Wer im Stimmkreis die relative Mehrheit hat, zieht per Direktmandat in den Bezirkstag Oberbayern ein. Die SZ stellt die Direktkandidatinnen und -kandidaten im Stimmkreis Bad Tölz-Wolfratshausen/Garmisch-Partenkirchen (111) vor.

Thomas Schwarzenberger, CSU

Thomas Schwarzenberger (CSU), Bürgermeister der Gemeinde Krün, ist zum Präsidenten des Bezirkstags Oberbayern gewählt worden. (Foto: Matthias Köpf/oh)

Bereits für seine dritte Amtszeit als Bezirksrat bewirbt sich Thomas Schwarzenberger (CSU). Schon 2013 und 2018 erhielt er im Stimmkreis das Direktmandat. Seit 2002 ist der 53-Jährige zudem Bürgermeister der Karwendel-Gemeinde Krün und auch im Kreistag von Garmisch-Partenkirchen ist er vertreten. Der Sozialversicherungsfachangestellte setzt seine Schwerpunkte im Bereich Inklusion. "Wir möchten Rahmenbedingungen für Menschen mit Behinderung schaffen, sodass diese am Leben bestmöglich teilhaben können", sagt Schwarzenberger und betont dafür die Zusammenarbeit mit Sozialeinrichtungen. Ebenfalls drängt Schwarzenberger zufolge das Thema psychische Gesundheit. Großen Bedarf sieht er deshalb im Bau der psychiatrischen Tagesklinik für Erwachsene, Kinder und Jugendliche in Wolfratshausen.

Zuletzt geriet das Zentrum für Trachtengewand Benediktbeuern in den Fokus, das mit einem starken Unwetter im August erstmal unbenutzbar ist. Die Trachtenexponate wurden temporär evakuiert. "Wir müssen schauen, dass die Räumlichkeiten so bald als möglich wieder genutzt werden können", sagt Schwarzenberger.

Marius Schlosser, Grüne

Marius Schlosser wünscht sich eine lebendige Erinnerungskultur jenseits von Städten. (Foto: Janine Hague/oh)

Psychische Gesundheit ist auch für den Grünen-Kandidaten Marius Schlosser ein großes Anliegen. Der Geretsrieder studiert Politikwissenschaften an der LMU und arbeitet im Wahlkreisbüro von Karl Bär mit, ist Sprecher der Grünen Jugend im Landkreis und Mitglied im Kreisvorstand. Die Zahl der Menschen, die psychisch erkranken, steige seit Corona und mit den multiplen Krisen weiterhin an, sagt Schlosser. Besonders Kinder und Jugendliche seien betroffen. Als 27-Jähriger sei er nah dran an den Themen psychische Gesundheit und Jugend. Deshalb befürwortet Schlosser einen Ausbau von Klinikangeboten für Kinder und Jugendliche im ambulanten und stationären Bereich. Analog zum oberbayerischen Krisendienst, der für Erwachsene rund um die Uhr erreichbar ist, wolle er zudem ein Angebot für Jugendliche entwickeln.

Mit der Flugblattaffäre der Brüder Aiwanger beobachtet Schlosser auch, dass "Stimmen lauter werden, die die NS-Zeit relativieren". Hier wolle er dagegenhalten und Erinnerungskultur besonders im Jugendbereich stärken. "Wir wollen auch kleinere Initiativen im ländlichen Raum fördern", sagt Schlosser. Zum Gedenken gehöre es für Bezirkseinrichtungen auch, die eigene Geschichte zu reflektieren. "Bezirkskliniken haben auch eine düstere Vergangenheit. Da wollen wir genau hinschauen."

Harald Helfrich, SPD

"Dahoam is Dahoam" heißt die bayerische Daily-Soap über das Dorfleben im fiktiven Lansing. Harald Helfrich ist der Autor dahinter. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Er stehe für gleiche Bildungschancen für alle, sagt Harald Helfrich über seine politischen Schwerpunkte als SPD-Bezirkstagskandidat. Dafür müsse man aber auch die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. So sei Garmisch-Partenkirchen, wo er seit 2014 Kreisrat und seit 2021 Vorsitzender der SPD-Fraktion im Kreistag ist, auf seine Initiative hin Ausbildungsstandort für Kinderpfleger und Erzieher geworden. Der 57-Jährige leitet die Offene Ganztagsschule Sankt Irmengard in Garmisch-Partenkirchen. Zudem schreibt er als Autor Drehbücher für den Bayerischen Rundfunk und ist als Regisseur und Schauspieler tätig, unter anderem für den Garmischer Kultursommer.

Als klassisches sozialdemokratisches Thema setzt Helfrich auch auf bezahlbares Wohnen. "Dies geht nur, wenn die Kommunen sich verpflichten, mindestens die Hälfte neu ausgewiesener Wohngebiete dem kommunalen und sozialen Wohnungsbau zu widmen."

Konrad Specker, Freie Wähler

Konrad Specker (FW) aus Bad Heilbrunn ist der Gewinner der Bezirkstagswahl: Er kommt auf 22,9 Prozent der Stimmen, rund sieben mehr als vor fünf Jahren. (Foto: Bahnmüller/oh)

"Ich bin kein Parteipolitiker", sagt Konrad Specker über sich. "Ich bin kein Verfechter, wegen parteilicher Entscheidungen Dinge so und so zu machen, sondern setze den Mensch in den Mittelpunkt." Der Vorsitzende der Freien Wähler und in Bad Heilbrunn und erste Vorsitzende im Kreisverband sitzt seit 2002 im Gemeinderat, seit 2008 im Bezirksrat und seit 2014 im Kreisrat.

Seinen politischen Schwerpunkt lege er auf Menschen, die Hilfe benötigen und den sozialen Bereich - insbesondere auf die Unterstützung von Menschen mit Behinderung, so der 51-Jährige, der in Bad Heilbrunn die Bäckerei "Bäckerspeck" betreibt. "Im Bezirkstag sehe ich mich als Sprachrohr für die Menschen und als Bindeglied zwischen Bürger und staatlichen Institutionen." Im Bereich der Kultur lege er Wert auf Pflege von Traditionen, wie sie etwa im Freilichtmuseum Glentleiten, im Holzknechtmuseum in Ruhpolding und in Holzschnitzschulen betrieben werde.

Patrick Eiselt, FDP

Patrick Eiselt ist als Kind von Berlin nach Saulgrub gezogen. Die bayerische Kultur habe er mittlerweile schätzen gelernt, sagt er. (Foto: Simon Roloff/oh)

Patrick Eiselt aus Saulgrub tritt zum ersten Mal für die FDP im Bezirkstag an. Der gelernte Industriekaufmann absolviert derzeit seinen Freiwilligendienst bei der Bundeswehr in der Kaserne Mittenwald. Seit zwei Jahren ist er Mitglied in der FDP. Ein Herzensanliegen ist dem 23-Jährigen das Thema psychische Gesundheit, besonders bei Kindern und Jugendlichen. "Ich habe selbst erlebt, dass ehemalige Klassenkameraden vor allem während Corona erkrankt sind und keine Hilfe bekommen haben", sagt er. Es gebe keine direkten Anlaufstellen für Jugendliche.

Als junger Mensch könne er die Stimme für andere Junge sein und die Hilfsangebote verbessern, glaubt Eiselt. Zudem engagiere er sich seit fünf Jahren beim Roten Kreuz und bemerke, dass es für das Ehrenamt zu viele Hürden gebe und deshalb das Engagement zurückgehe: "Vielen haben Angst, dass sie was falsch machen und scheuen zurück", ist sein Fazit. Das betreffe auch die Freiwilligenarbeit im Kulturbereich, besonders seit Corona. Er fordert deshalb, das Ehrenamt zu vereinfachen und zu reformieren.

Rudolf Kühn, ÖDP

Das Bewahren bäuerlicher Traditionen ist Rudolf Kühn, selbst Milchbauer, wichtig. (Foto: Privat/oh)

Schon seit ihrer Gründung 1982 sympathisiert Rudolf Kühn mit der Ökologisch-Demokratischen Partei, beigetreten ist er schließlich in den Neunzigerjahren. Der Biobauer aus Garmisch-Partenkirchen sitzt aktuell für die ÖDP im Kreistag von Garmisch und war 36 Jahre lang Gemeinderat in seinem Heimatort Riegsee, wo er zwischen 2014 und 2020 auch Bürgermeister war. Die Tätigkeit als Bezirksrat betrachtet Kühn als direkte Fortsetzung seiner kommunalpolitischen Aktivitäten. Im sozialen Bereich befürwortet er eine Dezentralisierung der Psychiatrie, damit Betroffene im ländlichen Raum nicht stigmatisiert werden, wie er sagt.

Kühn ist Mitglied im Klinikumsausschuss im Landkreis, deshalb sei er auch an dieser Thematik nah dran, "mir sind diese Probleme sehr bewusst". Ein weiteres Anliegen ist es Kühne, bäuerliche Kultur und Traditionen zu fördern. Als Positivbeispiel nennt er hierfür das Freilichtmuseum Glentleiten.

Elisabeth Osiander, Linke

Mehr Gesundheitseinrichtungen in Bezirkshand fordert Elisabeth Osiander. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Holzerkirchnerin Elisabeth Osiander (Linke) tritt zum ersten Mal als Kandidatin für den Bezirktstag an. Die 34-Jährige begann aber bereits 2012, sich im Jugendverband der Partei zu engagieren. Als Altenpflegerin kenne sie die Probleme in der Pflege. Deshalb setze sie in ihrem Wahlkampf einen Schwerpunkt auf dieses Thema. Der Pflegenotstand belaste Angehörige, Pflegekräfte und Bedürftige, sagt Osiander. In diesem Dreiklang wolle sie den Notstand betrachten. "Wir müssen das Gesundheitssystem von der Gewinnmaximierungsspirale entkoppeln und Gemeinwohl in den Mittelpunkt stellen", fordert sie. Für den Regierungsbezirk bedeute das, mehr Krankenhäuser und Einrichtungen in die Hände von Kommunen, der Wohlfahrt oder des Bezirks zu geben. Denselben Weg schlägt Osiander für günstigen Wohnraum vor: "Es braucht mehr kommunalen Wohnbau. Private schaffen nur hochpreisige Wohnungen."

Im Bereich Kultur möchte Elisabeth Osiander besonders kostenfreie oder günstige Kulturangebote für Jugendliche fördern. Bei ihren Wahlkampfgesprächen habe sie immer wieder gehört, dass im Bezirk derartige Angebote für junge Menschen fehlten.

Sabine Weishäutel, AfD

Die AfD stellte Sabine Weishäutel als Kandidatin für den Bezirkstag auf. Die 57-jährige, die ihr Bild nicht veröffentlichen will, wohnt im Wahlkreis und sei seit über 30 Jahren berufstätig. Nähere Angaben möchte sie nicht geben - "aufgrund der vielen Überfälle auf meine Kollegen", wie sie sagt. Der AfD ist Weishäutel 2021 beigetreten, seit 2022 ist sie als Schriftführerin in ihrem Kreisvorstand tätig. Ihr politischer Fokus liege auf der Integration von Menschen mit Behinderung und der Sicherstellung, "dass diesen Menschen jede für sie vorgesehene Hilfe auch zu Gute kommt", erklärt sie. "Dass dem leider nicht so ist", habe sie wiederholt im Gespräch mit Betroffenen erfahren.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Landtagswahl in Bad Tölz-Wolfratshausen
:Schluss mit unlustig

Florian Merkl aus Waakirchen kandidiert für die Satire-Partei "Die Partei" und spart sich dabei jegliche Form von Wahlkampf.

Von Felicitas Amler

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: